ALBUM-REVIEW: Suede – The Blue Hour

„The Blue Hour“ ist die Tageszeit, in der die Sonne untergeht und die Nacht sich breitmacht. Und so sehr wie mit ihrem neuen Album standen auch Suede nie auf der Schwelle.

Suede

Wenn man das Album durchgehört hat, weiß man erst mal gar nicht so richtig, was über einen gekommen ist. Gut? Schlecht? Keine Ahnung. Man wird von der Wucht, die Suede entfachen, einfach weggerissen, ohne sie wirklich einordnen zu können.

Der Opener „As One“ ist unglaublich bedrohlich und düster, ein Chor ist dabei, am Ende bellt ein Hund. Man merkt schnell, dass das britische Quintett es dieses Mal nicht nur auf große Melodien, sondern auch auf Klangbilder anlegt.

Tracks wie „Wastelands“ deuten die alten Tugenden der Band zwar an – der „all is much too much“-Eskapismus in vorderster Front – aber es sind immer mal wieder kürzere Interludes dabei, die der Platte die zumeist düstere Stimmung vorgeben.

Auch die Powerballaden sind noch nicht ganz verschwunden, „Beyond The Outskirts“ beschwört dabei „small town dreaming“. Richtig erklärt bekommt man die Songs allerdings nicht, weder beim Hören, noch beim Lesen der Presseerklärung zum Album. „Die Songs deuten ein Narrativ an, decken es aber nicht auf und erklären es auch nicht wirklich“, heißt es darin.

Das Geheimnisvolle steht der Platte allerdings sehr gut, man kann die popmusikalischen Aspekte sehen, die meisten Stücke könnten aber genauso gut Filmmusik sein.

Im Album-Kontext kann „Life Is Golden“, eine der Vorab-Singles, noch mal richtig punkten. Sie kommt im Vergleich zu den anderen Songs fast trotzig daher. Dazu kann man sich das Video wieder vor Augen rufen, das in der Geisterstadt Prypjat gedreht wurde.

Der wahrscheinlich klassischste Suede-Song des Albums ist „Don’t Be Afraid If Nobody Loves You“, obwohl er auch mit zum Beispiel Schreien als Sound-Effekt arbeitet. „Tides“ hingegen gibt gegen Ende einfach nur richtig Gas und haut den Zuhörer regelrecht um.

Auch wenn die Musiker um Frontmann Brett Anderson „The Blue Hour“ als Vervollständigung ihrer Triologie verstanden haben wollen, die sie mit den beiden starken Album „Bloodsports“ und „Night Thoughts“ gestartet hatten, so steht das neue Werk doch sehr für sich selbst.

Die großen Single-Hits fehlen, die Energie der Britpop-Veteranen ist dafür größer denn je. Noch ist nicht klar, ob dieses Album den Test der Zeit bestehen wird. Das kann aber auch einfach jeder Fan für sich entscheiden, wenn er sich von der ersten Druckwelle von „The Blue Hour“ erholt hat.

 

Albuminfos Suede – The Blue Hour

Suede - The Blue HourKünstler: Suede
Albumname: The Blue Hour
VÖ: 21.09.2018
Label: Warner Music
suede.co.uk

 

Foto: Dean Chalkley