boygenius – the record (Review)

Vor ein paar Jahren gründeten Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus spontan boygenius und bewiesen da schon aus dem Stand, dass sie als Band funktionieren. 2018 hatten sie nur eine EP abgeliefert. Dieses Frühjahr legen sie mit einem Longplayer nach.

boygenius

Ein Gastbeitrag von Berthold Voitl

Im Vorfeld hatten die drei Songwriterinnen – vielleicht ungewollt – die Erwartungshaltung bei den Fans kräftig angeheizt. Denn die Vorab-Singles „20$“, „Not Strong Enough“, „Emily I’m Sorry“ und „True Blue“ hinterließen einen so starken Eindruck, dass man beim schlicht betitelten „the record“ mit einem kleinen Meisterwerk rechnen durfte.

Diesen Anspruch lösen sie mit den übrigen Songs ein. Der Opener – ein A-cappella-Stück – zeigt schon, dass die Stimmen der drei Songwriterinnen im Vordergrund stehen. Baker, Bridgers, Dacus bündeln ihre Kräfte, ihre Vocals und schaffen so einen größeren Klangraum. Die Songs gewinnen an Kraft, werden eindringlicher und präsenter. Im Track „20$“ nehmen uns die drei jungen Frauen mit auf die Reise zu einem Schrottplatz in Reno, wo Chevys auf Betonblöcken stehen. Der Trip kommt zu einem jähen Ende, musikalisch wird das zu einem Finale, in dem sich die drei Stimmen überlagern und Phoebe Bridgers schreiend 20 Dollar erfleht.

Background-Vocals geben Halt

Bei „True Blue“ thematisiert Lucy Dacus als Leadstimme die Suche nach Vertrauen, das Gefühl des Neuanfangs nach einem Umzug. Und verschweigt auch nicht die Verletzungen, die sie erfahren hat. „Not Strong Enough“ und „Emily I’m Sorry“ kreisen ebenfalls um das Thema (gescheiterte) Beziehungen. Von Emily am Ende der ersten Strophe als „fucking liar“ bezeichnet, ist Phoebe Bridgers getroffen. Im Refrain eilen ihr Baker und Dacus zur Seite, um der Entschuldigung mehr Nachdruck zu verleihen. Emotionaler und stimmlicher Support ergänzen sich hier.

Im ein oder anderen Fall sind es auch schlicht die Lyrics, die beim Zuhören Spaß machen: „Will you be an anarchist with me / sleep in cars and kill the bourgeoise / at least until you’ll find out what a fake I am“ (aus „Satanist“) oder der kleine Seitenhieb auf alte weiße Männer („I’m not an old man / having an existential crisis / … / writing horny poetry“ (aus „Leonard Cohen“).

„Cool About It“ verzaubert auf andere Weise. Der Song erinnert an den Sound von Simon & Garfunkel – die schlichte Eleganz und Klarheit jedenfalls sind bestechend. Angeführt von Julien Baker nehmen die drei Sängerinnen mit „Anti-Curse“ noch einmal die Energie auf, die wir schon bei „$20“ zu spüren bekommen haben, bevor Phoebe Bridgers mit dem leicht verstörenden „Letter to an Old Poet“ beginnt. Doch sie bleibt beim letzten Stück nicht lang allein. Nach 50 Sekunden bekommt sie Verstärkung von ihren Mitstreiterinnen und mit allen Stimmen an Bord klingt „the record“ versöhnlich aus.

 

Albuminfos boygenius – the record

boygenius - the recordKünstlerinnen: boygenius
Albumname: the record
VÖ: 31.03.2023
Label: Universal Music
xboygeniusx.com

 

Fotos: Shervin Lainez und Promo

 

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