Ryk: „Meine Leidenschaft für den ESC ist extrem groß“

Sänger Ryk nimmt mit „Oh Boy“ am deutschen ESC-Vorentscheid teil. Wir haben uns vorab per Zoom mit ihm unterhalten.

Ryk, Das deutsche Finale, Eurovision

Im Interview mit bleistiftrocker.de spricht Ryk unter anderen über seinen ersten Vorentscheid-Versuch 2018, seine Leidenschaft für den Eurovision Song Contest und sein Verbindung zu Conchita. Außerdem verrät der Sänger bereits Details zu seiner Inszenierung von „Oh Boy“ beim deutschen Finale am 16. Februar.

 

bleistiftrocker.de: Du nennst dich Ryk und heißt eigentlich Rick – zwei Namen, die sich sehr ähnlich sind. Wie sehr ist Ryk trotzdem eine eigenständige Bühnenpersönlichkeit?

Ryk: Das ist eine gute Frage. Ich habe in den letzten Monaten gemerkt: Diesen Künstlernamen zu haben, wenn ich auf die Bühne gehe, hilft mir, mich ein bisschen zu schützen vor allem Möglichen, was da kommt, wenn es um die Kunst geht. Ich versuche einfach, die Kunst ein bisschen zu separieren von mir als Privatperson, weil ich mich dann nicht so angreifbar mache für Sachen, die mich eventuell auch verletzen könnten.

„Angreifbar“ ist natürlich auch passend beim ESC oder dem Vorentscheid, wo man als Künstler ja auch noch mit Punkten bewertet wird.

Absolut. Ich kenne ja den Kontext und es ist nicht nur ein schöner Auftritt auf einer ziemlich großen Bühne im Fernsehen, sondern ein Wettbewerb und es geht darum, bewertet zu werden. Und darum geht es mir auch. Dass, wenn ich am Ende mit null Punkten nach Hause gehe, ich das nicht auf mich als Person anwende, sondern auf die Kunst, die auf die Bühne gebracht worden ist. Und dass es dann einfach auch eine legitime Kritik ist. Ich stehe mit einem Song und einer Produktion auf der Bühne, die mich sehr zufriedenstellen. Von daher ist die Angriffsfläche da sowie schon nicht sehr groß.

Nach dem Vorentscheid 2018 warst du nicht ganz zufrieden mit der Umsetzung deines Auftritts. Hast du dieses Mal sicherstellen können, dass alles so abläuft, wie du es haben möchtest?

Ich bin da einfach so reingestolpert und hatte kein Team, kein Management – niemanden, der sich mit mir um Dinge kümmern konnte. Deswegen war es einfach sehr viel. Ich will da gar nicht irgendwelche Vorwürfe machen, man muss hier und da Kompromisse eingehen, das verstehe ich auch. Letztendlich war ich auf der Bühne dann auch sehr verschlossen, das hat mich im Nachhinein gestört. Die Inszenierung, so wie sie dann schließlich auch kameraperspektivisch eingefangen worden ist, war nicht zu 100 Prozent das, was ich mir vorgestellt hatte. Dieses Mal habe ich ein anderes Selbstbewusstsein und eine sehr konkrete Idee und ein gutes Gespür dafür, was ich anders machen möchte. Und da bin ich auch sehr dahinter, weil ich gewinnen will und möchte, dass dieser Song die große ESC-Bühne bekommt. Weil ich glaube, dass er einfach dafür gemacht ist.

Wovon handelt denn dein Song „Oh Boy“?

Wenn man es runterbrechen will, geht es um die unerwiderte Liebe zum besten Freund. Damit gehen aber viele Dinge einher, die man auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so hört oder sieht. Es geht um das schwierige Aufwachsen einer queeren Person mit Selbstzweifeln und mit der Suche nach Liebe und auch der Suche nach Eigenliebe. „Oh boy, I need you“ ist parallel auch immer an mich selbst gerichtet. Das ist immer so eine Kombination aus „Ich suche die Liebe, aber muss sie eigentlich auch erstmal bei mir finden“ – bevor ich bereit bin, jemand anderen zu lieben.

Und du hast ihn ganz alleine geschrieben, was heutzutage eher ungewöhnlich ist.

Genau. Ich schreibe die Songs eigentlich alle alleine. Bei der Produktion bin ich am Anfang auch allein, aber dann ist es immer gut, jemanden dazuzuholen, der einfach noch mal mit drüberhört. Wenn man sich sehr lange mit einem Song beschäftigt, verliert man so ein bisschen den Überblick. Es hilft dann, sich mal rauszunehmen und es mal drei oder vier Wochen liegenzulassen. Aber Schreiben tue ich alleine an meinem Klavier.

Du saßt ja auch bei deinem Auftritt beim Vorentscheid 2018 am Klavier. Wird das wieder so sein?

Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt was verraten darf oder nicht. Ach, ich kann eigentlich alles verraten: Es wird kein Klavier geben. Ich möchte mich an das Publikum richten, voll da sein und mit dem Gesang überzeugen. Wir arbeiten gerade intensiv an der Bühneninszenierung mit Marvin Dietmann, der auch letztes Jahr den Vorentscheid gemacht hat und sehr viel Erfahrung hat. Ich fühle mich da sehr gut aufgehoben, gesehen und künstlerisch verstanden. Deswegen bin ich noch mehr und anders euphorisiert, als ich es vielleicht beim letzten Mal war. Weil ich schon das Gefühl habe, dass Marvin verstanden hat, was ich möchte.

Ist es denn ein Vorteil für dich, dass du schon mal an einem Vorentscheid teilgenommen hast und nun weißt, was auf dich zukommen wird?

Das habe ich mich auch gefragt. Es ist ja doch schon ganz schön lange her – sechs Jahre. Ich kann mich noch an vieles erinnern – auch, dass es sehr viel war. Die Tage sind sehr strukturiert und es ist immer sehr lang. Und dann steht man am Ende auf der Bühne und es sind nur die drei Minuten und dann ist alles vorbei. Aber ich glaube schon, dass es vielleicht ein Vorteil sein könnte. Einfach mit der Aufgeregtheit besser umgehen zu können, das Ganze auch ein bisschen einordnen zu können und die Abläufe besser zu kennen. Das gibt mir auf jeden Fall den Vorteil, dass ich mich noch mehr auf mich, meine Performance und meinen Song konzentrieren kann.

Wie bist du denn in diesem Jahr in den Vorentscheid gekommen – wurdest du angesprochen oder hast du dich selbst beworben?

Tatsächlich habe ich mich beworben. Ich hätte es nicht gemacht, wenn ich nicht das Gefühl gehabt hätte, dass der Song, den ich geschrieben habe, dahin passt. Meine Leidenschaft für den ESC ist extrem groß. Aber ich würde mich glaube ich nicht jedes Jahr random mit irgendwelchen Songs bewerben, wenn ich nicht das Gefühl hätte, dass der Song in diesen Rahmen passt. Und das hatte ich bei diesem Song schon sehr früh. Dann habe ich den Aufruf gesehen und wusste, dass die Zeit gekommen ist.

Hast du dich denn schon häufiger beworben?

Tatsächlich hatte ich mich noch einmal beworben, das war die gleiche Situation. Es war wieder ein Song, von dem ich dachte, dass er passen würde, „Diamonds“. Ich war der großen Überzeugung, dass es für den ESC funktioniert hätte, aber das wurde damals anders gesehen, was vollkommen legitim ist.

Du hast deine ESC-Leidenschaft gerade schon angesprochen. Woher kommt sie?

Ich bin seitdem ich mich erinnern kann fasziniert von dieser Welt. Ich erinnere mich an Abende vor dem Fernseher, als neun- oder zehnjähriger Junge, fasziniert von dieser Bühne und auch dem ganzen Prozedere. Früher durfte ich eigentlich noch nicht so lange aufbleiben und habe es dann trotzdem immer gemacht und mich wieder vor den Fernseher geschlichen, weil ich es unbedingt sehen wollte. Auch dieses Vereinende, dass verschiedene Kulturen auf der Bühne repräsentiert sind. Es war ganz früh klar, dass ich das total feiere.

Und was ist deine erste Erinnerung?

Ich habe neulich in einem anderen Interview gesagt, dass es Lou mit „Let’s Get Happy“ war. Aber ich kann mich natürlich an Stefan Raab erinnern mit „Wadde hadde dudde da?“. Ich dachte eigentlich, es wäre danach gewesen, war es aber nicht.

Gibt es den einen ESC-Moment, den du am besten fandest?

Da gibt es einige. Einer der prägendsten ist auf jeden Fall Salvador Sobral gewesen, auch Conchita und Jamala. So die dramatischen, großen Momente, die mich sehr mitgenommen haben. Aber auch viele lustige: Verka Serduchka feiere ich bis heute. Aber wenn ich mich für einen entscheiden müsste, ist es wahrscheinlich Conchita.

Mit Conchita hast du dann ja sogar mal auf der Bühne gestanden. Wie kam es dazu?

Das war total verrückt. Nach dem Vorentscheid 2018 habe ich eine Instagram-Nachricht bekommen und dachte, es wäre ein Fake-Account, weil es so eine überschwängliche Glückwunsch-Nachricht war. Und dann habe ich gemerkt, dass es tatsächlich Conchita war. Dann hat sie mich nach Wien eingeladen, wir haben Kaffee getrunken und ich war auch beim Life Ball. Seitdem haben wir auch regelmäßig Kontakt. Und dann stand ich zusammen mit ihr in Wien auf der Bühne, was eine riesige Ehre war. Mit den Symphonikern, das war eine krasse Erfahrung für mich. Seitdem sind wir connected und arbeiten wahrscheinlich in diesem Jahr auch noch mal zusammen.

Du veröffentlichst hin und wieder Singles, hast aber auch noch andere musikalische Projekte. Was machst du genau?

Ich arbeite hauptsächlich als Komponist und Produzent für Unterhaltung: Varieté, Theater, einfach Entertainment-Produktionen. Dafür komponiere und produziere ich Musik. Mein Hauptding ist das Feuerwerk der Turnkunst, das ich jedes Jahr mache. Da sind wir immer sechs Wochen auf Tour unterwegs. Ich kann es aber nicht veröffentlichen, weil es extra für die Show und eben exklusiv ist. Aber ich mache das jetzt seit sieben Jahren und habe das Material auf meinem Computer und versuche neu zu verhandeln, sodass ich unter Umständen doch auch Sachen veröffentlichen kann. Ob das so für immer weitergeht, weiß ich nicht. Ich könnte mir auch vorstellen, mehr in diese alternative Popmusik-Richtung zu gehen und vielleicht für andere zu schreiben. Und ich habe da noch was, was ich loswerden will.

Sehr gerne.

Ich wollte was klarstellen, weil ich es durch Zufall bei ein oder zwei Plattformen gelesen habe: Nämlich meine Autorenschaft für den dänischen Vorentscheid. Da wurde mir vorgeworfen, dass ich das in den Raum gestellt hätte, obwohl es nicht der Wahrheit entsprach. Tatsächlich hatte ich einen Song geschrieben, der ausgewählt worden ist und es gab dafür auch schon eine Künstlerin, die ihn hätte interpretieren sollen. Es ist dann aber an Vertragskleinigkeiten gescheitert. Da ging es um die Masterbänder und prozentuale Beanteiligung. Ich hatte Probleme in der vertraglichen Gestaltung mit Universal. Aber ich habe gelesen, dass mir vorgeworfen wird, ich hätte versucht, das aus eigenen Promozwecken für mich zu vermarkten. Und das ist einfach nicht wahr.

 

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Foto: NDR/Welthund Music

 

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