Marie Reim: „Das Thema Outfit wird sehr emotional“

Marie Reim kämpft mit dem Song „Naiv“ um das deutsche Ticket für den Eurovision Song Contest. Wir haben uns vorab mit ihr über Zoom unterhalten.

Marie Reim, Das deutsche Finale, Eurovision

Im Interview mit bleistiftrocker.de spricht Marie Reim unter anderem über die Bedeutung von „Naiv“, ihre Liebe zum Schlager und die Rolle ihrer Eltern.

 

bleistiftrocker.de: Worum geht es in deinem Song „Naiv“?

Marie Reim: Es geht darum, der Liebe immer wieder eine neue Chance zu geben. Auch, wenn man sich vorgenommen hat, vorsichtiger zu sein. Es geht aber auch darum, dass, wenn man feste Vorsätze hat, vorsichtiger zu sein – sobald man jemanden hat, der ein bisschen das Herz berührt, man alles über Board schmeißt. Einfach, um der Liebe immer und immer wieder die Chance zu geben. Und das ist genau gut so.

Du hast den Song selbst geschrieben. Wie ist er genau entstanden?

Ich habe vor einigen Monaten gesagt, dass ich mich so richtig im Studio einbunkern möchte. Nicht mit fünf oder sechs Leuten, sondern es gab mich und Tim Peters. Wir haben alles, was aus meiner Seele rausgespült wird, runtergeschrieben. Dieser Song ist so schnell entstanden, weil er einfach raus musste. Es war natürlich auch eine autobiografische Story. Und ich hatte schon beim Schreiben ein sehr gutes Bauchgefühl. Aber man hat nie eine Hitgarantie. Als der Song fertig war, habe ich erstmal ein paar Leute nach ihrer Meinung gefragt. Und dann habe ich gemerkt, dass alle „Naiv“ lieben. Selbst mein Vater hat gesagt: „Marie, wenn du den Song nicht singst, dann singe ich den.“ Und dann kam erst die Idee, ob wir uns damit beim Vorentscheid bewerben wollen. Und ich war direkt Feuer und Flamme. Beim ESC hat sich der Schlager auch schon oft bewiesen.

Deutschland hat lange keinen echten Schlager mehr zum ESC geschickt. Warum soll sich das mal wieder ändern?

Ich fand ja die Regel früher ganz cool, als es hieß, dass jedes Land in seiner Sprache singen soll. Und wenn ich jetzt an Deutschland denke, dann denke ich – ob man das jetzt mag oder nicht – bei Musik an deutschen Schlager. Und man soll ja das präsentieren, von dem man glaubt, dass das Land dafür steht. Und für mich ist nichts typischer deutsch als der deutsche Schlager. Da bin ich natürlich ein Kandidat, der das vertreten könnte. Deswegen habe ich die Chance genutzt und habe es offensichtlich aus knapp 700 Bewerbungen in diesen krassen Vorentscheid geschafft.

Was ist deine Verbindung zum ESC?

Zum einen gucke ich ihn regelmäßig und zum anderen ist meine Mama natürlich 2001 schon da aufgetreten, weshalb ich jetzt noch mehr Respekt davor habe. Deswegen gibt es auch eine emotionale Verbindung dahin. Das ist für mich was ganz Besonderes. Viele würden fragen, ob mir das nicht noch mehr Druck macht, dass sie da war. Aber überhaupt nicht. Ich mache eine ganz andere Art von Schlager als das, was sie macht. Ich habe vieles mitgenommen von ihr, Gesicht und Stimme und so weiter. Aber dieses Duellieren gibt es bei uns nicht.

Sprecht ihr denn darüber und gibt sie dir Tipps?

Natürlich, wir redet total viel darüber. Auch mit meinem Papa. Der würde sich auch richtig doll freuen, wenn mal wieder ein deutschsprachiger Song für Deutschland antritt. Letztens gab es einen Moment, da habe ich so richtig Bammel bekommen, ich weiß nicht, warum. Ich hatte meine Mama hat Anfang 2023 auf ihrer Tour begleitet. Da habe ich es so richtig gelernt, live mit Band zu spielen. Und zum Schluss haben wir immer zusammen einen Song gesungen, der heißt „Es gibt dich“. Dann saß ich morgens auf dem Weg nach Berlin im Auto und habe auf einmal Bammel bekommen – es ist ja nicht mehr lang, vielleicht kann ich gar nicht live singen. Und dann lief auf einmal „Es gibt dich“ auf meiner Playlist – es war keine, die ich erstellt hatte, es lief einfach, warum auch immer. Da habe ich mich erinnert: Marie, denk‘ doch mal zurück, was du schon erlebt hast und wo du dich schon weiterbilden konntest. Das war wie ein Weckruf. Und dann habe ich auch meine Mama angerufen und ihr gesagt: Ich habe gerade total Schiss bekommen und dann kam dieser Song. Und vielleicht musst du einfach dazukommen und mit im Publikum sitzen, vielleicht kann ich dann besser live singen. Und sie überlegt jetzt tatsächlich, ob sie sich ins Publikum setzen würde. Das wäre für mich wie ein riesengroßer Schutzengel.

Stimmt es eigentlich, dass du 2001 als Baby mit ihr beim ESC warst?

Ja, das stimmt tatsächlich. Ich kann mich nicht groß erinnern, ich bin da ein Jahr alt geworden. Es gibt ganz viele tolle Geschichten und zuckersüße Fotos, auf denen ich eine Schokotorte mit Händen verputze. Und wenn es wirklich so sein sollte, dass ich dieses Jahr über meinen Geburtstag hinfahren dürfte, würde ich mir wieder eine Schokotorte reinziehen – und immer noch mit den Händen.

Wie weit bist du mit der Planung für die Bühnenshow beim Vorentscheid?

Wir sind sehr weit. Seitdem ich weiß, dass ich beim Vorentscheid teilnehmen darf, geht alles rund. Es fragen seitdem auch TV-Formate an, die gar nichts mit Schlager zu tun haben. Und ich freue mich so darüber, weil ich jetzt so ein bisschen über mich selbst hinauswachse. Bei normalen Fernsehshows muss man sich an ein paar Sachen halten und das ist auch alles gut, aber jetzt wurde ich zum ersten Mal gefragt, wie ich performen möchte. Ich darf jetzt einfach mal meiner Kreativität und meiner Rampensau Freiheit lassen. Wir werden das rocken, es wird so krass. Einen Tipp darf ich geben: Das Thema Outfit wird sehr emotional.

Du hast gerade die TV-Shows angesprochen, in denen du schon aufgetreten bist. Hilft dir das, dass du jetzt nicht zum ersten Mal diese riesige Bühne hast?

Am Anfang dachte ich mir, dass es bestimmt von Vorteil ist, dass ich schon so viel Bühnenerfahrung habe. Bei normalen Auftritten legt sich die Aufregung auch so langsam. Aber ich muss sagen: Das hier sprengt wirklich alles, was ich zuvor hatte und dementsprechend aufregend ist es auch. So eine Chance kannst du nicht mit einer normalen TV-Show vergleichen. Ich schlafe nicht mehr so gut, weil ich 24/7 neue Ideen habe und überlege, noch mal alles umzuschmeißen. Aber ich glaube, dass wir einen ganz guten Plan gefunden haben.

Du bist noch sehr jung, machst aber auch schon seit einigen Jahren Musik. Was sind deine Karriere-Ziele – mal abgesehen vom kurzfristigen Ziel, für Deutschland zum ESC zu fahren?

Seitdem bekannt gegeben wurde, dass ich beim Vorentscheid mitmachen darf, hat sich meine komplette Karriere schon um 180 Grad gedreht mit Bookings und TV-Anfragen. Natürlich habe ich Träume und Ziele. Aber wenn ich das benennen würde, wäre bis dahin mein höchstes Ziel. Und gerade passiert viel mehr, als ich es mir je erträumt habe und je vorstellen konnte. Und ich nehme das so dankbar an und lasse alles offen und bin gespannt, wo die Reise hingeht. Ich werde mein ganzes Herzblut reinstecken.

Wie schwierig war denn dein Karrierestart, als dich die Corona-Zeit direkt eingebremst hat?

Es kamen die Lockdowns und ich hatte gar nichts mehr. Meine ersten Live-Auftritte hatte ich zwei Jahre nach meinem Start. Es war ganz komisch. Aber dann kamen zum Glück so viele Anfragen, dass wir das alles nachholen konnten. Und jetzt bin ich so langsam gewappnet für das, was kommt.

 

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Foto: NDR/Anelia Janeva

 

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Offiziell: Diese Acts nehmen am deutschen ESC-Vorentscheid 2024 teil