Manchmal brauchen Dinge etwas länger. Oder, im Fall des Albums „Peace Or Love“ von den Kings Of Convenience: deutlich länger als geplant.
Denn die Songs, die letztlich auf dem Album gelandet sind, waren bereits 2016 geschrieben. Dann die Besonderheit: Erlend Øye und Eirik Glambek Bøe gingen mit den Tracks unter dem Namen „The Unrecorded Record“ auf Tour. Und dann wurde es wieder still um die Band, beide widmeten sich zwischenzeitlich Solo-Projekten.
Jetzt erblickt „Peace Or Love“ aber doch noch das Licht der Welt. Zahlreiche Aufnahme-Versuche haben die Kings Of Convenience unternommen, am Ende sind die Songs an vielen unterschiedlichen Orten entstanden. Als Gesamtwerk wirkt es trotzdem.
Die Reihenfolge ist nicht mehr ganz diesselbe wie seinerzeit bei den Konzerten: „Rumours“ hat „Comb My Hair“ als Opener verdrängt. Am Rand des Albums steht die Single „Fever“ – und tat das auch schon live. Der Song ist mit Abstand der leichtfüßigste und eingängigste von „Peace Or Love“, er beschreibt das Gefühl des Verliebtseins fast in einem Easy-Listening-Stil. Das ist eine schöne Auflockerung, aber untypisch für das Album an sich.
Denn es überwiegt, wie schon bei den drei Longplayern aus den Nullerjahren, die Melancholie, die zumeist durch zwei Stimmen und zwei akustische Gitarren kreiert wird. Von Anfang an sind Øye und Glambek Bøe die guten Freunde, die man so sehr vermisst hatte. Und bei denen man schlicht den Atem anhält, wenn sie gemeinsam Tracks wie „Ask For Help“ singen.
Ein Highlight ist aber ganz sicher „Rocky Trail“, das nicht zufällig die Comeback-Single war. Der traurig-schöne Track baut sich wundervoll auf, bis hin zu den Zeilen „I thought your shoes were good. I thought they would take you to the end of any road. I thought your back was strong. But I should have carried you to the top of the rocky trail.“
Das alles ist Ergebnis der Tatsache, dass sich die Statik innerhalb der Band in gewisser Hinsicht verschoben hat. Nomade Øye hat eine stabile Beziehung aufgebaut, während die Ehe des immer in der Heimatstadt Bergen gebliebenen Glambek Bøe nach über 20 Jahren ein Ende gefunden hat.
Deshalb ist er es auch, der den Albumtitel am besten erklären kann: „Wir sind so an den Ausdruck ‚Peace And Love‘ gewohnt, aber an einem Punkt muss man sich fragen: Kann ich beides haben? Und die Wahrheit ist: wahrscheinlich nicht. Es ist ein autobiografischer Titel. Es ist eine Sammlung der Schwierigkeiten, die wir in den vergangenen acht Jahren bewältigen mussten.“
Eine Künstlerin, die „Peaco Or Love“ zusätzlich veredelt hat, ist Leslie Feist. Mit der Kanadierin nahmen die Kings Of Convenience die Songs „Love Is A Lonely Thing“ und „Catholic Country“ auf. Beide stechen heraus, besondere Gänsehaut entsteht, wenn alle drei ganz sanft gemeinsam singen.
Am Ende machen die Kings Of Convenience das, was wir schon immer von ihnen kannten: sympathischen, warmen Folk-Pop. Der schmerzhaft lange Weg der Band und das ungeduldige Warten der Fans haben sich aber gleichermaßen gelohnt, denn dieses Comeback war tatsächlich überfällig.
Albuminfos Kings Of Convenience – Peace Or Love
Künstler: Kings Of Convenience
Albumname: Peace Or Love
VÖ: 18.06.2021
Label: Universal Music
kingsofconvenience.eu
Fotos: Salvo Alibrio und Promo
„Peace Or Love“ von Kings Of Convenience kaufen