INTERVIEW: Rafal

Rafal tritt beim Eurovision Song Contest 2021 in Rotterdam mit „The Ride“ für Polen an. Wir haben uns per Zoom mit dem Sänger in seinem Hotelzimmer in den Niederlanden unterhalten.

Rafal

Im Interview mit bleistiftrocker.de spricht Rafal Brzozowski unter anderem über seine erste Probe, seine Show mit und ohne Sonnenbrille, seine Verletzung aus Sport-Zeiten und die Kritik in seinem Heimatland Polen.

bleistiftrocker.de: Du hattest am Montag deine erste Probe. Wie war das für dich?

Rafal: Es ist immer seltsam, über Proben zu sprechen. Es ist ein bisschen lustig, dass es die Presse schon zu sehen bekommt und dich bewerten kann. Es ist ja nicht deine Performance, sondern nur deine Vorbereitung. Wenn du zum ersten Mal auf der Bühne stehst, wird es nie die perfekte Show sein. Du lernst das alles erst kennen. Aber wir hatten eine sehr gute Probe. Natürlich müssen wir noch einige Sachen ändern, ich muss mich noch etwas mehr auf den Gesang konzentrieren. Die erste Probe sollte vielleicht noch nicht öffentlich sein, erst die zweite. Aber es war eine sehr gute Erfahrung und ein sehr guter Tag.

Zu Beginn deines Auftritts greifst du nach der Kamera. Was ist die Idee dahinter?

Es passt zum Text des Songs. Ich bin den Zuschauern nah und dann singe ich „So let me go“ und schiebe die Kamera zur Seite. Das ist die Geschichte dahinter. Wir haben darüber gesprochen, ob die Menschen das verstehen, warum ich nach der Kamera greife. Aber es ist etwas anderes, die anderen machen das nicht, deshalb wollten wir das in der Show haben. Es ist noch in der Entstehung, aber ich mag es. Es ist gut, wenn du nah an den Zuschauern bist und sie dich direkt sehen können. Man singt durch die Kamera direkt zu ihnen durch.

Warum hast du dich dazu entschieden, die Sonnenbrille während deiner Performance auszuziehen?

Die Sonnenbrille ist natürlich eine Art Image. Das ist unser Look im Videoclip und auch für den ESC. Das ist ein bisschen Achtziger- und Retro-Style, da waren Sonnenbrillen modern. Wenn du da stehst und Hallo sagst, dann können sie deine Augen sehen, weil sie die vielleicht auch sehen wollen. Das ist eine unerwartete Sache, wenn du die Sonnenbrille auf hast und sie dann absetzt. Das war mein Gedanke dahinter.

Spielst du denn eine gewisse Rolle, wenn du die Sonnenbrille im Video und auf der Bühne trägst?

Ein bisschen schon. Wir haben es dafür kreiert. In Polen arbeite ich im Showbusiness, meistens als TV-Moderator. Da habe ich natürlich keine Sonnenbrillen auf. Deshalb nutze ich sie jetzt. Und wir hatten diese Neonlichter, also brauchten wir ein Gadget dazu. Das haben wir zusammengebracht. Es ist ein bisschen wie in einem Videospiel.

Wie viele Sonnenbrillen hast du nach Rotterdam mitgebracht? Bist du auch jemand, der Sonnenbrillen gerne mal verliert?

Ja, das ist wirklich ein Problem. Ich habe fünf oder sechs dabei. Aber eine ist speziell für die Show und die nehme ich sonst nirgendwo mit hin. Denn das Problem kenne ich – dass man Sonnenbrillen verliert, zerbricht oder zerkratzt. Das nervt.

Du warst einst als Wrestler aktiv, hast deine Karriere dann aber wegen einer Verletzung beenden müssen. Spürst du das jetzt noch, wenn du auf der Bühne stehst?

Ja, damit habe ich große Probleme. Vor allem, wenn ich meinen Nacken stark bewegen muss. Dann spüre ich den Schmerz. Aber ich bin es gewohnt, das habe ich schon lange. Das passiert halt, wenn du Sport machst, vor allem Wrestling. Da machst du viel auf und mit deinem Kopf. Das kann Probleme im Rücken verursachen. Es fühlt sich ein bisschen unangenehm für mich an, aber so schlimm ist es nicht.

Verfolgst du die Proben der anderen ESC-Acts?

Man kann sich die einminütigen Videos auf der offiziellen Seite anschauen. Aber in der Halle können wir das nicht tun. Wir sehen es vielleicht auf dem Screen, aber man kann den Gesang nicht wirklich hören. Wobei, nach mir waren Hurricane aus Serbien dran, die sahen fantastisch aus und haben fantastisch gesungen.

Könnt ihr euch denn mit Sicherheitsabstand treffen?

Ja, das können wir. Es gibt einen Gemeinschaftsraum mit allen Acts, da kann man Zeit verbringen, aber muss natürlich den Abstand einhalten.

In deinem Halbfinale ist neben deinem noch ein anderer Song, der sehr nach den Achtzigern klingt, wenn auch auf eine etwas andere Art – der aus Dänemark. Ist die Herangehensweise von Fyr Og Flamme an die Achtziger auch etwas für dich?

Ich mag den Song auch. Er ist ein bisschen retro und man hat diesen Achtziger-Sound. Ich drücke ihnen auf jeden Fall die Daumen.

Du bist selbst in den Achtziger geboren. Also warst du noch sehr klein, als du mit dem Musikhören angefangen hast, oder?

Ich bin 1981 geboren, also habe ich fast die gesamte Dekade als Kind erlebt. Mein Vater hat sehr viel Radio gehört, das habe ich immer mitbekommen. Ich erinnere mich an Songs wie „Simply The Best“ von Tina Turner, „Take On Me“ von a-ha und „Neverending Story“ von Limahl. Das war eine sehr schöne Zeit in Sachen Musik. Es war damals als Kind vielleicht nicht so wichtig, aber jetzt ist es das. Das sind meine Inspirationen, weil ich sie viel gehört habe, als ich ein Kind war.

Du hast 2020 den Junior Eurovision Song Contest moderiert. Worin liegt denn der größte Unterschied zwischen der Moderation eines solchen Events und der Teilnahme als Künstler?

Das ist eine gute Frage. Und eine schwere Frage. Wenn du moderierst, hast du ein Skript und daran hältst du dich. Aber du bist auch ein Journalist. Oder wie ein Pilot im Flugzeug. Wenn etwas passiert, zum Beispiel der Motor ausfällt, musst du wissen, wie du ihn wieder zum Laufen bekommst. Und du musst die Energie herstellen, vor allem in der aktuellen Pandemie-Situation. Wir hatten beim Junior ESC in Warschau ja auch keine Zuschauer. Aber wenn du ein Teilnehmer bist, machst du Musik. Und damit schreibst du Geschichte. Niemand interessiert sich dafür, was ein Moderator sagt, die Menschen interessieren sich für die Songs und die bleiben für immer. Das hat natürlich die meiste Kraft. Und ohne Songs gibt es auch keinen Moderator, weil man sonst nichts moderieren könnte. Das sind zwei sehr verschiedene Sachen. Aber ich bin lieber Musiker.

Fühlst du dich denn von deinen Landsleuten unterstützt? Schließlich bist du intern ausgewählt worden und nicht in einem Vorentscheid.

Das ist natürlich nicht mein Fehler. Das polnische Fernsehen hat sich entschieden, einige Künstler zu fragen und dann den ihrer Meinung nach besten Song zu schicken. Ich habe mich natürlich sehr gefreut, dass ich es geworden bin. Aber es gab viele Gerüchte und Stimmen, dass man doch wen anders hätte schicken sollen. Das ist allerdings nicht meine Sache, sondern die des Senders. Jetzt muss ich hier performen und mich darauf konzentrieren. Es ist witzig, aber ich habe ein deutlich besseres Gefühl hier als in Polen. Ich habe so viele Interviews mit ESC-Fanportalen und die mögen meinen Song und die Performance. Aber in Polen hätten die meisten lieber jemand anderen geschickt. Das ist wirklich seltsam. Ich kann einfach nur darüber lachen und auf der Bühne einen guten Job machen.

Liest du denn Kommentare über deinen Song oder deine Proben im Internet?

Nein. Höchstens ein paar und dann lache ich manchmal darüber. Ich bin schon ein paar Jahre im Showbusiness und kenne die Regeln. Die Menschen können sagen, was sie wollen. Manchmal sind sie frustriert, manchmal neidisch, manchmal wünschen sie dir viel Glück und schicken dir gute Energie. Die Menschen sind verschieden. Und in der heutigen Zeit ist es so, dass du im Internet sagen kannst, was du willst. Am wichtigsten ist aber, was du selbst über deine Musik und deinen Auftritt denkst. Aber ich freue mich über alle Menschen, die kommentieren. Denn am schlimmsten ist, wenn gar nicht darüber gesprochen wird.

Ihr seid in Rotterdam viel im Hotel, weil es spezielle Corona-Regeln beim diesjährigen ESC gibt. Was machst du mit der vielen Freizeit?

Ich freue mich wirklich, ich arbeite zuhause in Polen so viel und habe jetzt mal ein bisschen Zeit, mich auszuruhen, durchzuatmen und über Musik nachzudenken. Und darüber, was ich nach dem ESC mache, darauf liegt jetzt mein Fokus. Natürlich auch auf den Proben und der Show, aber auch auf der Zeit danach. Was mache ich, wenn ich ins Finale komme und eine gute Platzierung erreiche? Was mache ich, wenn ich das Finale nicht erreiche? Ich muss über die Möglichkeiten nachdenken. Dafür habe ich jetzt Zeit. Ich möchte immer einen Plan in meinem Kopf haben.

Du hast im offiziellen Steckbrief zum ESC deine Hündin Tola erwähnt. Wer passt auf sie auf, während du in Rotterdam bist?

Meine Familie passt auf meine Hündin auf. Es geht ihr sehr gut, sie liebt meine Familie.

 

Die Antworten von Rafal auf unsere drei Standard-Fragen gibt es hier.

 

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Foto: bleistiftrocker.de

 

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