Vor einigen Jahren hat Sänger Alex Diehl erstmals auf sich aufmerksam gemacht, dann war es lange still um ihn. Wir haben uns mit ihm unterhalten.
Im Mail-Interview mit bleistiftrocker.de spricht Alex Diehl unter anderem über seine Leidenszeit, das neue Album „Laut“ und seine Corona-konformen Konzerte.
bleistiftrocker.de: Nach 2016 wurde es ruhig um dich. Was ist in der Zwischenzeit passiert?
Alex Diehl: Ich war noch bis Mitte 2017 auf Tournee mit dem Album „Bretter meiner Welt“, welches 2016 erschien, und bekam plötzlich Schmerzen beim Sprechen und Singen. Zwei Jahre Ärzte-Odyssee von den besten HNO–Phoniatrikern bis hin zu Psychotherapeuten folgten. Bisher ohne Diagnose. Das Singen bereitete mir so große Schmerzen, dass an ein Konzert, geschweige denn einen ganzen Song zu singen, nicht zu denken war. Ich war verzweifelt und keiner konnte mir helfen. 100 Arztbesuche halfen leider nichts. Die Zeit hat die Schmerzen etwas schwinden lassen. So spiele ich nun nur noch 1-2 Shows pro Woche. An den Rest der Schmerzen, der geblieben ist, habe ich mich gewöhnt. Meine Stimme ist funktionell und organisch absolut in Ordnung. Das haben dutzende Untersuchungen gezeigt. Ich blicke positiv nach vorne und hoffe, dass irgendwann auch die letzten Schmerzen verschwinden werden. 2018 begann ich wieder langsam an neuen Stücken zu arbeiten und bin nun soweit, wieder regelmäßig aufzutreten mit dem neuen Album „Laut“.
Dein neues Album musste wegen Corona auch noch mal verschoben werden. Wie kam es zu der Entscheidung?
Nun ja, es gab schlicht kein Presswerk, das gearbeitet hat. Mein Album war genau dann in Auftrag gegeben worden, als Corona den Lockdown veranlasste. Ohne physische CD, die viele meiner Hörer noch schätzen, war ein Release undenkbar.
Wie hast du dir die Zeit seit März vertrieben – ohne Auftritte und mit wenig Kontakten? Kann man da als Künstler überhaupt kreativ sein?
Anfangs war die viele Freizeit ja ganz nett, aber bald fällt einem die Decke auf den Kopf. Man wird auch ziemlich faul und schiebt ständig Dinge vor sich her. Ich habe dann versucht, mich zu disziplinieren und habe Sport gemacht, weiter an Songs geschrieben und viel gekocht. Die Zeit also versucht aktiv zu verbringen, um nicht zu versumpfen.
Du bist einer der Künstler, der seit einiger Zeit wieder Corona-konforme Konzerte spielt. Wie sind deine Erlebnisse bisher?
Da ich bereits früher schon viel „Akustisch“ getourt bin, mit sitzendem Publikum, ist es für mich gar kein großer Bruch. Eine Bandshow wäre jedoch mit Sicherheit sehr komisch. Die Akustik-Konzerte sind immer sehr emotional, mit vielen Geschichten hinter den Songs, Gänsehaut und die Stimme steht ganz LAUT weit vorne. Das macht das Album nochmal zu einem ganz anderem Erlebnis, als es mit ganzer Band und in voller Lautstärke ist.
Was genau ist „laut“ am neuen Album?
Der Inhalt. Auch wenn es lange still um mich war, in mir drinnen war es LAUTER als je zuvor. Das Album ist lebensbejahend und strotzt nur so vor Mut und Hoffnung. Ohne dem Hörer dabei etwas vorzulügen. Alle Texte sind echt und so erlebt. Die Menschen sollen wissen, dass ihnen hier keiner was vom Sonnenschein singt, der nicht weiß, wie es sich anfühlt, wenn es nicht aufhört zu regnen. Ich habe gelernt, auch den Regen zu lieben und möchte das nun an meine Hörer weitertragen. Das geht unter die Haut und ist in lauten und leisen Tönen manchmal unerträglich LAUT.
Du befasst dich auch mit deinen Dämonen, vor allem auf „Meine Ängste“. Wie ist das für dich, so dein Inneres nach außen zu kehren?
Ich habe keine Scheu davor, alles zu zeigen. Ich bin ein Mensch mit dunklen und hellen Seiten. Ich habe viele Schwächen, mache Fehler und es gibt Dinge, die ich gut kann und die ich liebe. Ich möchte die Menschen gerne an der Seele packen und sie dazu bringen, sich mit mir gehen zu lassen. Wir sind alle unperfekt und stets bemüht, dies zu verstecken. Ich habe darauf keine Lust mehr. Ich zeige meine Fehler offen auf der Bühne und singe darüber. Wer versucht, es besser zu machen, der ist schon mutig genug. Ich würde mir wünschen, wenn sich die Leute mehr verzeihen könnten und auch den Leuten um sie herum. Wer’s versucht, der beweist schon verdammt viel. Mensch sein ist so kompliziert oft, lasst uns das doch mal etwas vereinfachen, zumindest da, wo wir es zulassen können. Ich versuche, einen Anstoß zu geben.
Du bist auf „Laut“ nicht mehr nur der Singer/Songwriter, sondern auf manchen Stücken deutlich pop-orientierter unterwegs. War das eine bewusste Entscheidung?
Nicht wirklich. Ich habe die Platte selbst vorproduziert und da ist alles einfach passiert. Ich habe mir keinen Plan gemacht, wie sie klingen soll oder über welche Themen es gehen soll. Ich habe einfach Musik gemacht, die mich selbst berührt.
Wie kam es zur Gründung deines eigenen Labels „Big Diehl Records“?
Das war jetzt einfach der nächste logische Schritt. Ich wollte mein eigenes Ding machen. Universal Music hat mir den Vertriebs-Deal angeboten und für mich war sofort klar, das ist es. Ich habe über die zehn Jahre in der Branche genügend Kontakte geknüpft um mit meinem kleinen Team (Management, Booking, Promotion, Social Media Agentur) das Ding selbst zu rocken. So kann ich sichergehen, dass das, was bei meinen Hörern ankommt, exakt das ist, was ich mir vorstelle. Vom Regisseur der Videos, über den Fotografen der Fotos, der Produzent des Albums und das, worüber ich singen will. Alles kommt aus meinem Herzen und das fühlt sich sehr richtig an. Ich bin sehr dankbar über diese Entwicklung. Jetzt kann es „LAUT“ werden.
Hast du schon Tourpläne für die berühmte „Zeit nach Corona“?
Jep. Ich werde im März – April 2021 mit meiner Band auf große LAUT-Tour gehen. Ob wir die Konzerte im Sitzen und etwas kleiner gestalten müssen, wird sich zeigen. Aber so oder so, die Vorfreude ist riesig.
Du hast uns vor einigen Jahren im Interview erzählt, dass es dein großer Traum ist, mal in der Olympiahalle in München zu spielen. Ist das immer noch so?
Ich sage mal so: Wenn ich dafür etwas singen müsste, was schnell viele Menschen abgreift, aber nicht aus meiner Seele kommt, dann nein. Natürlich ist es schön, wenn viele Menschen auf meine Konzerte kommen, aber ich würde nicht tauschen wollen. Was ich schreibe und was ich singe, sind echte Gefühle und die bedeuten mir und meinen Hörern was. Das würde ich gegen keine riesen Halle der Welt tauschen.
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