Der Tag des Konzerts von Brett Anderson in Köln beginnt ernüchternd: Am Mittag sagt der 42-Jährige die Interviews im Luxor ab. Die Fragen nach seinem neuen Soloalbum „Slow Attack“ und der überraschenden Suede-Reunion bleiben unbeantwortet – Brett Anderson lässt lieber den Auftritt am Abend für sich sprechen.
Und dieser hält einige Überraschungen bereit: Während Brett Anderson in den letzten Jahren zumeist solo unterwegs war und seine Songs am Klavier oder an der Gitarre präsentierte, hat er heute eine komplette Band mitgebracht. Davon, dass seine eigentlich sehr ruhigen Songs auch in einem solchen Gewand große Wirkung erzielen, hat er die Zuhörer trotz nicht immer guter Akustik im prallgefüllten Luxor schnell überzeugt.
Bereits bei „The Hunted“ hat Brett Anderson das Publikum im Griff – im wahrsten Sinne des Wortes. Dutzende Hände werden dem ehemaligen Suede-Frontmann entgegen gestreckt, als er am Bühnenrand herumtänzelt. Überhaupt fegt der Brite an diesem Abend regelrecht über die Bühne und sprüht nur so vor Energie. Die hat er schließlich auch bei den Besuchern im Luxor ausgemacht: Ein Konzert sei nicht wie Kino oder Theater, sondern wie beim Fußball auf den 12. Mann angewiesen. Und der 12. Mann ist an diesem Abend begeistert.
Musikalisch tobt sich Brett Anderson zunächst mit einer Reihe Songs von „Slow Attack“ aus, bevor er die wirklich überzeugenden Geschütze auffährt. Dazu gehört unter anderem „The Empress“, der einzige Songs, den er solo mit Gitarre vorträgt und den er als „Song über die Musikindustrie“ ankündigt.
Auch „Chinese Whispers“ singt er noch auf einem Barhocker sitzend, bevor die Rockshow wieder richtig Fahrt aufnimmt und im grandiosen „Love Is Dead“ seinen Höhepunkt findet. Nach einer 90-minütigen Energieleistung (da wären wir wieder beim so treffenden Fußballvergleich) beendet Brett Anderson die Show mit den Zeilen „And when the pigs fly, and when the planets die, that’s when I come back to you“. So lange müssen die Fans auf eine Rückkehr ihres Helden sicherlich nicht warten. Ob es diese Rückkehr vielleicht sogar mit Suede geben wird, steht allerdings noch in den Sternen.
(Im Original erschienen bei triggerfish.de am 28. Januar 2010.)
Foto: Silvia Süß