Evanescence bestehen (in unterschiedlichen Besetzungen) seit über 25 Jahren. Allzu viele Alben gibt es von der Band allerdings gar nicht. Und auch das neue wurde durch die Corona-Pandemie maßgeblich beschleunigt.
Denn die Band war gerade auf Tour, als die Welt runterfahren musste. Also stürzten sich Evanescence früher als geplant in die Arbeit an ihrem fünften Studio-Album. Und verarbeiteten die Pandemie gleich mit.
Aber natürlich weiß man, was man von den fünf Amerikaner*innen bekommt: Hört man „The Bitter Truth“, ist man sofort wieder 18 Jahre jünger und fühlt sich an die Songs erinnert, mit denen die Band 2003 mit dem Album „Fallen“ durchstartete. Im Anschluss folgte alle paar Jahre ein neuer Longplayer, am Sound änderte sich kaum etwas – krachende Gitarren, Amy Lees durchdringende Stimme und eine düstere, fast schmerzende Stimmung.
Und genau damit kann man auch „The Bitter Truth“ beschreiben. Ob es ein Qualitätsmerkmal ist, dass Evanescence noch immer wie zu ihren Anfängen klingen, oder ein Makel, dass man nicht viel Weiterentwicklung vernimmt, mag jede*r Zuhörende selbst beurteilen. In den aktuellen Zeiten kann man sich immerhin darauf verlassen – und das ist ja auch was.
Und so gewittert der Sound bei „Broken Pieces Shine“ dann auch direkt los, es gibt Energie, Verzweiflung und das besagte Gefühl von 2003. „The Game Is Over“ ist destruktiv, auch inspiriert von der Corona-bedingten Einsamkeit, aber soundtechnisch hat man auch das schon oft gehört – und zwar meistens von Evanescence selbst.
Mit „Wasted On You“ gibt es natürlich auch die dramatische Ballade, bei der sich die Instrumente ein bisschen zurücknehmen und Amy Lee noch mehr in den Vordergrund rücken lassen. „Use My Voice“, schon vor Monaten als Single erschienen, punktet dadurch, dass es mit vielen musikalischen Gästen wie beispielsweise Sharon den Adel von Within Temptation entstanden ist.
Nein, überraschen wird das alles niemanden. „The Bitter Truth“ ist eine komplett vorhersehbare Platte geworden, Schmerz und Wut wirken womöglich durch die aktuelle Situation aber ein bisschen verstärkt in uns allen.
Ob Evanescence die auch so auf die nächste Platte bringen werden? Daran sollte eigentlich kein Zweifel bestehen. Sollte. Denn Amy Lee hat tatsächlich einen Lichtblick für die Welt gefunden: den neuen US-Präsidenten Joe Biden. „Ich habe sehr viel Hoffnung für die Zukunft“, sagt sie über ihn. Wie wohl ein Evanescence-Album voller positiver Zukunftshoffnungen klingen würde?
Albuminfos Evanescence – The Bitter Truth
Künstler*innen: Evanescence
Albumname: The Bitter Truth
VÖ: 26.03.2021
Label: SMD/Columbia Local
evanescence.com
Fotos: P.R. Brown und Promo
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