INTERVIEW: Lasse Matthiessen

Der Singer/Songwriter Lasse Matthiessen hat zuletzt mit „When We Collided“ eine starke EP veröffentlicht, von der es dank Crowdfunding sogar eine Vinyl-Version gab. Wir haben uns am Rande des Maifeld Derby mit dem Dänen unterhalten.

Lasse Matthiessen

Im Interview mit bleistiftrocker.de spricht Lasse Matthiessen unter anderem über Festivals, Solo- und Band-Auftritte, Glen Hansard und einen legendären Spruch.

 

bleistiftrocker.de: Wir sind hier auf dem Maifeld Derby in Mannheim. Bist du denn ein Festival-Typ, der gerne bei sowas spielt?

Lasse Matthiessen: Ich mache das sehr gerne. Aber normalerweise spiele ich eher bei kleineren Festivals.

Auch wenn es etwas seltsam ist, bei knapp 30 Grad und strahlendem Sonnenschein so traurige Lieder zu singen, oder?

Ich finde eigentlich, dass es passt. Ein Festival kann beides haben, es muss nicht immer Party sein. Aber wenn ich solo spiele ist es auch eine Frage der Lautstärke oder ob die Leute sitzen. Aber meine Erfahrung ist die, dass es eigentlich fast immer geht. Ich spiele ja auch oft mit Band und dann passt es noch besser. Da spielen wir zwar auch leisere Sachen, aber wir haben auch Schlagzeug, Synths, Bass und Gitarren dabei.

Ist das auch der Grund, warum deine Alben zunehmend diesen Sound annehmen? Bei „Carry Me Down“ klang damals noch alles sehr nach Singer/Songwriter…

Das ist eine Entwicklung, die ich genommen habe. Ich hatte einfach das Bedürfnis, eine richtige Singer/Songwriter-Platte zu machen mit „Carry Me Down“. Das war auch ein Konzeptalbum mit drei Leuten.

Schreibst du deine Songs denn inzwischen anders, mit dem Bandsound im Kopf?

Das ist sehr unterschiedlich. Ich spiele ja Gitarre und auch Klavier und mittlerweile entstehen viele Songs auch mit Synths. Wenn ich eine Idee habe, versuche ich manchmal auch, das mit Band zu spielen, bevor ich es komplett fertig mache. Manchmal schreibe ich aber auch immer noch diese ganz typischen Songwriter-Songs und weiß sofort, dass es dann Solo-Songs sind.

Hast du denn noch viele Songs oder Ideen rumliegen, die noch nicht veröffentlicht sind?

Ja, das habe ich. Manchmal kann man die Songs nicht so leicht trennen. Es kommt vor, dass man merkt, dass man zwar drei, vier oder fünf Songs geschrieben hat, aber eigentlich waren es Skizzen. Und dann hast du am Ende vielleicht einen Song geschrieben als Ergebnis davon.

Du kokettierst auf der Bühne ja gerne mal mit deinen traurigen Songs. Da fragt man sich unweigerlich, ob du wirklich so ein trauriger Typ bist.

Ich bin auf jeden Fall introvertiert, vor allem in meinen Songs. Es stimmt natürlich, dass da auch ein Kokettieren dabei ist. Aber es interessiert mich, eine gewisse Tiefe in die Songs reinzubringen. Das fällt mit den melancholischen oder introvertierten Sachen etwas leichter, das zu erreichen als mit einem „Wir sind draußen und die Sonne scheint“-Song.

Ist ein trauriger Song denn einfacher zu schreiben als ein Happy-Song?

Für mich ja. Ich habe auch Songs über Sommer und Sonne geschrieben und das ist auch cool, aber nach einer Weile habe ich keinen Bock mehr, sie zu spielen, weil es mir einfach langweilig wird. Wenn es nicht tief genug greift, dann langweilt es mich.

Du lebst in Berlin und Kopenhagen. Gibt es einen Unterschied zwischen den Singer/Songwriter-Szenen der beiden Städte?

Es gibt sehr viel Unterschiede. Natürlich die Größe, Berlin ist viel größer. Und es ziehen viel mehr Leute aus dem Ausland nach Berlin. Das ist ein ganz anderes Milieu und eine andere Offenheit. Ich mag das, für mich ist das gut. Es geht darum, dass man seine Songs irgendwie rausbekommt.

Ist das in einer großen Stadt wie Berlin nicht schwieriger, weil man viel mehr Konkurrenz hat?

Für mich war es in Dänemark schwieriger. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass es so klein ist. Als ob es in Deutschland nur eine große Stadt gäbe. In Dänemark wohnen sechs Millionen Menschen, anderthalb davon in Kopenhagen. Und selbst Kopenhagen ist zwar eine Großstadt, aber mit einer gewissen Provinzialität. Ich mag beide Städte sehr und es gibt viele gute Musiker auch in Kopenhagen. Aber die Musikbranche ist sehr kommerziell, klar, das gibt es auch in Deutschland. Aber es gibt hier eben auch Nischen, die größer sind und es gibt die Möglichkeit, woanders reinzukommen. Wenn du es in Berlin nicht schaffst, dann vielleicht in Köln oder Hamburg.

Du hast im vergangenen Jahr mit Glen Hansard gespielt. Wie kam es dazu?

Ich habe für ihn zwei Mal Support gespielt, in Düsseldorf und in Stuttgart beim New Fall Festival. Das war einfach wunderschön. Die Konzerträume waren klassische Konzertsäle, die klangen super cool. Also mit Band wäre es furchtbar gewesen, aber solo brauchst du wenig Verstärkung und hast einfach diese tolle Akustik. Und das ganze Team von Glen Hansard war einfach super. Das ist ja nicht immer so.

Du warst vor einigen Jahren mit Pohlmann auf Tour und ihr hattet schließlich das legendäre Motto „Das Leben muss genießt werden“ ausgegeben. Wie ist es entstanden?

Das ging so schnell. Wir haben den ersten Gig in Leipzig gespielt, paar Bier getrunken, nicht viel, aber ich war auch einfach ein bisschen müde. Dann habe ich zu einem von TV Noir, die diese Tour veranstaltet haben, gesagt: ‚Ach, weißt du was, das Leben muss einfach genießt werden.‘ Auf Dänisch sagt man es halt so in der Art. Das ist dann sofort bei Facebook gelandet, auch bei Pohlmann. Und bei allen Shows musste ich dann immer damit unterschreiben.

Du hattest für deine letzte EP ein Crowdfunding gestartet, um sie als Vinyl veröffentlichen zu können. Hast du ein spezielles Verhältnis zu Schallplatten?

Ja, weil mein Vater Vinyl gesammelt hat. Er hatte Tausende davon. Und ich habe als Kind immer gedacht, dass ich auch mal Musiker werden will und eine Vinyl veröffentlichen. Dann waren Vinyls eine Zeit lang passé, aber jetzt kam die Chance. Das hat mich sehr gefreut, die Vinyl ist sehr schön geworden.

Die obligatorische letzte Frage in einem Interview: Was wird bei dir in der nächsten Zeit passieren?

Ich bin dabei, eine neue Platte zu machen. Ich schreibe, ich nehme auf und das mit vielen Leuten. Früher habe ich nicht so oft mit anderen Leuten geschrieben, weil ich selbst die Kontrolle haben und alles entscheiden wollte. Aber jetzt habe ich Lust darauf und es macht viel Spaß. Es ist noch ein ganz offenes Projekt im Moment.

 

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EP-Review „When We Collided“

Foto: facebook.com/lassematthiessen