Endlich hat es geklappt: Deutschland hat nach einer langen Durststrecke wieder einen der vorderen Plätze beim Eurovision Song Contest erobert. Dabei bleibt der Erfolg von Michael Schulte hoffentlich keine Eintagsfliege.
Es wird Zeit, den ESC in der deutschen Wahrnehmung aus der Schmuddel-Ecke zu holen. Da gibt es eh nichts zu gewinnen, Deutschland bekommt wegen grundsätzlicher Unbeliebtheit sowieso keine Punkte und der Künstler-Karriere schadet es am Ende nur – wie oft hat man genau das in den letzten Jahren gehört? Bis Samstag, als Michael Schulte das Gegenteil bewiesen hat.
Ein entscheidender Faktor: Der 28-Jährige wurde nicht von irgendeiner Plattenfirma ausgesucht, sondern hat sich selbst für den deutschen Vorentscheid beworben. Er hatte also wirklich Bock und wurde nicht zur Promo eines aktuellen Albums in die TV-Show im Februar geschmissen. Zudem drehte sich sein Song „You Let Me Walk Alone“ um seine eigene Geschichte, was man seinem Auftritt sofort angemerkt hat.
Hinzu kam das Bühnenbild, das seit Jahren endlich mal wieder liebevoll gestaltet und durchdacht wirkte. Stand Jamie-Lee noch ratlos im Wald herum und Ann-Sophie vor komischen Scheinwerfern, gab die Wand hinter Michael Schulte Worte und Tempo des Songs für jeden sichtbar vor und hob den ganzen Auftritt zum Höhepunkt am Schluss noch einmal an.
Nun müssen die Verantwortlichen dafür sorgen, dass dieser Erfolg auch in den kommenden Jahren möglich sein wird. Der Grundstein dafür ist gelegt: Michael Schultes 4. Platz dürfte vielen ambitionierten Künstlern gezeigt haben, dass man den ESC tatsächlich auch positiv für sich nutzen kann – und zwar nicht nur, wenn man ein verrückter Guildo Horn oder eine sympathisch-überdrehte Lena ist. Das neue Konzept des Vorentscheids mit Experten-Jury, internationaler Jury und einem Songwriting-Camp soll beibehalten werden und schützt uns hoffentlich vor den bereits beschriebenen reinen Promo-Auftritten von früher.
Natürlich war Michael Schulte ein Glücksgriff für das deutsche ESC-Team. Dennoch stehen die Chancen gut, dass sein Ergebnis auch für die kommenden Jahre Kräfte freisetzt. Denn die positive Stimmung, die aktuell herrscht, sollte unbedingt genutzt werden.
Unsere Eurovision-Prognose im Check nach dem Finale
Foto: eurovision.tv / Andres Putting