INTERVIEW: klez.e

klez.e waren 2017 sehr aktiv: Anfang des Jahres erschien mit „Desintegration“ ein neues Album, dann ging es für das Trio ausgiebig auf Tour. Dabei entstand das Live-Album „November“, das es ab dem kommenden Freitag zu kaufen gibt. Wir haben uns vorab mit Bandkopf Tobias Siebert unter anderem über Festivals, Politik und neue Projekte unterhalten.

klez.e

bleistiftrocker.de: Hallo Tobias, wie kam es zu der Entscheidung, ein Live-Album zur klez.e-Tour zu machen?

Nach vier Alben ist es doch ein guter Zeitpunkt für eine Liveplatte. Aber viel stärker hat uns unsere aktuelle Livesituation dazu getrieben aufzuzeichnen. Während wir bei den vergangenen Alben versucht haben, die Plattenaufnahmen so original wie es nur geht auf der Bühne nachzuspielen, haben wir auf solchen Perfektionswahn bei „Desintegration“ komplett verzichtet. Die Setliste des jeweiligen Abends wird immer erst kurz vor dem Auftritt geschrieben und die Lieder können sich gerne zu 12-Minuten-Versionen auswachsen. Wir spielen gerade sehr befreit und immer etwas anders. Dieser Zustand schien uns perfekt zu sein für einen Mitschnitt. 15 Konzerte haben wir aufgenommen und ausgewertet, das hat mehrere Monate gedauert, war aber jede Minute wert.

Ihr habt im Sommer auch auf Festivals gespielt. Wie war das für euch zwischen all den Gute-Laune-Bands, die dort sonst so anzutreffen sind?

Wir schleichen da rum und schauen uns natürlich auch andere Bands an. Wir versuchen sogar möglichst früh auf dem Festivalgelände zu sein. Mich interessieren oft die frühen Bands sehr viel mehr. Die Qualität fällt häufig mit der Spielzeit gen Abend. Aber da gab es tolle Ausnahmen dieses Jahr. Maifeld Derby zum Beispiel. Das Lineup hat Spaß gemacht. Sometree und Gewalt in später Nacht noch nach Moderat war fantastisch.

Gibt es ein Konzert der vergangenen Tour, das euch besonders in Erinnerung geblieben ist?

Hamburg. Wir waren nach zwei Zugaben eigentlich schon umgezogen im Backstage, als jemand zur Tür hineinstürzte und sagte, dass die Leute immer noch klatschen und rufen. Da waren wir bereits mehrere Minuten von der Bühne verschwunden. Wir haben dann noch eine 10-Minuten-Version von „Im Raum mit Toten“ gespielt. Das war sehr schön und ein ohnehin sehr energiereicher Abend.

Mit „Raupe“ ist auch ein ganz neues Stück auf dem Live-Album. Was kannst du über den Song sagen?

Wir haben mit dem Lied schon während der Aufnahmen zu „Desintegration“ experimentiert. Allerdings passte es nicht mehr in die Reihenfolge und ich habe noch am Text geschrieben, als wir schon im Mix des Albums waren. Uns schien es perfekt, das Lied aufzuheben und später zu veröffentlichen. Auf der Tour haben wir es fast jeden Abend gespielt.

Im Zuge eures Album beschrieb euch der „Tagesspiegel“ als „The Cure auf Ostdeutsch“. Hat euch dieser Ausdruck gefallen?

Wir scherzen öfter darüber. Klar passt es als Überschrift sehr gut zu unserer Idee des Albums in Bezug auf das Jahr 1989 und das Ende der Geschichte. Allerdings widerspricht es dem, was wir auf dem Album sagen wollen. Diese Zeile engt ein. Man könnte ihr auch ein Belächeln der „neuen Bundesländer“ unterstellen. Zumindest passiert so ein unbehagliches Unselbstbewusstsein durch den Zustand, dass Ost und West in vielen Bereichen noch immer nicht angeglichen sind. Löhne und die Anerkennung von Berufsjahren im Rentenfall als Beispiel, sind leider immer noch große Themen der „Post Wiedervereinigung“.

Laut Pressetext erscheint das Live-Album in „politischem Magenta“. Wie genau kann man das verstehen?

Auf schwarzrotblaugelbgrün haben wir halt nicht so Bock… Genau genommen aber bezieht es sich auf die Vereinahmung der Farbe durch eine bestimmte Marke.

Mit „Desintegration“ wart ihr schon zu Beginn des Jahres sehr politisch unterwegs. Nun bewegen wir uns auf das Jahresende zu. Wie lautet dein gesellschaftliches Fazit?

Der Titel bleibt leider sehr aktuell und wird sogar noch eindrücklicher. Hier in Berlin lesen wir gerade viel „Desintegration“ auf Plakaten zu Theaterinszenierungen oder in allgemeinen politischen Zusammenhängen. Sozialer Abbau. Engstirniges Nationaldenken. Desintegration.

Du selbst spielst in mehreren Bands und bist auch regelmäßig als Produzent aktiv. Welche Projekte stehen bei dir als nächstes an?

Im April 2018 wird „Bayuk“ sein erstes Album veröffentlichen. Ich habe das aufgenommen und produziert. Das war eine fantastische und inspirierende Zusammenarbeit. Das Album liegt mir sehr am Herzen. Bayuk hat auch ein paar unserer Konzerte im März/April eröffnet. Ich freue mich auch auf „Box and the Twins“, mit denen wir zusammen auf die Novembertour fahren, wir überlegen gerade das nächste Album zusammen zu machen. Und im Februar wird das zweite Album meines „And The Golden Choir“ erscheinen. Mein Highlight 2018.

Wird es ein weiteres Album von klez.e im The-Cure-Stil geben?

Das könnte sehr gut sein…

 

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CD-Review „Desintegration“

Foto: Andreas Hornoff