„Manchmal geht es nur darum, etwas bekloppter zu sein als die anderen“, steht in der Biographie auf Sven van Thoms Homepage. Und tatsächlich stechen seine beiden Solo-Alben „Phantomschmerz“ und „Ach“ dadurch hervor, dass sie zwischen traurig und lustig pendeln – und nicht selten auch einfach nur albern sind.
Beispiele hierfür sind das bitterböse „Schatz halt’s Maul“ und „Jaqueline (Ich hab Berlin gekauft)“, mit dem Sven van Thom 2009 sogar beim Bundesvision Song Contest auftrat. Seine Songs präsentiert der Wahlberliner aktuell vor allem im Rahmen der Actionslesung „Tiere streicheln Menschen“, die er mit Martin „Gotti“ Gottschild regelmäßig in Berlin, aber auch ab und zu in anderen Städten aufführt.
Im Interview spricht Sven van Thom über sein aktuelles Musik-Projekt „Machete“, die Arbeit am neuen Solo-Album und das schlechte Fernsehprogramm.
1.) Frage: Du warst gerade für einige Auftritte mit Sängerin Larissa als „Machete“ im Vorprogramm von Enno Bunger auf Tour. Was hat es mit diesem Projekt auf sich?
Sven van Thom: Ich bin seit Jahren ein Fan von Duetten zwischen Frau und Mann. Schon meine erste Single „Trauriges Mädchen“ mit Synje Norland war eine Verbeugung vor einem der herrlichsten gemischten Duos der Popgeschichte: Lee Hazlewood und Nancy Sinatra. Mit Larissa habe ich jetzt eine Dame gefunden, mit der ich mir so etwas auch endlich in voller Albumlänge vorstellen kann. Wir fangen gerade erst an, etwas häufiger aufzutreten, und alles in uns schreit nach mehr davon.
2.) Du bist gerade als Solo-Künstler, im Rahmen der „Tiere streicheln Menschen“-Lesung, mit „Machete“ sowie als Background-Musiker unterwegs, zudem arbeitest du auch als Produzent. Welche dieser Beschäftigungen nimmt aktuell die meiste Zeit ein?
Mit „Tiere streicheln Menschen“ bin ich seit geraumer Zeit am häufigsten unterwegs. Für unsere monatliche Tiere-Show in Berlin schreibe ich auch meistens neue Lieder, die dann erst hinterher in mein Soloprogramm übergehen. Im April bin ich ganz schön viel mit „5 Füße für ein Halleluja“ unterwegs, gemeinsam mit der Blockflöte des Todes und Martin „Gotti“ Gottschild. 10 Tage ohne Pause – das wird anstrengend, aber herrlich albern.
3.) Ist in nächster Zeit ein neues Solo-Album von dir geplant?
Da ich für meine Aufnahmen kein Studio buche, sondern alles zu Hause aufnehme, arbeite ich eigentlich immer an einem neuen Album. Gerade entstehen parallel mein nächstes Solo-Album und die Machete-Debüt-Platte. Beide sind etwa zur Hälfte fertig, aber ich mache mir keinen Stress. Vor Anfang 2014 wird wahrscheinlich keines von beiden veröffentlicht.
4.) Auf YouTube hat dein Song „Gut für gar nichts“, den du bei TV Noir gespielt hast, mit Abstand die meisten Klicks aus der entsprechenden Sendung – obwohl er bisher unveröffentlicht ist. Wird es bald eine Studioversion davon geben?
Ja, das wird es.
5.) Deine Songs pendeln häufig zwischen Albernheit und Ernst. Was ist denn einfacher – einen lustigen Song zu schreiben oder einen traurigen?
Kommt immer auf die Stimmung an. Für lustige Lieder braucht man immer eine besondere Idee. Es ist meist einfacher, sich in eine traurige Stimmung zu versetzen und ein melancholisches Lied zu schreiben. Ich mag es aber besonders, wenn beides zusammen kommt, wie in „Seit Du weg bist“. Dafür gibt’s auch ein ziemlich putziges Video, das mein „Tiere streicheln Menschen“-Kollege Gotti mit seinem Telefon gedreht hat.
6.) Du hast mal in einem Interview erzählt, dass du keinen Fernseher hast. Stimmt das? Und wenn ja: Wieso nicht?
Das stimmt. Ich halte den größten Teil des Fernsehprogramms einfach für gequirlte Scheiße, und ich will gar nicht erst in Versuchung geraten, damit meine Zeit zu verschwenden. Es gibt jedoch diverse Fernsehserien, die ich sehr mag: „Mad Men“, „South Park“, „Breaking Bad“ oder auch „Die Simpsons“. Allerdings warte ich lieber, bis die auf DVD erscheinen, denn dann muss man nicht eine Woche lang auf die nächste Folge warten. Und das Wichtigste: Mit den deutschen Synchronisierungen geht einfach immer ein wichtiger Teil der Stimmung verloren – Originalton muss schon sein. Und gerade in Zeiten von Internet und Mediatheken ist ein Fernsehgerät, zumindest für mich, ziemlich überflüssig.
7.) Ich habe dich neulich bei einem Solo-Auftritt in Eschborn gesehen – vor 10 Zuschauern. Das war zwar sicherlich auch den Unzulänglichkeiten des Clubs geschuldet, aber: Wie geht man als Künstler mit einem solchen Erlebnis um?
Oh, Eschborn! Das war bitter. So etwas kommt leider alle Jahre mal wieder vor, dass man in solch merkwürdige Kulturhäusern gebucht wird, und schon wenn man den Raum betritt, weiß man sofort: Das kann gar kein guter Abend werden, weil die Atmosphäre in etwa so kalt ist, wie ein Klassenzimmer im Januar bei defekter Heizung. Da heißt es einfach: Augen zu und durch. Das Schöne daran ist aber, dass sich in solchen Momenten so eine schräge Jetzt-ist-auch-alles-egal-Stimmung aufbaut – dann werden die Moderationen meist noch mal besonders bescheuert.
8.) Was war denn der schönste Auftritt, den du je hattest?
Sehr schön war meine letzte Record-Release-Party zu meinem aktuellen Album „Ach!“ im HBC in Berlin. Die Krönung war, ein Lied gemeinsam mit dem „Berliner Kneipenchor“ zu singen. Da ging mir echt das Herz auf.
9.) Was denkst du mit einigen Jahren Abstand über deine Teilnahme an Stefan Raabs Bundesvision Song Contest?
Die Auswahl des Liedes war zwar nicht sonderlich glücklich, aber ich würde es immer wieder machen. Es ist nun einmal eine der wenigen relevanten Institutionen im Deutschen Fernsehen, die weniger bekannten Musikern die Möglichkeit gibt, einem größeren Publikum seine Musik vorzuspielen. Zwar ist mir der Contest-Gedanke nicht besonders sympathisch, aber der ist dabei auch eher Nebensache.
10.) Du bist großer Loriot-Fan. Welcher Sketch oder welche Filmszene ist dein Favorit?
„Mein Name ist Lohse. Ich kaufe hier ein.“ Irre!
Vielen Dank für das Interview, Sven.
Foto: Promo
(Im Original erschienen bei triggerfish.de am 30. März 2013.)