ALBUM-REVIEW: Kettcar – Ich vs. Wir

War es das mit Kettcar oder kommen sie noch mal wieder? Diese Frage haben sich viele gestellt, als die Band 2013 eine Pause ankündigte und Sänger Marcus Wiebusch kurz darauf noch mit einem Solo-Album um die Ecke kam. In diesem Jahr taten sich die Hamburger dann aber doch wieder zusammen. „Ich vs. Wir“ ist damit sowas wie ein Comeback-Album.

Kettcar

Wie relevant das Quintett nach all den Jahren noch ist, wird sehr schnell klar. Allen voran durch die Single „Sommer 89 (Er schnitt Löcher in den Zaun)“, in der im Erzählstil und mit sehr zurückgefahrener Musik von einem Fluchthelfer berichtet wird. Es bleibt das ungewöhnlichste Stück des Albums, aber auch das wichtigste.

Allerdings trifft die Band den Zeitgeist auch an anderen Stellen. „Wagenburg“ positioniert sich gegen Pegida und Co. und zeigt ganz nebenbei, dass Kettcar auch nach über 15 Jahren noch was zu sagen haben. Mehr noch: Dass ihre gesellschaftlichen Botschaften wichtiger denn je sind. „Mannschaftsaufstellung“ arbeitet mit Fußballfloskeln die nationalistischen Ideale heraus, nur um mit der Pointe „Liebling, ich bin gegen Deutschland“ alles aufzulösen.

Manchmal spüren Band wie Zuhörer dann auch einfach den Weltschmerz, wie bei „Ankunftshalle“ und den von Wiebusch besungenen „Zyankalitagen, an denen wir uns mal wieder umbringen wollten“.

Bei aller Relevanz füllen auch ein paar Songs „Ich vs. Wir“ auf, die zeigen, dass die fünf Musiker ihr Potenzial bei Liebesliedern wohl mit „Balu“ zu Beginn ihrer Karriere schon ausgeschöpft hatten. Das ist nicht weiter schlimm, denn es gibt in diesen Tagen Wichtigeres. Und so wird der letzte Song „Den Revolver entsichern“ zum flammenden Appell für Gutmenschentum, unterstützt mit Parolen wie „Von den verbitterten Idioten nicht verbittern lassen!“ Gut, dass Kettcar wieder da sind.

 

Albuminfos Kettcar – Ich vs. Wir

Kettcar - Ich vs. WirKünstler: Kettcar
Albumname: Ich vs. Wir
VÖ: 13.10.2017
Label: Grand Hotel van Cleef
kettcar.net

 

Fotos: Andreas Hornoff und Promo