INTERVIEW: Nathan Trent

Der österreichische Sänger Nathan Trent stand vor fünf Jahren auf der großen ESC-Bühne, aber erst jetzt kommt sein Debüt-Album „The Stages Of Change“. Mehr dazu verrät er im Interview.

Nathan Trent

Beim Eurovision Song Contest 2017 in Kyjiw vertrat Nathan Trent Österreich mit „Running On Air“. Im Anschluss gab es immer wieder Singles von ihm zu hören, am 01. April 2022 folgt mit „The Stages Of Change“ endlich ein Album.

Im Interview mit bleistiftrocker.de spricht Nathan Trent unter anderem über seinen Umzug nach Deutschland, seine Erinnerungen an die Zeit beim ESC und seine neuen Songs.

 

bleistiftrocker.de: Wie kommt es, dass du inzwischen in Berlin lebst?

Nathan Trent: Ich bin eines Tages einfach aufgewacht und habe gesagt: ‚Ich ziehe jetzt nach Berlin.‘ Dann war ich letztes Jahr im Sommer ein bisschen schnuppern, so ein oder zwei Wochen. Und habe gesagt: ‚Das ist absolut meine Stadt, da geht es jetzt hin.‘ Das habe ich einfach beschlossen und hatte dann auch wahnsinnig viel Glück mit der Wohnungssuche. Ich wohne im Prenzlauer Berg, eine sehr schöne Gegend, ich liebe es dort. Meine Tour findet allerdings in Österreich statt. Es wird jetzt das Ziel sein, auch in Berlin eine Fangemeinde aufzubauen.

Du bist 2017 beim Eurovision Song Contest erstmals so richtig in Erscheinung getreten. Was ist seitdem bei dir passiert?

Ich bin 16. geworden und das war toll, denn das einzige Ziel war, ins Finale zu kommen. Alles darüber hinaus war on top. Dann begann bei mir so eine kleine Findungsphase. Ich bin für zwei Jahre nach London gezogen und habe dort ganz viel geschrieben und viel live performt. Zwischendurch war ich auch immer wieder in Italien, ich bin ja Halb-Italiener. Ich habe auch in Italien gelebt und dann auch in Los Angeles, es war also eine sehr aufregende Zeit. Kurz bevor die Pandemie losging bin ich nach Wien gezogen. Dort hatte ich sehr viel Zeit, Sachen zu machen. Ich war zwischendurch noch Juror bei der österreichischen Version von „The Masked Singer“ und habe mich künstlerisch einfach sehr weiterentwickeln können. Ich habe über 100 Songs geschrieben und dann wurde es langsam mal Zeit für ein Album. Ich hatte noch nie eins, ich habe immer wieder Singles releast, die in Österreich sehr gut und sehr viel im Radio gelaufen sind. Das Schöne ist, dass ich mein Ziel erreicht habe, von der Musik leben zu können.

Bevor wir über dein neues Album sprechen, noch ein kurzer Blick zurück: Was ist dir von deinen drei Minuten im ESC-Finale noch in Erinnerung?

Ich war lustigerweise bei den Proben so nervös, dass Leute zu mir kamen und meinten: ‚Ist alles okay? Du bist so anders.‘ Und anscheinend war ich so konzentriert, dass ich alles richtig mache, dass ich mich von den Proben eigentlich an gar nichts erinnern kann. Und dann habe ich mir beim Auftritt gesagt: ‚Weißt du was? Vergiss das jetzt alles, das sind deine drei Minuten, die dir keiner mehr nehmen kann.‘ Ich weiß noch jeden Moment: Wie die Bühne aufgebaut wurde, wo ich wann hingegangen bin, wo ich in welche Kamera geschaut habe. Ich kann mich sehr gut an den Moment erinnern, weil ich einfach so präsent war. Das kann mir keiner nehmen. Und es waren einfach 200 Millionen Leute, die da zugeschaut haben. Es ist ein unvergessliches Erlebnis und ich bin sehr stolz drauf.

Der ESC fand damals ja in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw statt. Wie hast du die Stadt damals erlebt und wie ist das jetzt rückblickend für dich, wenn du die heutige Situation siehst?

Es ist schrecklich, wenn man sieht, was da gerade passiert. Die Leute waren so lieb und weltoffen und wollten einfach nur ihre Stadt präsentieren und zeigen, was sie alles haben. Wir haben sogar eine Tour gemacht. Ich bin mit den Leuten, die mich damals betreut haben, noch in Verbindung und es geht ihnen zum Glück gut. Ich hoffe einfach nur, dass es bald aufhört und wieder friedlich ist.

Eine letzte Eurovision-Frage: Was hältst du vom diesjährigen österreichischen Song „Halo“?

Ich habe da ein Mal kurz reingehört. Ich finde, dass es sehr international klingt. Ich finde es super, weil LUM!X wie ich Halb-Italiener ist. Es ist gut, dass immer wieder neue und frische Musik dorthin geschickt wird. Ich verfolge es nicht mehr so, wie ich es damals in meinem Jahr natürlich getan habe, aber es ist immer schön zu wissen, dass dadurch neue Künstler entdeckt werden.

„Es hat sich einfach richtig angefühlt“

Dann kommen wir jetzt zu deinem neuen Album „The Stages Of Change“. Du hast bereits angesprochen, dass du lange Zeit nur Singles veröffentlicht hattest. Warum hat es so lange gedauert, mal ein Album zu machen?

Ich habe mich sehr lange selbst gemanagt und hatte auch kein Label. Nach dem Song Contest habe ich versucht, mit ein paar Leuten zusammenzuarbeiten und das hat gar nicht funktioniert. Ich hatte einfach sehr klare Vorstellungen. Deswegen habe ich sehr viel ausprobiert. Als ich mit meinem Team zusammengefunden habe, habe ich gesagt, dass ich gerne mal eine Linie hätte. Und das hat schon auch sehr lange gedauert, bis wir uns gefunden haben. So ab dem ersten halben Jahr habe ich dann auch angefangen, andere Arten von Songs zu schreiben. Dann kam „Growing Pains“, die erste Single-Auskopplung. Da habe ich gemerkt, dass es in die Indie-Pop-Richtung geht, aber auch R’n’B dabei ist. Und ich habe so meinen eigenen kleinen Sound gefunden. Obwohl es nie geplant war, habe ich dann gesagt: ‚Ich glaube, ich will ein Album draus machen.‘ Ich hatte so viele Songs, es hat sich angeboten.

Und wie bist du dann an die Sache herangegangen?

Im Endeffekt war es dann so, dass ich ein Konzept gefunden habe. Das Album heißt ja „The Stages Of Change“, was so viel bedeutet wie „Die Phasen der Veränderung“. Und „The Stages“ kann man ja auch wörtlich für die Bühnen verwenden – es ist sehr viel dahinter. Das Konzept besteht darin, dass es zehn Schritte gibt, bis der Mensch die Veränderung gemacht hat. Und ich dachte mir, dass jeder von einem Song repräsentiert werden kann. So habe ich es dann umgesetzt. Es gibt keinen Titel, der „The Stages Of Change“ heißt, aber es wird so oft das Thema Veränderung in den Songs angesprochen, dass es sich einfach richtig angefühlt hat. Und jetzt habe ich ein fertiges Produkt.

Im Pressetext steht, dass du „optisch und musikalisch erwachsen geworden“ bist. Wie äußert sich das?

Ich trage jetzt Hemden. (lacht) Ich glaube, dass meine Musik jetzt auch zu meinem Äußeren passt – und umgekehrt. Mein Auftreten wirkt auch vielleicht ein bisschen mehr wie jemand mit Ende Zwanzig. Es fühlt sich alles einfach erwachsener an. Ich habe davor Pop gemacht und jetzt bin es ich, ich mache es niemandem nach. Ich lasse mich höchstens inspirieren, aber ich versuche nicht, irgendeine Kategorie zu erfüllen.

Dein Song „Faith“ dreht sich um deine nicht so guten Erfahrungen in der Musikindustrie. Was steckt dahinter?

„Faith“ handelt davon, dass es einfach mühsam ist, wenn man sich immer beweisen muss. Bevor ich mein Team kennengelernt habe war ich kurz davor, die Musik an den Nagel zu hängen. Ich habe mich gefragt, für wen ich das mache und wen ich beeindrucken muss. „Faith“ war dann der erste Song, der nach mir geklungen hat. Ich hatte die Hoffnung und das Vertrauen verloren, das ich mir durch den Song wieder ersungen habe, wenn das Sinn ergibt. Mit dem Song motiviere ich mich einfach immer wieder selbst.

„Es sind ganz viele versteckte Messages drin“

Du hast auf „The Stages Of Change“ auch Songs über Ängste oder Liebeskummer. Ist es schwer für dich, solche Tracks zu schreiben und sie auf der Bühne zu singen – oder ist es eher eine Befreiung?

Absolut eine Befreiung. Als Künstler singst du ja ein bisschen dein Tagebuch, wenn du wirklich authentisch das schreibst, was du denkst. In meinem Fall ist das mein Ventil, um mich auszudrücken. Da sind ganz viele versteckte Messages drin, ganz viele Informationen, die völlig frei interpretierbar sind. Mir ist es einfach ein Anliegen, es mir von der Seele zu singen. Und jedes Mal, wenn ich den Song singe, ist es einmal mehr verarbeitet.

Du bist erst mal nur in Österreich auf Tour. Wann sehen wir dich denn in Deutschland auf der Bühne?

Ich hoffe bald. Meine Band und ich sind absolut bereit dafür, wir haben ein wahnsinnig cooles Programm. Ich kann es kaum erwarten zu spielen. Spotify sagt bei mir, dass Berlin, München und Hamburg die stärksten Streaming-Städte sind, da werden wir sicher mal was machen. Realistisch ist es gegen Ende des Jahres.

 

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Foto: Fabian Holoubek

 

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