Am 27. Juli 2015 ist auf t-online.de ein Interview mit Conchita Wurst erschienen. Das Telefongespräch, auf das sich dieses Interview gründete, war rund 16 Minuten lang und wurde am 23. Juli 2015 geführt. Für die Endfassung musste es natürlich zusammengekürzt werden.
Dementsprechend gibt es einige „Outtakes“, die es nicht in das publizierte Interview (zu finden hier) geschafft haben. Da aber trotzdem einige interessante Antworten dabei waren, gibt es hier ergänzend einige Fragen und Antworten, die so bislang noch nicht veröffentlicht wurden.
Frage: Nach Ihrem ESC-Sieg im vergangenen Jahr lag der Fokus erst mal auf anderen Dingen als der Musik, oder?
Conchita Wurst: In der öffentlichen Wahrnehmung ja. Die Musik habe ich im Hintergrund gemacht. Natürlich war das für die Außenwirkung nicht so präsent, denn ich habe mich ja nicht dabei filmen lassen, wie ich die Songs eingesungen habe. Aber jetzt ist das Album draußen und ich singe regelmäßig.
Frage: Wie haben Sie ihre Schulzeit erlebt?
Conchita Wurst: Es macht keinen Spaß, ein Teenager zu sein. Da ist es egal, ob man eine andere Sexualität hat als der Rest der Klasse oder ob man rote Haare, eine Zahnspange oder eine Brille hat. Wir haben am Ende des Tages alle unsere Kämpfe mit uns selbst ausgetragen. Weil man in der Pubertät einfach unsicher ist. Das war ich auch. Aber ich bin drüber weg und habe für mich beschlossen: Wenn ich mir aussuchen kann, ob ich mich mit Negativität beschäftige, dann beschäftige ich mich nicht damit. Im Leben passieren leider sowieso genug Dinge, mit denen man fertig werden muss.
Frage: Als Conchita ist Ihnen also völlig egal, was andere über Sie denken?
Conchita Wurst: Es ist mir auch als Tom völlig egal.
Frage: Wie war es für Sie, beim ESC in Wien als Moderatorin tätig zu sein?
Conchita Wurst: Das hat viel Spaß gemacht. Ich war natürlich auch in einer Situation, in der ich keine wichtigen Informationen transportieren musste. Ich konnte gute Laune verbreiten und einfach ein bisschen quasseln.
Frage: Es gab beim diesjährigen ESC eine Szene, die besonders in Erinnerung geblieben ist: Russland lag zwischenzeitlich vorne und im Pressezentrum hielten einige schon die Luft an, weil sie fürchteten, zum nächsten ESC nach Russland reisen zu müssen. Dann haben Sie sich neben die russische Kandidatin gesetzt. War das eine bewusste Handlung?
Conchita Wurst: Der Ablauf der Situation war so: Meine Moderatoren-Kollegin Arabella Kiesbauer sollte sich zu den Zweitplatzierten setzen und ich sollte zu denen gehen, die gerade in Führung liegen. Es war also reiner Zufall, es war der Ablauf der Sendung. Dass es Russland sein würde, wusste ich vorher natürlich nicht. Für mich war es aber toll, mit der russischen Künstlerin sprechen zu können vor den vielen Zuschauern. Es war mir wichtig, zu betonen, dass sie eine unfassbar großartige Sängerin ist – und keine Politikerin. Und deswegen hatte sie es nicht verdient, in diesem Rahmen Buhrufe zu kassieren.
Frage: Haben Sie die Ängste der Leute verstanden?
Conchita Wurst: Natürlich habe ich die Ängste der Leute verstanden. Aber ganz ehrlich: Was hätte Russland denn machen sollen, wenn wir alle angereist wären? Gar nichts wäre passiert.
(Das Foto ist ebenfalls ein „Outtake“: Es entstand am roten Teppich beim ESC-Empfang am Rathaus in Wien am 17. Mai 2015 im Rahmen der Berichterstattung für t-online.de.)