ALBUM-REVIEW: Nick Cave & Warren Ellis – Carnage

Auf einmal war es da: Nick Cave und Warren Ellis haben mit „Carnage“ ein Album veröffentlicht, das vom vergangenen Corona-Jahr maßgeblich geprägt ist.

Nick Cave, Warren Ellis

Das Duo hat die marktüblichen Mechanismen übersprungen und das Wek am 25. Februar ohne vorherige Ankündigung digital veröffentlicht. Im Mai, genauer gesagt am 28.05., folgen dann die physischen Releases in Form von CD und Vinyl.

Und die Überraschung ist den beiden, die musikalisch schon lange zusammenarbeiten, aber erstmals offiziell zu zweit veröffentlichen, wirklich gelungen. „Carnage“ besteht aus acht Tracks, die ein bisschen nach einem Experiment, aber immer spannend klingen. Wenn man sie sich mit guten Kopfhörern anhört, gibt es dabei besonders viel zu entdecken.

Nick Cave ist natürlich der, den wir kennen: düster, melancholisch und kraftvoll wie immer. Zusammen mit Warren Ellis von The Bad Seeds legt er den Fokus dieses Mal aber auch auf die Musik. Gleich im Opener „Hand Of God“ batteln sich Streicher mit Beats, alles pulsiert, es liegt eine Spannung in der Luft. Die Nervosität nimmt „Old Time“ direkt auf.

Der Titeltrack ist erst mal lieblich, hat aber hinter dem Rücken schon das Messer in der Hand, um es dem arglosen Hörer in den Rücken rammen zu können – passend zu „Carnage“, das auf Deutsch in etwa Gemetzel oder Blutbad bedeutet. „And it’s only love with a little bit of rain. And I hope to see you again“, singt Cave bedrohlich.

„White Elephant“ kommt zunächst verkleidet daher, es ist bedrohlich und schwer greifbar, verwandelt sich im Laufe des Tracks jedoch völlig – am Ende haben wir es quasi mit einem fröhlichen Singalong zu tun.

Anschließend wird es sanft und getragen („Albuquerque“, „Lavender Fields“), bevor „Shattered Ground“ noch einmal in richtigen Gefühlstiefen zu wühlen scheint. „Only you are beautiful, only you are true. I don’t care what they are saying. They can scream their fucking faces blue again. I will be all alone when you are gone“, so die nachdrücklichsten Zeilen des Songs.

Der letzte Track „Balcony Man“ geht zum Schluss in einer Art Chor auf, hat die versöhnliche Zeile „This morning is amazing and so are you“ immer und immer wieder zu bieten und schmeißt den erleichterten Zuhörer dann doch mit „And what doesn’t kill you just makes you crazier“ raus.

„Eine brutale, aber wunderschöne Aufnahme, eingebettet in eine gemeinschaftliche Katastrophe“, nennt Cave selbst das Album. Denn entstanden ist es während mehrerer Lockdown-Wochen.

„Es dauerte gerade mal zweieinhalb Tage, bis diese acht Songs in irgendeiner Form standen“, ergänzt Warren Ellis. „Dann erst sagten wir uns: ‘Ach komm, lass uns doch ein Album machen!’ Das alles war also nicht sonderlich geplant.“

Eigentlich unglaublich, dass so ein starkes Werk mehr oder weniger ungeplant daherkam. Denn die beiden Musiker haben eine wirklich tolle, tiefgehende und spannungsgeladene Platte gemacht, bei der wir froh sind, dass wir sie so schnell in die Ohren bekommen haben. Und die damit auf ihre Art ein würdiger Nachfolger von „Ghosteen“ von 2019 ist.

 

Albuminfos Nick Cave & Warren Ellis – Carnage

Nick Cave & Warren Ellis - CarnageKünstler: Nick Cave & Warren Ellis
Albumname: Carnage
VÖ: 25.02.2021 (digital), 18.06.2021 (physisch)
Label: Goliath Records Ltd
nickcave.com

 

Fotos: Joel Ryan und Promo

 

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