INTERVIEW: Faber

Der Schweizer Faber tourt seit rund zwei Jahren unermüdlich, mit zwei EPs und zahlreiche Singles hat er zudem auf sich aufmerksam gemacht. In einigen Tagen erscheint mit „Sei ein Faber im Wind“ dann auch endlich sein Debüt-Album. Im Interview mit bleistiftrocker.de spricht Faber unter anderem über seine derben Texte, die Aufnahmen zum Album und politische Haltung in der Popmusik.

Faber

bleistiftrocker.de: Hallo Faber, dein Album startet mit dem Satz „Es ist so schön, dass es mich gibt“. Ist das Selbstbewusstsein oder Ironie?

Faber: Es ist auf jeden Fall sehr überzeichnet, wie das ganze Lied. Ich finde es einfach sehr lustig, dass es so anfängt. Ich weiß jetzt nicht, ob das direkt Ironie ist oder einfach Humor.

Wie würdest du deine Musik denn selbst beschreiben?

Man legt viel zu viel Wert darauf, ein Lied beschreiben zu wollen. Man kann es sich einfach anhören und dann wird einem viel mehr klar. Außerdem können auf einem Album ja auch ganz viele verschiedene Sachen sein, die dann auch stilistisch auseinander gehen. Aber ich glaube mit „Pop“ oder „Welt“ liegt man nicht so falsch.

An welchen Musikern orientierst du dich denn, was sind deine Einflüsse?

Das ist ganz breit. Auf jeden Fall haben wir uns bei den Balkan-Sachen viel abgeguckt. Auch bei südamerikanischen Sachen, was die Percussions angeht. Da haben wir wirklich viel gelernt. Da klappert halt immer was mit. Wir haben ja kein echtes Schlagzeug, sondern es ist verteilt auf verschiedene kleine Percussion-Sachen. Das kommt auf jeden Fall von solcher Musik.

Kommt daher auch, dass die Posaune in deiner Musik so einen prominenten Platz hat?

Das natürlich auch. Aber das war schon vorher so, die hatte auch schon auf den EPs einen prominenten Platz. Da hatten wir aber noch weniger mit solchen Percussion-Sachen gearbeitet. Tillmann ist auch live immer dabei und spielt bei mir Posaune und Bassdrum gleichzeitig.

Du hast bereits mehrere EPs veröffentlicht, jetzt kommt endlich dein Debüt-Album. Kannst du beschreiben, wie es entstanden ist?

Der große Unterschied zu den EPs ist, dass wir damals alles live eingespielt hatten, außer den Chor-Parts. Und wir haben ohne Overdubs gearbeitet. Beim Album wollten wir schon eine kleine Produktion machen. Nicht, dass es den Live-Charakter verliert, aber ich wollte es unbedingt auch produziert haben.

Einige der Songs des Albums spielst du bereits seit längerer Zeit auch live, manche klangen zu Beginn auch noch anders als jetzt. Bist du jemand, der lange tüftelt, bis er mit einem Song wirklich zufrieden ist?

Ja, sehr. Ich lasse mir da gerne Zeit und ich finde auch, dass es manchmal überraschend ist. Zum Beispiel der Song „Bleib dir nicht treu“, von dem habe ich schon hunderttausend Versionen. Zwei sind veröffentlicht, der Rest nicht, aber es gibt sie trotzdem. Und ich finde jede Version hat so ihre Stärke, ich bin aber auf jeden Fall zufrieden mit der neuesten. Ich habe jetzt schon einige Male gelesen, die alte sei besser gewesen. Aber ich glaube, dass das nur damit zu tun hat, dass man sich etwas umgewöhnen muss, wenn etwas nicht mehr so ist wie vorher. Wir spielen die Songs so oft, wir haben letztes Jahr 150 Konzerte gespielt. Es gibt Bands, die spielen wirklich jeden Ton jeden Abend gleich. Da würde ich durchdrehen.

Du spielst auch häufig auf Festivals, wo die Leute dich vorher nicht unbedingt kennen. Wie reagieren sie denn auf deine zum Teil sehr derben Texte?

Letztes Jahr habe ich gemerkt, dass wir vom Festival-Sommer extrem profitieren konnten. Und dieses Jahr wahrscheinlich auch wieder. Es ist echt was Schönes, weil du so viele neue Leute hast. Du musst aber halt auch jeden Abend um das Publikum kämpfen, um es für dich zu gewinnen. Bei den Texten weiß ich nicht, ob das das Erste ist, was einem bei einem Festival auffällt. Ich glaube die Leute sind sehr belustigt. Auf einem Festival hört man ein bisschen weniger hin als zuhause auf Platte oder bei eigenen Konzerten.

Wie kommt es denn, dass deine Texte so schroff sind?

Ich habe einfach immer schon so geschrieben. Es ist auch nicht alles so derb. Es gibt natürlich ein paar Kandidaten auf dem Album, die ein bisschen hart sind oder in denen geflucht wird. Es gibt aber auch ganz anständige Texte. Aber es ist überraschend, wie sehr das für Aufruhr gesorgt hat.

An welcher Stelle?

Grundsätzlich. Es ist wohl wirklich nicht verbreitet in der Popmusik, ich dachte es sei ein bisschen verbreiteter. Sido hat vor über zehn Jahren schon den „Arschficksong“ gemacht. Ich hätte nicht gedacht, dass man damit noch so provozieren kann. Es ist aber wahrscheinlich Genre-abhängig. Als Rapper musst du schon einiges bieten, dass sie dich als provokativ sehen. In der Popmusik reicht es, wenn du mal etwas ein bisschen anders machst als die anderen.

Du bringst in deinen Songs zudem ja auch eine Haltung rüber – vor allem mit „Wer nicht schwimmen kann der taucht“. Wie ist dieser Song entstanden?

Songs entstehen grundsätzlich durch Sachen, die mich irgendwie beschäftigen. Ein Teil des Albums ist auf jeden Fall auch sehr politisch.

Fehlt es den Künstlern in der Popmusik denn an politischer Haltung?

Ich finde schon, dass es fehlt, aber nicht unbedingt in der Musik. Wenn jemand sagt „Ich mache am liebsten einfach Liebeslieder und darin bin ich gut“, finde ich das kein Problem. Ich finde es aber problematisch, dass sich so wenige Leute äußern. Es gibt so viele Plattformen, Interviews, soziale Medien und so, da könnte man sehr viel rausholen. Nicht jeder muss in seiner Kunst politisch sein. Aber ich finde schon, so richtige Superstars mit sehr breitem Publikum wie zum Beispiel Helene Fischer, die sollten halt mal ein paar politische Statements bringen. Bei mir ist der Impact eher klein. Die meisten Leute, die auf meine Konzerte kommen, haben halt eine ähnliche Meinung. Ich sage nicht, dass man es deswegen nicht machen sollte. Aber wenn Helene Fischer ein politisches Album machen oder sich zumindest äußern würde, hätte es halt eine viel größere Wirkung.

Dann würde sie aber vermutlich einen Teil ihrer Fans verlieren.

Das vielleicht schon. Aber bis zu einem gewissen Punkt ist es vielleicht auch deine Pflicht, das zu nutzen und nicht Angst davor zu haben, dass dir ein Teil deines Publikums wegläuft. Ein kleiner Teil wird vielleicht absteigen, ein anderer Teil wird sich mit Sachen befassen, mit dem er sich sonst nicht befasst hätte. Und da könnte man schon einen großen gesellschaftlichen Mehrwert draus schöpfen.

Es gibt die Geschichte, dass du einfach zum Haus von Sophie Hunger gegangen bist und ihr Musik von dir vorgespielt hast. Stimmt das wirklich?

Ja, die Story stimmt tatsächlich. Und ich finde sie so romantisch, dass ich sie selber auch erfunden hätte. Aber sie stimmt.

Was ist an deiner Musik typisch Schweizerisch?

Sie ist sehr verschieden, so wie die Schweizer sehr verschieden sind und wir in der Band auch. In der Schweiz kommt jeder so ein bisschen von überall und ich glaube, dass man das auch auf dem Album hört. Das Album ist auch ein bisschen wie von überall. Und genau so leben wir in der Schweiz und es funktioniert bisher eigentlich ganz gut.

Aber du singst dennoch bisher nur Hochdeutsch.

Ja. Das bleibt auch so. Mal gucken, ob ich vielleicht mal ein paar Übersetzungen machen werde, aber alles zu seiner Zeit.

 

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