Kommentar zu „Das Deutsche Finale“: Show wird dem ESC nicht gerecht

Der deutsche ESC-Vorentscheid „Das Deutsche Finale“ ist musikalisch gut, die Show drumherum lässt allerdings einige Wünsche offen.

Das Deutsche Finale 2024

Eins vorab: Die Musik-Acts von „Das Deutsche Finale“ haben allesamt gut abgeliefert. Der NDR setzt den Aufwärtstrend vom kommenden Jahr fort und bringt Genre-Vielfalt und gute Typen in den deutschen Vorentscheid. Auch wenn man einschränkend sagen muss, dass nur wenige von ihnen im Verdacht standen, auch in Malmö ein starkes Ergebnis holen zu können. Für eine Musikshow, wie es sie im deutschen TV viel zu selten gibt, waren NinetyNine, Leona, Floryan, Galant, Bodine Monet, Ryk, Marie Reim, Max Mutzke und Sieger Isaak aber sehr erfrischend.

Nicht gerecht wurde ihnen und dem gesamten Eurovision Song Contest allerdings die Aufmachung von „Das Deutsche Finale“. Sinnbildlich dafür stand das Opening, bei dem Moderatorin Barbara Schöneberger mit übergezogenen Riesen-Fingernägeln aus einer Sonnenbank stieg – eine völlig verunglückte Hommage an ESC-Siegerin Loreen. Wo andere Länder bei ihren Vorentscheiden die Shows mit einem großartigen Musik-Act eröffnen, muss man in Deutschland leider mit solchen Einlagen Vorlieb nehmen.

Musik-Acts dürfen nicht singen

Und es ist nicht so, dass die Musik-Acts nicht in Berlin-Adlershof zugegen gewesen wären. ESC-Siegerin Conchita Wurst, ESC-Teilnehmerin Mary Roos und Lord Of The Lost als Vorjahressieger waren ebenso wie Rea Garvey und Alli Neumann Teil der Show – nur durften sie warum auch immer nicht singen, sondern nur sprechen. Es gab lediglich alte Auftritte in Einspielern zu sehen.

Stattdessen wurde sich auf dem Sofa munter über Zahnschmerzen und Unterhosen unterhalten. So lange, bis ausgerechnet Mary Roos, vermutlich eigentlich aus „Ich sag ja immer noch Grand Prix“-Nostalgie eingeladen, das Treiben mit einem entsetzten „Was ist denn hier los?“ kommentierte. Ein erfrischend ehrlicher Moment.

Andere Länder machen es vor

Bei aller Schlagfertigkeit, die die Moderatorin mitbringt, sollten NDR und ARD endlich davon wegkommen, den Vorentscheid zur „Barbara Schöneberger Show“ zu machen – denn das sollte er schlicht nicht sein. Es geht um die Künstler und Künstlerinnen, deren teils ergreifende Auftritte auch gerne mal schroff mit irgendeinem unlustigen Showelement (Schöneberger mit ESC-Bauchladen) abmoderiert wurden. Passend dazu wurde dann auch noch ein falsches Datum für den Eurovision Song Contest 2024 verkündet.

Und so schön die Idee im vergangenen Jahr war, alle Acts gemeinsam ein Medley singen zu lassen: Der Abba-Mix in diesem Jahr war im Vergleich zum Best Of 2023 bei „Unser Lied für Liverpool“ eher blutleer.

Andere Eurovision-Länder wie Rückkehrer Luxemburg haben es in diesem Jahr vorgemacht, wie man eine schicke Musikshow auf die Beine stellt, die die ESC-Bewerber und -Bewerberinnen genauso feiert wie die Historie des Wettbewerbs. Deutschland hat diese Chance leider verpasst.

Hier kann man die gesamte Show „Das Deutsche Finale“ in der ARD Mediathek anschauen.

 

Foto: Sonja Riegel / bleistiftrocker.de

 

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