Tarja Turunen, die inzwischen nur noch unter ihrem Vornamen Musik macht, ist in diesem Jahr sehr umtriebig gewesen. Mit „The Brightest Void“ und „The Shadow Self“ hat sie gleich zwei Solo-Alben veröffentlicht, dazu gab es eine ausführliche Tour. Zwischendurch hat sich die Finnin Zeit dafür genommen, bleistiftrocker.de einige Fragen per E-Mail zu beantworten.
bleistiftrocker.de: Was war die Idee dahinter, gleich zwei Alben kurz nacheinander zu veröffentlichen?
Tarja: Ich habe mich in den letzten Jahren sehr produktiv gefühlt und habe viele Songs geschrieben. Zu viele für nur ein Album, also haben wir zwei Alben innerhalb einer kurzen Zeit veröffentlicht. Ich wollte meine Songs dieses Mal nicht als Bonus herausbringen, deshalb haben wir uns für die zwei Veröffentlichungen entschieden.
„The Shadow Self“ ist ein sehr düsteres Album. Du sagst allerdings über dich, dass du ein sehr glücklicher Mensch bist. Wie passt das zusammen?
Es passt perfekt zusammen. Ich habe verstanden, dass die Dunkelheit in mir drin ist und dass sie mein kreativer Antrieb ist. Ich brauche diesen Schatten in mir, um zu existieren, damit ich etwas erschaffen kann. Wir haben alle unsere dunkleren Seiten. Wir Künstler können sie in unsere Arbeit einfließen lassen.
Was ist der größte Unterschied zwischen der Arbeit mit einer Band und der Arbeit als Solo-Künstler?
Als Bandmitglied ist man Teil einer Gruppe, in der Entscheidungen gemeinsam getroffen werden und das Risiko für Fehlkalkulationen geringer ist. Als Solo-Künstler musst du die Verantwortung ganz alleine tragen.
In diesem Jahr hast du beim Wacken Open Air gespielt und einige Tage später mit einem klassischen Orchester. Was machst du denn lieber?
Ja, das habe ich wirklich getan und es war eine wunderbare Herausforderung. Ich habe bei der Musik keine Vorlieben, wenn ich mich zwischen Klassik und Rock entscheiden soll. Meine Karriere besteht aus beiden Musikstilen und ich arbeite hart daran, dass es so bleibt.
Einer der Schlüssel-Songs auf „The Shadow Self“ ist „Diva“, auch wenn du selbst darüber sagst, dass der Song sehr ironisch ist.
Ja, es ist auf jeden Fall ein sehr ironischer Song.
Aber er zeigt auch die große Bandbreite deiner Stimme und die Kraft, die du entfalten kannst. Siehst du dich denn selbst als Diva? Oder spielt der Titel gar auf den berühmten offenen Brief an, der einst das Ende von Nightwish besiegelt hat?
Genauso wie alle meine Hörer hast du die Freiheit, meinen Song so zu interpretieren, wie du willst. Aber für mich war „Diva“ komplett von „Fluch der Karibik“ inspiriert. Ob ich eine Diva bin, solltest du Menschen fragen, die mich wirklich kennen.
Wie behandelst du deine Stimme, vor allem auf Tour? Gibt es spezielle Dinge, die du tust, um sie zu pflegen?
Ich trainiere das lyrische Singen immer, auch unterwegs. Ich mache täglich Stimmtraining und folge der Routine, die ich über die Jahre gelernt habe. Außerdem muss ich mich physisch fit halten, damit ich auf Tour nicht so schnell krank werde. Das bedeutet auch, dass ich viel Ruhe brauche und gut essen muss.
Du hast in der Vergangenheit häufig mit anderen Künstlern zusammengearbeitet, auf deinem neuen Album genauso wie einst mit Within Temptation oder den Scorpions. Magst du es, mit anderen Künstlern zu arbeiten?
Ich liebe es, mit anderen Künstlern oder Bands zu kooperieren. Durch diese Situationen lerne ich immer wieder neue Dinge, deshalb bin ich sehr interessiert daran. Ich hatte viel Glück, mit so vielen tollen Menschen zusammenarbeiten zu können.
Mit wem würdest du denn gerne mal zusammenarbeiten oder ein Duett singen?
Es gibt so viele großartige Talente auf der Welt, da wäre es traurig, bloß einen Namen zu nennen. Wie gesagt, ich bin offen für gemeinsame Projekte mit anderen Künstlern, wenn ich mich imstande fühle, dafür mein Bestes geben zu können.
Als du in den Neunzigern als Künstlerin angefangen hast, sah es in der Musikindustrie noch deutlich anders aus als heute – vor allem im Hinblick auf alles, was das Internet so mit sich gebracht hat. Siehst du als Künstlerin diese Entwicklung eher positiv oder negativ? Und was denkst du generell über die heutige Musikindustrie?
Die Musikindustrie macht aus meiner Sicht gerade ihre härteste Zeit durch. Es ist super schwierig für neue Künstler, erfolgreiche Karrieren aufzubauen, und für die „alten Hasen“ ist es schwierig, die bereits aufgebaute Karriere zu wahren. Ich musste, genauso wie alle anderen, lernen, dass es neue Wege gibt, unsere Arbeit dem Hörer näherzubringen. Dinge wie Social Media sind zum Beispiel wahnsinnig wichtige Marketinginstrumente geworden. Manchmal fühlt es sich an, als sei der Wert der Musik geringer geworden. Aber ich habe meinen Glauben an die Musik nicht verloren. Es muss einen Weg geben, diese schwierige Ära in eine bessere zu verwandeln.
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