INTERVIEW: Tim Kamrad

Tim Kamrad ist gerade viel unterwegs: Er macht Promo für seine Debüt-EP „Changes“ und spielt Konzerte in ganz Deutschland. Wir haben den 19-Jährigen in Berlin zum Interview getroffen. Mit bleistiftrocker.de sprach er unter anderem über seine Ziele mit der Musik, seine Vorbilder, seine Konzerte als Support-Act und seine Zukunftspläne.

Tim Kamrad

Hier gibt es das Video zum Interview mit Tim Kamrad.

bleistiftrocker.de: Wie hast du den Tag deiner EP-Veröffentlichung verbracht?

Tim Kamrad: Ich bin erst mal mit einer sehr schönen Nachricht wachgeworden: Wir sind auf Platz 55 der i-tunes-Charts eingestiegen und sogar auf Platz eins der Folk- und Singer/Songwriter-Charts. Damit waren wir auch vor Ed Sheeran. Danach ging es zu zwei Radioterminen.

Welche Ziele hattest du mit deiner EP „Changes“?

Ich habe da gar nicht drüber nachgedacht. Ich bin sowieso nicht der Mensch, der sich sagt: Die Nummer eins ist mein Ziel. Ich will natürlich irgendwann Erfolg damit haben, aber ich beziffere das jetzt nicht unbedingt. Ich glaube, dass man so den Fokus verliert. Es geht nicht um Zahlen, es geht um die Musik und darum, sich selbst so zu präsentieren, wie man dann auch zufrieden damit sein kann. Dadurch, dass wir den Auftritt im Morgenmagazin hatten, kam das dann doch ganz gut an und das ist natürlich eine schöne Überraschung.

Wie war denn dein allererster Fernsehauftritt für dich?

Es war auf jeden Fall cool zu sehen, wie das so alles ist. Ich war halt ziemlich müde, weil man sehr früh aufstehen muss. Aber die Leute waren supernett, haben mich super aufgenommen und mir dadurch auch ein bisschen die Nervosität genommen. Man hat sich schon vorher viel unterhalten und war dann nachher auf der Couch beim Interview gar nicht unter Druck wie im Fernseh-Interview, sondern wie in einem normalen, schönen Gespräch.

Wie bist du zur Musik gekommen?

Ich bin durch meinen Vater zur Musik gekommen, weil der schon immer viel Musik gemacht und auch viel Gitarre gespielt hat, als ich dabei war. Dadurch wollte ich schon immer die nächste Gitarre greifen. Das war schon ganz früh so, als ich noch nicht mal richtig laufen oder sprechen konnte. Aber ich habe mich immer schon viel zu Musik bewegt. Dann habe ich mit 5 Jahren bewusst angefangen Gitarre zu spielen. Und immer schon die Beatles nachgeträllert.

Sind die Beatles auch heute noch deine musikalischen Vorbilder?

Absolut. Sie sind immer noch ganz oben bei mir. Gerade wenn man sich moderne Musik anhört und guckt, wie sich das entwickelt hat und was die Beatles damals schon alles gemacht haben, ist es für mich immer noch verblüffend. Und auch die Lieder an sich, diese Sammlung an verschiedenen Genres, die eine Band so gut gemacht hat, gibt es kein zweites Mal. Bei aktuellen Sachen sind es gerade Ed Sheeran oder James Bay, die englische Musikszene, die ich ziemlich cool finde.

War es denn für dich eine bewusste Entscheidung, selbst auf Englisch zu singen?

Ja. Es war für mich von vorherein klar: Ich bin mit englischer Musik groß geworden und will auch Englisch singen. Das liegt daran, dass ich mich sehr nackt fühlen würde, wenn ich auf Deutsch singen würde. Auf Englisch kann ich mich sehr klar und sehr deutlich ausdrücken. Auf Deutsch sind ja immer sehr viele Bilder in der Sprache, weil man nicht genau so singen will wie man redet, sondern man will es noch verschnörkeln. Das wäre für mich ein bisschen Vom-Ziel-Abkommen. Deshalb finde ich Englisch auch ganz schön. Der andere Punkt ist natürlich die Internationalität. Ich höre sehr viel internationale Musik und messe mich auch musikalisch selber damit.

Es stört dich also auch nicht, dass gerade vermehrt deutsche Songs im Radio gespielt werden?

Es ist natürlich eine Sache, die man mitbekommt und die man auch oft hört. ‚Warum machst du die Musik nicht auf Deutsch? Gerade jetzt ist das total angesagt.‘ Aber Deutsch war auch nicht immer angesagt. Vor zehn Jahren hätte man gesagt: ‚Sing bloß nicht Deutsch. Gut, dass du Englisch singst.‘ Es ist auch mal ganz gut, eine Gegenbewegung zu irgendwas zu sein.

Du hast dich sehr früh für die Musik entschieden. Gab es einen Plan B, falls das nicht geklappt hätte?

Für mich war immer klar, dass ich Musiker werden will. Der Punkt, an dem wir angefangen haben, das ernsthaft zu machen, kam eigentlich durch ein Weihnachtsgeschenk. Meine Eltern haben mir einen Studiobesuch geschenkt. Das war aber voll kacke. Es war ein schlechtes Studio und ein schlechtes Ergebnis. Aber dann haben wir gesagt, dass wir es mal ernsthaft angehen sollten. Ich studiere jetzt nebenbei noch Wirtschaftswissenschaften. Für mich ist auf jeden Fall der Plan, was mit der Musik zu machen. Am liebsten natürlich mit meiner eigenen Musik und es sieht auch ganz gut aus, dass es klappt. Sonst aber auch gerne in der Branche mit diesem Studium. Bei meinem Label mache ich da auch sehr viel selbst.

Welche Opfer musst du für die Musik bringen?

Ich habe wenig Freizeit, es ist schon ein Fulltime-Job oder geht auch darüber hinaus, weil man natürlich das macht, was auch das größte Hobby und die größte Leidenschaft ist. Das bedeutet aber auch, dass man sein Hobby sozusagen ständig machen muss. Gerade weil mein Vater mich sehr unterstützt, reden wir auch privat viel darüber. Das ganze Leben dreht sich darum. Und das andere Opfer ist die Zeit. Man ist oft unterwegs, man hat relativ wenig Zeit, einfach nur mal Party machen zu gehen – aber das finde ich auch nicht so schlimm.

Du wolltest ursprünglich ein Album rausbringen, es ist dann aber doch eine EP geworden. Wie kam das?

Ich hatte genug Songs aufgenommen, deshalb wollte ich ein Album machen. Dann habe ich aber gemerkt, als wir die Single „Changes“ fertig aufgenommen hatten, dass mir das sehr gut gefällt, ein bisschen poppiger zu sein. Ich war teilweise klassischer unterwegs im Sinne von Drei-Mann-Band mit Bass, Gitarre und Schlagzeug. Das ist natürlich immer noch ein bisschen so, aber ich fand dann, dass einige Songs nicht hundertprozentig waren. Und ich wollte nicht irgendwas raushauen, bei dem ich dachte: Das hätte man besser machen können. Ich habe jetzt sechs Songs, mit denen ich voll zufrieden bin. Und ich kann den Leuten so einen kleinen Vorgeschmack geben auf das, was noch kommt. Ich habe neue Songs, die in meinen Augen noch mal was draufsetzen können. Und deshalb können wir sagen: Die EP war der erste Vorgeschmack und jetzt geht es richtig los.

Was muss ein Song haben, damit er dich komplett überzeugt?

Das ist schwer zu sagen. Oft habe ich es direkt beim Schreiben gemerkt. Wenn ich einen Song habe und die Melodie bleibt mir schon länger im Kopf und ich kann gar nicht aufhören, an dem Song zu arbeiten, dann weiß ich, dass irgendwas besonders ist. Sonst würde ich es ja sein lassen. Erst mal, wenn er am Anfang sehr gut wirkt, aber auch nach zwei oder drei Wochen noch. Wenn du dann nicht sagst: ‚Oh, was hab ich denn da gemacht?‘ Das habe ich manchmal schon einen Tag später. Da hast du was auf deinem Handy aufgenommen und dann denkst du: ‚Och nee, komm, weg‘ und wir fangen noch mal von vorne an.

Du machst auf der Bühne sehr viel mit deiner Loop-Station. Wie funktioniert das genau?

Ich habe einen kleinen Looper mit zwei Kanälen. Das funktioniert so: Man spielt eine bestimmte Sache ein und drückt dabei den Aufnahme-Knopf. Wenn das Motiv fertig gespielt ist, drückst du diesen Knopf noch mal und ab dann spielt er das die ganze Zeit im Loop ab, das heißt er wiederholt das durchgehend. Darauf kannst du dann im gleichen Tempo andere Melodien spielen oder rhythmische Sachen machen. Dazu kannst du ganz schön deine eigene Band aufbauen, gerade wenn du alleine bist und in kleineren Clubs oder auf kleineren Bühnen spielst. Dann ist das ganz gut, denn man hat eine gewisse Freiheit. Ich bin meine eigene Band, ich kann auch improvisieren durch so einen Looper. Ich kann mir aber auch die Freiheit schaffen, mal einen Rhythmus einzuspielen, die Gitarre wegzustellen und was mit dem Publikum zu machen.

Du hast bislang sehr oft als Support-Act für andere Künstler gespielt. Wie waren die Reaktionen des Publikums? Die Leute sind ja schließlich nicht wegen einem selbst da und man muss sie erst mal von sich überzeugen…

Das habe ich am Anfang auch so im Kopf gehabt. Gerade wenn man selbst auf Konzerten ist und merkt, dass man die Vorband nur so abwartet und gar nicht richtig zuhört. Aber dann hatte ich ein Erlebnis bei AC/DC, die hatten eine super Vorband, die hat so viel Spaß gemacht, sodass man wie bei einem eigenen Konzert dieser Band war. Und das habe ich mir vorgenommen, auch zu machen. Ich will, dass die Leute nicht da stehen und sagen ‚Wann gehts los?‘, sondern dass ich Teil dieser ganzen Show bin. Denn ich glaube, das ist der Sinn eines Support-Acts und überhaupt von einem Konzert, dass es von vorne bis hinten Spaß macht und nicht nur an gewissen Stellen.

Mit wem warst du in letzter Zeit unterwegs?

Ich war für Lions Head bei der Tour im November dabei. Dann habe ich eine Show für ABC supportet, die Achtziger-Band. Das war witzig, denn man kennt die Songs aus dem Radio. Aber es war toll zu sehen, das ist live auch richtig modern und cool gemacht. Dann bin ich jetzt wieder für Lions Head unterwegs, im März. Und noch für Tom Klose, einen Hamburger Künstler, den ich sehr gut finde und wo ich gerne als Support dabei sein wollte.

Und wie sieht es mit eigenen Konzerten aus?

Wir sind dran. Wir sind gerade in der Phase, in der wir ein bisschen aufbauen und versuchen, die Leute dann auch zu den Konzerten zu bringen. Wenn du nachher vor fünf Leuten spielst – so wie es am Anfang natürlich immer ist, keiner spielt direkt vor 500 Leuten – ist es auch schwierig, bestimmte Clubs zu bekommen. Die sagen dann: ‚Warum soll ich dich hier spielen lassen, wenn du keine Leute mitbringst?‘ Deshalb sind wir jetzt gerade so ein bisschen dabei, mir eine Fanbase aufzubauen und danach wird auf jeden Fall dieses Jahr noch eine kleine eigene Tour kommen.

 

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