FESTIVAL-REVIEW: Eurosonic Noorderslag – Groningen, 15.-18.01.2020

Overkill auf Niederländisch: Beim Eurosonic Noorderslag 2020 in Groningen gibt es fast unendlich viel zu entdecken.

Wurst, Eurosonic Noorderslag 2020

347 Acts, gequetscht in vier Festival-Tage: Beim ESNS geht es darum, kühlen Kopf und den Überblick zu behalten. Auf sage und schreibe 39 verschiedenen Bühnen geht es musikalisch zur Sache.

Hinzu kommen zahlreiche Programmpunkte bei den Konferenzen, die im Oosterpoort bzw. am letzten Tag im Groninger Forum stattfinden, sowie Partys von Labels und Co. bis hin zu einem Käse-Contest (Nein, keine Übertreibung, den gab es wirklich!).

Und so muss man sich entscheiden, Rosinen rauspicken und den ein oder anderen Act schweren Herzens sausen lassen. Und zwar schon alleine deshalb, weil die Schlange zum Tausch eines Tickets in das obligatorische Bändchen am ersten Tag ewig lang ist und man bereits hier eine Stunde liegen lassen muss.

Im Stadsschouwburg gibt es aber direkt am ersten Abend einen Knaller nach dem anderen: Mit Blanche spielt die ESC-Vierte aus dem Jahr 2017, die nun endlich ihr Debüt-Album fertig gestellt hat und Songs daraus vorstellt. Es folgt Duncan Laurence, der seine Live-Qualitäten einmal mehr unter Beweis stellt. Die erst 17-jährige Emma Steinbakken aus Norwegen hat enorme Power und zeigt, warum das Eurosonic Noorderslag traditionell ein Festival der vielversprechenden Talente ist. Den Abend beschließt Conchita Wurst, nur unter dem Nachnamen auftretend und den ein oder anderen mit Elektro-Vibes überraschend.

Ein Auszug aus den weiteren musikalischen Highlights der vier Festival-Tage: Annna, die in den Niederlanden wohnt, aber lettische Wurzeln hat, und ihr Showtalent im Praedinius Gymnasium unter Beweis stellt. Das Dreampop-Duo teepee aus Tschechien, das im edlen Lola perfekt untergebracht ist. Die Folkrocker von The Gardener & The Tree, die auf der Bühne am Marktplatz aber gegen das unruhige Publikum ankämpfen müssen. Und Blanks, der mittags im Plattenladen Plato vor allem die jüngeren weiblichen Zuschauer verzückt.

In den chronisch vollen Konferenzzentren Oosterpoort und Forum sind mittags und nachmittags jeweils zahlreiche Interviews, Panels, Keynotes und Co. zu besuchen und nicht immer von Werbeveranstaltungen zu unterscheiden. So gleicht leider auch das versprochene „Update zum Eurovision Song Contest“ einer Image-Kampagne der Veranstalter, das einzige wirkliche Update ist die Enthüllung des 15-jährigen DJs Pieter Gabriel als Musik-Komponist für die Flaggenparade. Deutlich ergiebiger ist da das Interview mit Noch-ESC-Chef Jon Ola Sand, der mit einer semi-spektakulären Aussage zum Thema USA und ESC für ein bisschen Aufregung in den Eurovision-Medien sorgt, ansonsten aber spannende Einblicke und Anekdoten zu erzählen hat.

Und so freut man sich nach vier spannenden Tagen, dass man es doch irgendwie geschafft hat, sich durch das große Angebot zu navigieren. Wenn jetzt noch das nicht verbrauchte Geld, das man auf sein mit QR-Code versehenes Festival-Bändchen geladen hat (Vielleicht war früher doch alles besser!), irgendwann wieder auf dem eigenen Konto landet, wäre das Eurosonic Noorderslag 2020 auch geschafft.

 

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Foto: Ben Houdijk