Patty Gurdy wird mit ihrem Song „Melodies Of Hope“ am deutschen ESC-Vorentscheid „Unser Lied für Liverpool“ teilnehmen. Wir haben vorab ein Interview mit ihr geführt.
Im Zoom-Interview mit bleistiftrocker.de spricht Patty Gurdy unter anderem über ihre Bewerbung mit „Melodies Of Hope“ über TikTok, ihre Drehleier und eine Nachricht von Patti Smiths Sohn. Zudem gibt es einen exklusiven Drehleier-Crashkurs im Video.
bleistiftrocker.de: Worum geht es in deinem Song „Melodies Of Hope“?
Patty Gurdy: Es geht vor allem um Hoffnung und Wiedergeburt. Das hat viele Hintergründe: Einerseits natürlich, dass ich 2021 selbst von der Jahrhundertflut betroffen war und da so unfassbar viel Hilfe von meiner Fan-Community und den Menschen bekommen habe, dass ich jetzt wieder etwas zurückgeben wollte. Und andererseits natürlich, weil ich sehe, wie wir von einer Krise in die nächste stürzen und das die Menschen natürlich nicht kalt lässt. Wenn ich ihnen etwas an die Hand geben kann, mache ich das sehr gerne.
Wie ist es dir nach der Flut-Katastrophe ergangen?
Ich bin gerade noch in einem Übergangsprozess. Ich hätte auch nicht gedacht, dass das so lange dauert und so viele Facetten hat. Ich habe auf jeden Fall wieder ein Zuhause und ich habe mir dank meiner Fan-Community wieder ein Musikstudio aufbauen können. Aber es ist noch lange nicht vorbei, die Reise geht weiter – die Bürokratie und natürlich der Wiederaufbau. Ich habe auch noch nicht meine ganzen Instrumente wieder zusammen. Meine Drehleiern haben Gott sei Dank überlebt, aber meine Gitarren leider nicht. Und ich vermisse es total, Gitarre zu spielen.
Wie ist der Song „Melodies Of Hope“ entstanden?
Ich habe ihn mit meinem Produzenten Hannes Braun geschrieben. Aber die Idee dafür kam anders: Ich war gerade in Edinburgh in Schottland im Urlaub und habe geduscht. Und wie es in diesen blöden Momenten immer so ist, kam die Idee und ich hatte nichts, um sie aufzuschreiben. Also habe ich unter der Dusche immer weiter gesungen, bis ich sie dann ins Handy singen konnte. Damit bin ich zu Hannes gegangen, er hat sofort daran weitergearbeitet und wir haben das Lied innerhalb von einem Tag aufgenommen.
Und wie kam es, dass du dich mit dem Song beim ESC beworben hast?
Die Sache mit dem ESC führt einige Jahre zurück. Ich bin schon seit meiner Kindheit ESC-Fan. Und als ich meinen YouTube-Kanal 2016 gestartet habe, fingen die Kommentare schon an. Da meinten Menschen: „Patty, du hast so ein krasses deutsches Folk-Instrument, geh doch damit mal zum ESC.“ So hat sich das dann weitergesponnen. Dann kam die Flut, da konnte ich nicht mal eben auf riesige Promo-Tour gehen, da fehlten die Ressourcen. Aber die sind jetzt da und ich kann wieder 150 Prozent geben.
Deine Bewerbung auf TikTok war öffentlich und hat von Anfang an Aufmerksamkeit erregt. Deshalb war lange die Frage, ob du es nun in den Vorentscheid schaffen würdest. Wann wusstet du, dass es geklappt hat?
Ich hatte mich bei TikTok beworben, weil ich independent artist bin, hinter mir steht kein großes Label und ich hatte keine Kontakte. Ich war also darauf angewiesen, dass die Menschen das von alleine verbreiten. Der ganze Prozess ging durch verschiedene Level und ich wurde immer mal wieder angerufen – „Du bist jetzt in der nächsten Runde, aber das heißt noch nichts, du musst noch mal warten“. Man wurde auch mal zum Vorsingen eingeladen, damit man zeigen konnte, dass man auch wirklich singen kann und nicht alles Autotune ist. Und irgendwann wurde es mir langsam klar, weil sie auch schon Andeutungen gemacht und Details mit mir geklärt haben.
Du hast schon erwähnt, dass du ein großer ESC-Fan bist. Was war dein Highlight der letzten ESC-Jahre?
Da gibt es natürlich eine ganze Liste. Aber eine Band muss ich immer wieder erwähnen, weil sie mich sehr geflasht hat: Go_A mit „Shum“ oder mit „Solovey“. Die Sängerin hatte immer so ein Pokerface und dann mit diesen Folk-Instrumenten und diesen Flöten, gemischt mit heftigem Techno – das hat mich total in den Bann gezogen. Ich höre sie privat auch immer noch und finde sie supergeil.
Sagt dir die App „My Eurovision Scoreboard“ etwas?
Nein. Was ist das?
Das ist eine App für ESC-Fans auf der ganzen Welt, die die Songs nach ihrem Geschmack ranken. Das tun sie auch für die Vorentscheide und bei „Unser Lied für Liverpool“ bist du aktuell auf dem ersten Platz.
Das Schöne am ESC ist ja, dass man einfach mitfiebern und seine eigenen Rankings machen kann. Ich wusste das gar nicht, dass ich da auf einer App die Favoritin bin. Es ehrt mich natürlich total.
Was können wir von dir auf der Bühne erwarten? Nach deinem Musikvideo hoffen natürlich viele auf eine Windmaschine.
Na klar! Die Windmaschine darf bei mir auf der Bühne sowieso nie fehlen, die habe ich beim Touren auch immer dabei. Nicht nur aus Eitelkeit, sondern weil sich meine Haare sonst ständig in meiner Kurbel verdrehen würden. Deswegen ist die Windmaschine essenziell. Was kann ich noch verraten? Wir werden auf jeden Fall eine ganze Story erzählen. Und die große Inszenierung kommt an mir auch nicht vorbei, wir werden kein Understatement machen.
Wie ist denn die Drehleier zu deinem Instrument geworden?
Ich spiele auch noch andere Instrumente, habe mit der Flöte angefangen, dann ging es über das Klavier zur Gitarre. Mit 10 habe ich in der ersten Rockband gespielt. Ich liebe alle möglichen Instrumente. Aber irgendwie war es immer so, dass es nie ganz für mich gepasst hat. Bei der Flöte kann man zum Beispiel schlecht gleichzeitig singen und beim Klavier ist man auf der Bühne immer so ein bisschen gefesselt und hat nicht so viel Bewegungsfreiheit. Dann bin ich eines Tages in die Mittelalterszene gegangen. Da habe ich verschiedene Dudelsäcke ausprobiert – auch ein richtig geiles Instrument. Aber dann kam die Drehleier und als ich sie auf dem Schoß hatte und gemerkt habe, wie beim Kurbeln einfach der Klang so resoniert, dass das ganze Instrument auf dem Schoß vibriert, da hatte ich sofort die Assoziation: Boah, das ist ja lebendig. Das hatte ich so noch bei keinem anderen Instrument gespürt. Und die Drehleier hat ein superkrasses Spektrum an Klängen und ist eigentlich ein kleines Orchester, zu dem man auch singen und sich bewegen kann. Es war für mich die Allround-Lösung und deshalb finde ich das Instrument so geil und möchte es auch ein bisschen bekannter machen.
Du hast mal gemeinsam mit Patti Smith auf der Bühne gestanden. Wie kam es dazu?
Vor ein paar Jahren habe ich eine Mail bekommen, als ich gerade in der Bretagne war. Da stand drin: „Hey, ich habe gesehen, dass du in der Bretagne bist. Ich bin gerade mit meiner Mutter hier, sie spielt ein Konzert. Ich bin ein riesiger Fan von dir, kommst du vorbei und können wir ein Foto machen?“ Und ich dachte erstmal: „Hä? Wer bist du?“ Und dann war es Jackson Smith, der Sohn und Gitarrist von Patti Smith. Wir haben uns in der Bretagne leider verpasst, uns dann aber in Utrecht getroffen. Dort durfte ich auch auf die Bühne kommen, was total crazy war. Ich kam also auf die Bühne mit der Drehleier und habe ein bisschen mit improvisiert. Und Patti meinte: „We have a guest from Düsseldorf. So you get two Patties for the price of one.“
Was ist denn deine persönliche „Melody Of Hope“, also ein Song, der dir Hoffnung gibt?
Melodien, die altertümlich klingen, weil sie unterbewusst etwas in mir berühren. Und eine, die das unfassbar gut kann, ist „Scarborough Fair“. In dieser Tonfolge steckt so viel drin.
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Foto: NDR / Oliver Weisskopf