Das vor zwei Jahren so hoffnungsvoll gestartete Tuckerville-Festival im niederländischen Enschede wächst sich in seiner dritten Ausgabe leider selbst über den Kopf.
„Ausverkauft.“ Wenige Stunden vor Festival-Start am 07. September 2019 vermelden die Tuckerville-Macher diesen Status voller Stolz. Im Nachhinein wirkt er wie eine Warnung für das, was sich auf dem Gelände „Het Rutbeek“ abspielen sollte.
Zunächst einmal heißt es: Stau. Selbst die Besucher, die großzügig direkt die Öffnung des Festivalgeländes um 12 Uhr angepeilt haben, verlieren gut und gerne eine Stunde, weil es zu den Parkplätzen nur quälend langsam vorangeht. Dort muss schließlich wichtig und umständlich die fällige Parkgebühr eingetrieben werden, was die Sache extrem aufhält.
Der nächste Schock ist die Einlasssituation: Der Eingang ist am Mittag hoffnungslos überfüllt, auch hier gibt es längere Wartezeiten. Wer Pech hat, verpasst mit Ilse DeLange und Duncan Laurence gleich die zwei spannendsten Acts des Festivals. Erstere eröffnet das Tuckerville mit einem kleinen Set, bevor sie als Initiatorin den ganzen Tag über auf Gelände (zum Beispiel bei einer Autogrammstunde) und Bühnen (zum Beispiel bei einem Gastauftritt mit Blöf) präsent ist. Zweiterer ist nach seinem Sieg beim Eurovision Song Contest 2019 erst spät ins Line-Up gerutscht und beweist im Zelt beim einem rund 45-minütigen Set am Mittag, dass er ein vielversprechender junger Künstler ist. Dass am Ende alle seinen Sieger-Song „Arcade“ feiern, ist aber auch klar.
Den ersten von zwei fetten Regenschauern gibt es direkt im Anschluss, die Leittragenden sind Bökkers auf der Hauptbühne. Im Zelt, wo viele Unterschlupf gesucht haben, profitieren dagegen die kraftvollen The Grand East.
Allerdings: Das Gelände ist den ganzen Tag über hoffnungslos überfüllt. Die Schlangen an den zahlreichen Fressbuden sind zum Teil absurd lang. Wer einen Act im Zelt oder der Scheune sehen will, muss sich rechtzeitig einen guten Platz sichern. Die Wege sind recht weit, sodass auch das Pendeln zwischen mehreren Künstlern nur schwer möglich ist.
Und auch der Plan, mehr deutsche Musikfans zum Festival kurz hinter der Grenze zu locken (immerhin hat die Homepage inzwischen eine deutsche Version), geht nicht wirklich auf. Bis auf den Headliner spielen auf der Hauptbühne nur niederländische Acts. Zudem ist die als einfachste Zahlmethode auf den Gelände propagierte App eine niederländische, die man sich aus dem deutschen App-Store gar nicht downloaden kann.
Dass Douwe Bob auf der Hauptbühne anschließend mehrfach mit komplettem Technik-Ausfall zu kämpfen hat, rundet dieses Bild ab. Hinzu kommt, dass der niederländische ESC-Teilnehmer von 2016 mit lädiertem Fuß auf die Bühne getragen wird und seinen Auftritt sitzend absolvieren muss. Das macht er zwar charmant, die Power von seinem 2017er-Auftritt beim Tuckerville sucht man jedoch vergeblich.
Genauso übrigens wie die angekündigten Konzerte am Lagerfeuer, die entweder komplett dem zwischenzeitlich schlechten Wetter zum Opfer fallen oder kurzfristig verlegt werden.
Zur Primetime den Deckel auf das Festival machen The Teskey Brothers, eine starke Folkrock-Band aus Australien, die das Zelt noch einmal zum Beben bringt. Und James Morrison auf der Hauptbühne, der mit seiner sympathischen Art und seinen radiotauglichen Songs für einen versöhnlichen Ausklang sorgt.
Nach dem starken Eindruck, den das Tuckerville-Festival zu seiner Premiere 2017 auf uns gemacht, herrscht nach diesem Samstag in Enschede allerdings Ernüchterung.