KONZERT-REVIEW: Eurovision in Concert

Klassentreffen in Amsterdam: Wie in jedem Jahr haben sich einige Wochen vor dem großen Finale des Eurovision Song Contest viele der diesjährigen Künstler zu einem Vorab-Konzert in Amsterdam getroffen. Wir analysieren die Auftritte jedes einzelnen Kandidaten beim Eurovision in Concert.

Eurovision In Concert

 

Eugent Bushpepa – Mall (Albanien)

Der Albaner war bisher noch auf keinem Pre-Event zu sehen, deshalb wurde sein Auftritt mit besonderer Spannung erwartet. Und er enttäuschte nicht: Seine Rocknummer baut sich stark auf, seine Stimme ist eine der besten im diesjährigen Contest. Da er im starken ersten Halbfinale von Lissabon antreten muss, könnte die Final-Qualifikation für ihn dennoch schwierig werden.

 

Sevak Khanagyan – Qami (Armenien)

Eine Ballade in Landessprache kann ein starkes Element im Contest sein. Bei Sevak Khanagyan kommt das aber nicht richtig zur Geltung, weil der Song sich einfach nicht stark genug entwickelt.

 

Jessica Mauboy – We Got Love (Australien)

Australien ist seit einigen Jahren Bestandteil des ESC und schickt auch in diesem Jahr wieder eine etablierte Künstlerin. Jessica Mauboy merkte man diese Erfahrung auch in Amsterdam an. Ihr Song ist sehr schön und hat, genau wie die Sängerin, eine sehr positive Ausstrahlung.

 

Cesár Sampson – Nobody But You (Österreich)

Der österreichische Kandidat Cesár Sampson hat eine wohlig-warme Stimme, die auch beim Eurovision in Concert besonders auffiel. Und dennoch hat man das Gefühl, dass hier noch mehr zu holen gewesen wäre – mit einem besseren Song.

 

Alekseev – Forever (Weißrussland)

Osteuropa-Pop als Wundertüte: Bei Alekseev ist man auch nach dem Auftritt in Amsterdam nicht schlauer, wie es für ihn in Lissabon aussehen wird. Solide Performance, die aber vermutlich keine großen Bühnen-Elementen mehr dazu bekommt und es deshalb schwer haben könnte.

 

Sennek – A Matter Of Time (Belgien)

Sennek ist eine Kandidatin für die vorderen Plätze, ihre Bond-Ballade „A Matter Of Time“ kann auch live einiges. Kein überragender, aber ein sehr guter und solider Auftritt.

 

Equinox- Bones (Bulgarien)

Einen der besten Auftritte an diesem Abend lieferten Equinox aus Bulgarien. Ihr Song „Bones“ ließ niemanden in der Halle kalt, so inbrünstig boten sie ihn dar. Das alles mit (einmaliger) Unterstützung des letztjährigen Zweitplatzierten Kristian Kostov. Auch in diesem Jahr ist Bulgarien damit ein heißer Anwärter auf die Top Ten. Übrigens: Beim Presse-Event am Nachmittag vor dem Konzert summte auch der deutsche Kandidat Michael Schulte den Song seiner bulgarischen Kollegen zwischen den Interviews vor sich hin.

 

Mikolas Josef – Lie To Me (Tschechien)

Der Tscheche Mikolas Josef ist einer der Favoriten auf den Sieg in Lissabon. Sein Song ist frisch und frech, das bewies er auch in Amsterdam, als er tanzend und mit Rucksack (der beim ESC dann eine besondere Rolle spielen soll) über die Bühne fegte. Aber ob das schon eine Sieger-Performance war? Eher nicht.

 

Rasmussen – Higher Ground (Dänemark)

Den dänischen Vorentscheid gewann Sänger Rasmussen mit einer Art Kurz-Musical, das er zu seinem Song aufführte. In Amsterdam war er dagegen alleine und ohne aufwändiges Bühnenbild unterwegs – und das stand ihm extrem gut. Er wirkte nicht in einer Rolle gefangen, sondern sehr sympathisch. Der epische Refrain seines Songs tat sein Übriges.

 

Eye Cue – Lost And Found (Mazedonien)

Eye Cue fliegen in diesem Jahr etwas unter dem Radar, das hat auch Eurovision in Concert nicht geändert. Eher im Gegenteil, denn in der Masse der zum Teil starken Beiträge ging ihr „Lost And Found“ ziemlich unter.

 

Saara Aalto – Monsters (Finnland)

In engen Leder-Klamotten legte die finnische Sängerin Saara Aalto einen regelrechten Power-Auftritt hin. Bei ihr darf man besonders gespannt sein, welche Elemente noch auf der Bühne in Lissabon hinzugefügt werden. Ihre Präsenz und ihre Stimme sind jedenfalls sehr eindrucksvoll.

 

Madame Monsieur – Mercy (Frankreich)

Der Auftritt von Madame Monsieur geriet zu einer ganz speziellen Performance: Weil die eigentliche Sängerin des französischen Duos krank daheim geblieben war, schaffte sich Kollegin SuRie aus Großbritannien in wenigen Stunden einen englischen Text zum Song drauf und trat mit dem französischen Gitarristen auf. Ein Gänsehaut-Moment, zumal es in dem Stück um ein Flüchtlingsmädchen geht. Lässt in dieser Version aber natürlich wenig Rückschlüsse auf den französischen Auftritt in Lissabon zu.

 

Michael Schulte – You Let Me Walk Alone (Deutschland)

Der deutsche Kandidat Michael Schulte war der nächste, der für Gänsehaut bei den Besuchern der Afas-Live-Arena in Amsterdam sorgte. Seine emotionale Ballade „You Let Me Walk Alone“ inklusive einem sehr reduzierten und dennoch sympathischen Auftritt ließ kaum einen kalt. Ein starkes Zeichen, auch für Lissabon.

 

AWS – Viszlát Nyár (Ungarn)

Metal beim Eurovision? Spätestens seit Lordi nicht mehr allzu ungewöhnlich. In diesem Jahr vertreten AWS diesen harten Stil. Beim Eurovision in Concert waren sie damit ein Farbtupfer, das wird beim eigentlichen Contest nicht anders sein. Ob sie mit ihrer Art von Musik ein breites Publikum überzeugen können, muss man abwarten.

 

Ari Ólafsson – Our Choice (Island)

Ein junger Isländer mit einer Weltverbesserer-Ballade – so lassen sich Ari Ólafsson und sein Song „Our Choice“ beschreiben. Der 19-Jährige wirkte auch in Amsterdam sehr sympathisch, nur sein Beitrag ist leider einer der schwächsten in diesem Jahr.

 

Ryan O’Shaughnessy – Together (Irland)

Ähnlich verhält es sich mit dem irischen Song. Ryan O’Shaughnessy mag ein talentierter Musiker sein, aber auf der großen Bühne ist er mit seiner langweiligen Ballade „Together“ leider ziemlich verloren.

 

Netta – Toy (Israel)

Netta aus Israel ist aktuell die Favoritin auf den Sieg beim ESC 2018. Beim Eurovision in Concert trat sie eher reduziert auf, auf der Bühne nur sie und ihr Pult für die Vocal-Loops. Und dennoch brachte sie den Saal zum Kochen und bestach auch mit einem extravaganten Outfit. Das alles sollte ihrer Aussage zufolge nur ein Teaser für das sein, was sie in Portugal auf die Bühne bringen wird. Man darf gespannt sein!

 

Laura Rizzotto – Funny Girl (Lettland)

Laura Rizzotto wird vorab nicht allzu hoch gehandelt. Beim Eurovision in Concert überzeugte sie gesanglich und auch ihr Song ist voller Spannung und erinnert an Lana del Rey. Unverständlich, dass sie womöglich eine Kandidatin dafür ist, bereits im Halbfinale auszuscheiden.

 

Ieva Zasimauskaitė – When We’re Old (Litauen)

„When We’re Old“ ist eine niedliche Ballade, die es auf der großen Bühne schwer haben wird – das hat man schon auf der mittelgroßen Bühne in Amsterdam sehen können. Ieva Zasimauskaitė kommt sehr sympathisch rüber, aber das dürfte kaum genug sein.

 

Christabelle – Taboo (Malta)

Der Song von Christabelle braucht leider etwas, bis er richtig Gas gibt – das fiel auch in der Afas-Live-Arena auf. Vielleicht könnte das zu wenig sein, um in Lissabon groß aufzutrumpfen.

 

DoReDos – My Lucky Day (Moldawien)

Wenn sich Sieger Salvador Sobral im vergangenen Jahr in seiner Siegesrede über Fast-Food-Musik beschwert hat, sollte er sich lieber nicht den diesjährigen Beitrag aus Moldawien anhören. Musikalisch wie optisch wirkt er komplett aus der Zeit gefallen, der Song reiht eher wirr Zeilen aneinander. Dürfte sehr sicher im Halbfinale kleben bleiben.

 

Vanja Radovanović – Inje (Montenegro)

Während Balkanpop beim ESC häufig das Niveau von vogonischer Dichtkunst hat, sind Balkanballaden immer wieder ein Lichtblick. Dafür sorgt in diesem Jahr Vanja Radovanović, dessen Song „Inje“ sich herrlich steigert und in Landessprache gesungen wird. Leider fehlt es dem Sänger etwas an Ausstrahlung, sodass es mit dem Finaleinzug in Lissabon schwierig werden könnte.

 

Gromee feat. Lukas Meijer – Light Me Up (Polen)

Zwar ist ein DJ-Pult auf der Bühne beim ESC, wo außer den Stimmen alles vom Band kommt, immer etwas seltsam. Und dennoch muss man Gromee und Lukas Meijer zugestehen, dass sie mit ihrem Song in Amsterdam für gute Laune gesorgt haben. Einer der besten Auftritte des Abends.

 

Jessika featuring Jenifer Brening – Who We Are (San Marino)

Ein Finaleinzug von San Marino in Lissabon wäre eine Sensation, das hat auch der Auftritt beim Eurovision in Concert gezeigt. Der Song ist schwach auf der Brust, der Rap-Part, den übrigens die Deutsche Jenifer Brening beisteuert, passt überhaupt nicht rein.

 

Sanja Ilić & Balkanika – Nova Deca (Serbien)

Sanja Ilić & Balkanika sind eigentlich sechs Musiker, in Amsterdam waren sie allerdings nur zu dritt auf Bühne. Auch sie singen in Landessprache und machen das solide, richtig hervor stachen sie mit ihrem Song „Nova Deca“ jedoch nicht.

 

Lea Sirk – Hvala, ne! (Slowenien)

Kein Refrain krepiert in diesem ESC-Jahrgang so schön wie der slowenische: Lea Sirk hüpft dazu über die Bühne und verleiht ihren Worten „Danke, nein!“ deutlichen Nachdruck. Trotzdem eher eine Enttäuschung.

 

Amaia & Alfred – Tu Canción (Spanien)

Musik für Menschen mit Pärchen-Mailadressen: Amaia & Alfred singen eine Liebesschnulze und stehen dabei zumeist eng umschlungen auf der Bühne. Keine überraschende Bühnenshow, aber klar wurde dennoch: Diese Art von Auftritt kann man nur lieben oder hassen.

 

Benjamin Ingrosso – Dance You Off (Schweden)

Der Schwede Benjamin Ingrosso war mit einem sehr seltsamen Outfit unterwegs: Kapuzenpulli, gesteckt in eine Anzughose. Dazu hatte er seltsame Hüftschwünge drauf. Vielleicht gar nicht so schlecht, um von einem für schwedische Verhältnisse eher mäßigen Song abzulenken. Vielleicht aber auch eine Spur zu affig.

 

ZiBBZ – Stones (Schweiz)

In der Studio-Version kein Kandidat für eine hohe Platzierung, aber beim Eurovision in Concert überraschte das Geschwisterpaar aus der Schweiz mit einem starken Auftritt und nahm dabei auch das Publikum mit. Live haben die ZiBBZ also entscheidende Prozentpunkte draufgelegt.

 

Waylon – Outlaw In ‚Em (Niederlande)

Holland goes Johnny Cash: Waylon war 2014 ein Teil der Common Linnets, jetzt nimmt er solo am ESC teil. Sein Song ist staubig im besten Country-Sinne, auch optisch gibt er genau das her. Als Lokalmatador durfte er den Abend in Amsterdam beschließen.

 

Melovin – Under The Ladder (Ukraine)

Melovin aus der Ukraine ist einer von vielen Teilnehmern, die über eine Talentshow nach oben gekommen sind. Entsprechend sicher bewegt er sich auf der Bühne, entsprechend gut ist sein Gesang. Spannender Song, der es weit nach oben schaffen könnte.

 

SuRie – Storm (Großbritannien)

Leider ist der Song der britischen Teilnehmerin SuRie einer der schlechtesten in diesem Jahr. Da sie automatisch für das Finale qualifiziert ist, ist sie damit leider eine heiße Kandidatin für einen der hinteren Plätze. Allerdings hätte sie das alleine aufgrund ihres großartigen Auftritts als Teil von Madame Monsieur aus Frankreich nicht verdient.

 

 

Hier kann man sich alle Songs des diesjährigen Eurovision Song Contest anhören.

One Comment on “KONZERT-REVIEW: Eurovision in Concert”

  1. Mein persönlicher Favorit ist der französische Beitrag mit „Madame Monsieur“ und dem Song „Mercy“. Schade das Sängerin Émilie Satt nicht dabei sein konnte. Ich werde mich mal überraschen lassen, wie der Song dann beim ESC angenommen wird.

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