ALBUM-REVIEW: Grey Daze – Amends

Knapp drei Jahre ist es her, dass Chester Bennington von uns gegangen ist. Jetzt können wir noch einmal seine starke Stimme hören – auf einem Album seiner alten Band Grey Daze.

Grey Daze

Von 1993 bis 1998, also vor seinem großen Erfolg mit Linkin Park, war Bennington Frontmann von Grey Daze. Für September 2017 war eine Reunion geplant, zu der es durch seinen Suizid allerdings nicht mehr kam. Die Band schnappte sich alte Gesangsaufnahmen, spielte neue Musik ein und veröffentlicht sie nun unter dem Titel „Amends.“

Zu Bandbeginn war der Sänger nicht einmal volljährig. Und doch hört man auch dem 17-jährigen Chester Bennington schon an, warum er später zum großen Star werden sollte. Der glockenklare Gesang in den Strophen und das schmerzhafte Schreien in den Refrains wechseln sich so ab, wie man es von ihm kennt. Das musikalisch Fundament, das seine Kollegen nachträglich gelegt haben, passt ebenfalls perfekt.

Der große Durchbruch blieb Grey Daze in den Neunzigern versagt, es reichte immerhin zu Auftritten vor einer niedrigen vierstelligen Zahl an Zuschauern. Drummer und Gründungsmitglied Sean Dowdell und Bennington blieben auch nach dem Ende der Band in Kontakt und hatten schließlich auch die Idee, das Projekt wiederzubeleben.

Dass dies nun anders ausgefallen ist, als ursprünglich geplant, wirkt sich natürlich deutlich auf „Amends“ aus. Die elf Tracks lassen einen durch und durch nostalgisch zurück, weil besonders die Stimme des junge Chester fesselt. „I’m a whore and I’m feeling sorry for myself“, heißt es direkt im Opener „Sickness“ – eine verzweifelte und damit sehr typische Zeile des Songwriters.

Tracks wie „Sometimes“ sind noch keine großen Hits, das Potenzial hört man ihnen aber deutlich an. Zu diesem Song hat Sean eine ganz besondere Geschichte zu erzählen: „Ich werde nie vergessen, wie dieser Song entstanden ist: Wir schrieben damals gerade im Studio, und er war spät dran. Als er dann schließlich kam, ging er sofort ans Mikrofon und brüllte diesen Refrain da hinein“, erzählt er in Erinnerung an seinen Freund. „Der Text spiegelte genau das wider, was in seinem Leben gerade vor sich ging: Er hatte die Schule hingeschmissen, sich von seiner Freundin getrennt, wohnte danach bei mir. Diese ganzen Spannungen, die Ängste und Schmerzen kann man da raushören. Und sie ziehen sich wie rote Fäden durch die Tracks.“

„Just Like Heroin“ entfaltet ebenfalls eine unglaubliche Wucht, beim Kernstück „Morei Sky“ ist die Verzweiflung greifbar. Der ungewöhnliche Schlusstrack „Shouting Out“ ist sehr zurückgenommen und tut noch mal extra weh, wenn man bedenkt, dass eine der besten Rockstimmen nun für immer verstummt ist.

Auch wenn es natürlich teure Special Editions und Co. gibt, kann man Grey Daze dankbar sein, dass sie sich dem Vermächtnis von Chester Bennington angenommen und „Amends“ fertiggestellt und veröffentlicht haben. Möge er in Frieden ruhen.

 

Albuminfos Grey Daze – Amends

Grey Daze - AmendsKünstler: Grey Daze
Albumname: Amends
VÖ: 26.06.2020
Label: UMI / Concord Records
facebook.com/realgreydaze

 

Fotos: Anjella/Sakiphotography und Promo

 

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