Die norwegische Sängerin Sigrid steht kurz vor dem Release ihres zweiten Albums. Wir haben uns mit ihr unterhalten.
Im Zoom-Interview mit bleistiftrocker.de spricht Sigrid unter anderem über ihre Kollaboration mit Bring Me The Horizon, ihr neues Album „How To Let Go“ und ihre kommende Tour.
bleistiftrocker.de: Du hast kürzlich eine Single mit Bring Me The Horizon veröffentlicht. Wie kam es dazu?
Sigrid: Es ist eine ungewöhnliche Kollaboration. Aber ich mochte es sehr. Ich überrasche die Menschen einfach gerne mit dem, was ich tue. Aber es ist ganz einfach passiert: Sie sind offenbar seit einigen Jahren Fans von mir und ich bin ebenfalls seit Jahren Fan von ihnen. Wir haben nur einfach nie darüber gesprochen, weil wir uns nicht so gut kannten. Letztes Jahr beim Reading Festival habe ich dann Jordan, den Keyboarder und Songwriter der Band, getroffen. Und dann haben wir gesagt: ‚Wir sollten zusammen ins Studio gehen, das wäre ein Spaß. Warum nicht?‘ Ich war sehr aufgeregt und wir haben uns dann einige Wochen später im Studio getroffen – Jordan, Oli Sykes und ich. Sie hatten ein Demo von „Bad Life“ und ich mochte den Song, er hat mich direkt angesprochen. Es geht um mentale Gesundheit, die Message des Songs ist, dass es vorübergeht, wenn du durch eine schwere Zeit gehst. Ich bin sehr stolz, mit ihnen zu arbeiten.
Der Song hatten nach nur zwei Tagen schon die Millionen-Marke auf YouTube geknackt. Interessierst du dich für solche Zahlen?
Ich habe schon den Wettbewerbsgedanken. Also ja, es interessiert mich. Aber auch nicht zu sehr. Das Wichtigste ist, dass ich den Song liebe und sehr stolz darauf bin. Und es ist toll, die Reaktionen zu sehen.
Kannst du dein neues Album „How To Let Go“ in einigen Sätzen zusammenfassen?
Es ist ein Album, auf dem ich versuche, das Loslassen zu lernen. Es sind viele Nachrichten, die ich an mich selbst schreibe. Aber ich denke immer: Wenn ich mich so fühle, wird es vielen anderen Menschen genauso gehen. „Mistake Like You“ handelt beispielsweise davon, etwas zu akzeptieren, das vor vielen Jahren passiert ist und danach weiterzumachen und alles als eine Lektion zu begreifen. Und dann gibt es Songs wie „Risk Of Getting Hurt“: Sich einfach nur unter einer Decke verstecken und es sich gemütlich machen wollen. Ich mag es einfach, ein ruhiges Leben zu führen. Meine andere Seite liebt es allerdings, überall auf Bühnen rumzurennen, zu reisen und alles zu sehen. Es gibt Liebeslieder, Trennungslieder und alles dazwischen. Es ist einfach ein „Ich bin in meinen Zwanzigern“-Album.
Hat das Album denn auch einen Pandemie-Hintergrund?
In den Texten nicht, denke ich. Aber es hat sicherlich die Art beeinflusst, wie das Album geschrieben wurde. Wir haben mit dem Schreiben im Januar und Februar 2020 in L.A. angefangen, beispielsweise mit „Grow“, „It Gets Dark“ und „Mirror“. Aber vieles wurde in Kopenhagen geschrieben. Ich konnte nirgends anders hinreisen, aber zwischen Norwegen und Dänemark gab es diesen Reisekorridor. Ein Großteil des Albums ist also in einer ruhigeren Umgebung und langsamer entstanden, als es normalerweise der Fall gewesen wäre. Mein Debüt „Sucker Punch“ ist damals zwischen dem Touren entstanden. Ich war ständig unterwegs, habe morgens Promo gemacht und dann mittags geschrieben und dann ging es schon weiter. Es war sehr hektisch und sehr viel. Dieses Mal war es ein sehr viel ruhigerer Prozess. Das ist auch eine Lektion, die ich für mich aus den vergangenen zwei Jahren mitnehme: Wenn ich Musik kreiere, sollte ich versuchen, mir eine Bubble zu schaffen. Das nehme ich auch für mein drittes Album mit. Aber zuerst gehe ich überall hin auf Tour mit „How To Let Go“.
Stichwort „Musik kreieren“: Was muss ein guter Popsong deiner Meinung nach haben?
Ich habe einige Tests, die ich mache. Wenn du das Studio verlässt oder den Raum, in dem du geschrieben hast – egal, ob du spazieren gehst oder ins Bad – und zurückkommst und dich noch an die Hookline erinnerst, ist das schon mal ein gutes Zeichen. Der nächste Test ist, ob du beim Aufwachen am Tag danach noch sofort die Hook oder einen anderen Teil des Songs im Kopf hast. Und wenn du dich gar nicht mehr an die Strophen erinnern kannst, musst du sie vielleicht neu schreiben, weil es nicht hängengeblieben ist. Der dritte Test ist, dass ich alle unsere Songs am Klavier spiele und checke, dass es auch akustisch funktioniert. Denn ich denke, dass eine schöne Produktion dich über vieles hinwegtäuschen kann. Ich mag zwar auch Songs, bei denen die Produktion die Hauptsache ist. Aber bei meinen eigenen Sachen mache ich immer den Akustik-Piano-Test.
Du hast eine kleine Promo-Tour durch Plattenläden in Großbritannien angekündigt. Welche Beziehung hast du zu solchen Plattenläden?
Am meisten freut es mich, wieder Leute treffen zu können. Ich habe die Fans meiner Musik lange nicht gesehen. Ich werde Akustik-Sets spielen und Autogramme schreiben. Ich bin 1996 geboren, also bin ich mit Streaming aufgewachsen. Aber natürlich auch mit CDs, sie haben in meiner Kindheit eine große Rolle gespielt. Meine Eltern hatten ein kleines Regal mit all ihren CDs und ich habe es geliebt, mir die Cover anzuschauen. Das ist eine Kindheitserinnerung von mir. Ich erinnere mich an den Plattenladen in meiner Heimatstadt, wo ich meine erste CD gekauft habe. Das war „Mylo Xyloto“ von Coldplay. Ich gehe einfach gerne in Plattenläden, wenn ich unterwegs bin. Ich mag den Vibe, der dort herrscht. Es läuft immer gute Musik und ich wühle mich einfach gerne durch die ganzen Vinyl-Platten. Das ist aber eine sehr visuelle Sache für mich, mich inspirieren Album-Artworks.
Natürlich steht auch eine Clubtour an inklusive zweier Shows in Deutschland. Was können wir erwarten?
Sehr viel Energie. Wir waren so lange nicht auf Tour und ich fühle, dass ich dabei am besten und glücklichsten bin. Ich liebe das Touren einfach sehr, es ist die beste Sache auf der Welt. Wir spielen natürlich alle neuen Songs. Ich lerne gerade die Texte und ich hoffe die Leute lernen sie auch, damit wir zusammen singen können.
Eine deiner früheren Klassenkameradinnen, Amanda Georgiadi Tenfjord, nimmt gerade am Eurovision Song Contest teil – für Griechenland. Was sind deine Erinnerungen an die gemeinsame Zeit?
Wir haben gerade erst vor einigen Wochen telefoniert. Wir waren im Alter von 16 bis 18 in einer Klasse und auch im selben Freundeskreis. Sie ist wirklich wundervoll, ich kenne sie jetzt schon länger. Ich drücke ihr so sehr die Daumen, ihr Song ist toll. Sie wird sehr gut abschneiden. Also stimmt alle für Amanda ab!
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Foto: Universal Music
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