KONZERT-REVIEW: Madrugada, Grand Avenue & Johnossi – Winterthur (Musikfestwochen), 29.08.2008

Skandinavischer Abend in der Schweiz: Im Rahmen der Winterthurer Musikfestwochen gibt es an diesem Freitag gleich drei Bands aus dem hohen Norden auf die Ohren: Johnossi, Grand Avenue und Madrugada.

Madrugada, Winterthur, 2008

Für den Konzert-Marathon wurde eine Bühne mitten in die Steinberggasse in der Winterthurer Altstadt gestellt. Johnossi aus Schweden betreten diese als erste und geben eine Stunde lang richtig Gas. Es sei der letzte Auftritt einer langen Tour, berichtet Sänger und Gitarrist John zwischen Songs wie „Party With My Pain“ und „18 Karat Gold“ vom aktuellen Album „All They Ever Wanted“. Gemeinsam mit Drummer Ossi sorgt er dabei für richtig gute Stimmung, die im Gassenhauer „Man Must Dance“ ihren Höhepunkt findet. Übermütig schießt John noch eine brennende Zigarette über die Bühne, bevor der erste Auftritt am heutigen Abend zu Ende geht.

Nach einer Umbaupause geht es mit Grand Avenue aus Dänemark weiter. Sie begeistern mit atmosphärischem Poprock und strahlen, besonders in Person von Sänger Rasmus, Spielfreude aus. Dieser hält die Security in Atem, als er ein Bad in der Menge nimmt. Aber auch mit ihren Songs vom Album „The Outside“ wissen die vier Musiker zu überzeugen. Ob das verträumte „Bullet“, der Titelsong und Hit „The Outside“ oder die energische Zugabe „You Please Me“ – die Jungs haben das Schweizer Publikum auf ihrer Seite. Die Wartezeit auf den Hauptact vertreiben sie auch deshalb auf kurzweilige Art, weil Rasmus erzählt, dass er ein großer Madrugada-Fan sei. Zum Beweis spielt er die Ballade „Ordinary“, die auf den Akkorden von „Majesty“ fußt. Auch so kann man sich Sympathie erspielen und nach einer Stunde zu Recht viel Applaus ernten.

Nachdem Grand Avenue die Bühne verlassen haben, wird die Spannung in der Steinberggasse greifbar. Alles wartet auf Madrugada. Gegen halb elf ist es dann soweit, Sänger Sivert Höyem und seine Jungs legen mit „Whatever Happened To You“ los. Auffällig ist der schlechte Sound zu Beginn und Sivert muss mehrmals vehement gestikulieren, bis sein Mikrofon genug Power bekommt. Ab diesem Zeitpunkt beschallt seine angenehm dunkle und eindringliche Stimme jedoch die gesamte Altstadt und das Konzert wird zu einem Triumphzug von Norwegens bestem Rock-Export. „Look Away Lucifer“ vom aktuellen, selbstbetitelten Album spielt sich, wie so viele Madrugada-Songs an diesem Abend, in einen Gitarren-Rausch.

Neu-Gitarrist Alex, der für das verstorbene Gründungsmitglied Robert die Band auf Tour begleitet, macht seine Sache hervorragend. Dazu überraschen Madrugada mit Keyboard-Sounds bei Songs wie dem energiegeladenen „New Woman / New Man“ und „What’s On Your Mind“. Eine weitere Daseinsberechtigung holt sich das Instrument bei einem gelungenen Cover ab: Madrugada spielen ihre Version des Doors-Klassikers „Not To Touch The Earth“, wobei Siverts Gesangsleistung der Ausdrucksstärke eines Jim Morrisons in keiner Weise nachsteht. Die extra-lange Version von „Black Mambo“ und der Dauerbrenner „Majesty“ werden zu weiteren Highlights des Abends. „Valley Of Deception“ beendet den Auftritt fürs Erste, nachdem sich Sivert bei den Zeilen „Do you love me, let me hear it“ tosenden Applaus abgeholt hat.

Aber es gibt natürlich noch eine Zugabe. „Strange Colour Blue“ schließt das Konzert ab und versetzt endgültig alle in Ekstase. Als der letzte Ton verklungen ist, macht sich trotz allem auch Wehmut breit. Denn es war vielleicht der letzte Madrugada-Auftritt in der Schweiz. Die Band hat in den norwegischen Medien ihren Rückzug für Ende des Jahres angekündigt. Dass das ein großer Verlust für die Musikszene wird, haben sie an diesem Abend einmal mehr bewiesen.

(Im Original erschienen bei triggerfish.de am 01. September 2008.)