„United By Music“ wird zum permanenten Slogan des Eurovision Song Contest. Das raubt den Austragungsorten Gestaltungsmöglichkeiten und ist zudem fragwürdig zweckentfremdet.
Denn „United By Music“ wurde ursprünglich zum Slogan des Eurovision Song Contest 2023 in Liverpool auserkoren, weil er die Verbundenheit zwischen der Ukraine und Großbritannien zeigen sollte. Die Ukraine konnte trotz des Sieges beim ESC 2022 den Wettbewerb wegen der Sicherheitslage im Land nicht austragen, UK sprang ein, man zeigte sich freundschaftlich verbunden. Das Motto fing dieses Gefühl perfekt ein.
Nun haben sich laut offizieller Pressemeldung der schwedische Sender SVT und die Reference Group darauf geeinigt, „United By Music“ auch für Malmö 2024 und alle folgenden ESCs als Slogan zu benutzen. „Wir haben das Gefühl, einen gefunden zu haben, der unsere Marke wirklich verkörpert. Es ist der perfekte Slogan, um unsere Werte der Inklusivität, Gleichheit, Universalität und der Feier der Vielfalt durch Musik zu unterstreichen“, wird Martin Österdahl, der Executive Supervisor des Eurovision Song Contest, dazu zitiert. Sich dazu einfach am ganz besonderen Motto von 2023 zu bedienen, ist zumindest fragwürdig.
Der ESC soll eine Marke sein
Dass Österdahl den ESC vor allem als „Marke“ versteht, ist nicht neu. Auch nicht, dass unter dem Schweden, der 2020 den Posten von Jon Ola Sand übernommen hatte, bereits fragwürdige Dinge wie der Einsatz von Backing Vocals beschlossen wurden, die individuellen Livegesang zumindest teilweise verdrängen. Und wenn es um die Werte geht, sind Transparenz und Pressefreiheit zuletzt auch immer weiter eingeschränkt worden.
Dass der ESC also eine Marke sein soll – geschenkt. Natürlich ist er das. Das Klischee des belächelten Schlagerwettstreits ist längst überholt, in den vergangenen Jahren starteten Acts wie Måneskin oder Rosa Linn ihre Weltkarrieren auf der Eurovision-Bühne. Was die Shows, die in ihrer Struktur mit Eröffnung, den Auftritten der Länder, Interval Acts, Voting und Punktevergabe/Ergebnisverkündung immer ähnlich aufgebaut sind, auf sympathische Art unterscheidet ist die Herangehensweise der verschiedenen Sender, die ihn ausrichten – denn bekanntlich darf das immer das Gewinnerland des Vorjahres tun.
Ausrichtende Länder werden einer Gestaltungsmöglichkeit beraubt
Seit einiger Zeit gehörte dazu auch immer ein Slogan, der in die Shows eingearbeitet wurde. Bedeutungsschwangere Bausteine wie „Share The Moment“ in Lenas Gewinnerjahr 2010 in Oslo gab es genauso wie wirklich repräsentative Worte wie „Light Your Fire“ 2012 in Baku – Aserbaidschan gilt als „Land des Feuers“. „Building Bridges“ von 2015 in Wien bekam sogar einen passenden Theme-Song, der herrlich in die Eröffnung eingebaut wurde. „Open Up“ 2020 in Rotterdam war nicht nur grundsätzlich lahm, sondern wurde auch von der Corona-Pandemie torpediert, die genau zum Gegenteil führte. Und „Celebrate Diversity“ von 2017 in Kyiv hätte man sich im Zweifel auch gut als permanentes Motto für diese herrlich bunte Veranstaltung vorstellen können.
Der Möglichkeit, solche Slogans zu kreieren, werden die ausrichtenden Länder nun leider beraubt. Wenn man sich „United By Music“ schon einverleiben möchte, hätte man es zumindest den Sendern überlassen können, den jeweiligen Contest noch unter ein eigenes, individuelleres Motto zu stellen. So aber nimmt man den Austragungsorten eine Gestaltungsmöglichkeit und den Shows ein Stück Individualität. Schade drum.
Foto: eurovision.tv / EBU