So lief der vierte Proben-Tag beim Eurovision Song Contest 2022

Nicht-öffentliche Proben und virtuelle Pressekonferenzen: Tag vier beim Eurovision Song Contest 2022 hielt wieder einiges bereit.

Bevor die Presse ab Mittwoch endlich etwas mehr zu sehen bekommt, durften die restlichen Acts aus dem zweiten Halbfinale noch im Geheimen an ihren Auftritten feilen. Erneut gab es zu den Proben nur Video-Schnipsel auf TikTok sowie Bildergalerien zu sehen. Die Presserunden mit den Acts im Anschluss waren dagegen wieder durchaus aufschlussreich.

Hier sind unsere Beobachtungen zu den neun Acts, die am Dienstag in der Halle in Turin zu sehen waren.

Brooke (Irland)

Ein blauer Dress, dazu vier Tänzerinnen – das ist das, was wir den Proben-Fotos von Brooke aus Irland entnehmen können. Nichts zu sehen war dagegen von ihrer Spielzeug-Pistole, mit der sie normalerweise Spielgeld ins Publikum schießt. Ob diese doch noch auftaucht, werden wir also erst noch in Erfahrung bringen müssen.

Dafür berichtete die Sängerin in der Pressekonferenz, dass die passende Übersetzung ihres Songtitels „That’s Rich“ ihrer Meinung nach „Heuchler“ wäre und sie den Ausdruck von ihrer Großmutter aufgeschnappt hat. Und während der Track wie die Abrechnung mit einem Typen klingt, steckt auch da in Wahrheit mehr dahinter: „Ich habe es über fünf verschiedene Menschen geschrieben.“

Andrea (Nordmazedonien)

Direkt nach Brooke macht die nächste Sängerin eine toxische Beziehung zum Thema ihres ESC-Songs – Andrea aus Nordmazedonien. Bei ihrer ersten Probe hatte sie dafür unter anderem Hände auf den Videowänden, schränkte aber direkt danach ein: „Vielleicht ist auf den Screens beim nächsten Mal was anderes zu sehen.“

Auf Tänzer*innen oder weitere zusätzliche Personen auf der Bühne verzichtet sie übrigens komplett. „Ich werde alleine auf der Bühne stehen, aber davor habe ich keine Angst“, berichtete sie der Presse.

Stefan (Estland)

Bei Stefan trat genau das ein, was der Sänger bereits im Interview mit bleistiftrocker.de beim Eurovision in Concert in Amsterdam angekündigt hatte: Die beiden Cowboys, die beim estnischen Vorentscheid noch zu seiner Bühnenshow gehörten, sind in Turin nicht mehr dabei. Stattdessen steht der 24-Jährige alleine mit seiner Gitarre im Scheinwerferlicht.

„Ich war sehr zufrieden, vor allem mit dem Sound“, sagte Stefan in der virtuellen Pressekonferenz nach seiner Probe. „Wir wollten mehr Bewegung und mehr Energie.“ Übrigens soll es bei der Performance eine Art Filter-Effekt geben, der dann im TV zu sehen sein wird.

WRS (Rumänien)

Das war zu erwarten: Beim Auftritt von WRS wird viel getanzt. Dafür hat der rumänische Sänger vier Kolleg*innen mit dabei, die ihn in spektakulären Outfits unterstützen. Selbst beim Meet&Greet mit der Presse holte WRS sie alle auf die Bühne, später stieß auch noch seine Schwester dazu.

„Ich war ein bisschen nervös. Ich singe zum ersten Mal in meinem Leben mit einem Headset“, berichtete er von seinem ersten Probendurchlauf. Ein Instrument spielt der 29-Jährige übrigens nicht – daher auch das exzessive Tanzen. „Mein Körper ist mein Instrument.“

Ochman (Polen)

Ochman hat seinen Auftritt im Vergleich zum Vorentscheid in Polen noch mal deutlich überarbeitet. Nun sind vier verhüllte Tänzer*innen mit ihm auf der Bühne, während er in einem klassischen schwarzen Anzug seinen Song performt.

Die verhüllten Menschen auf der Bühne würden seine Dämonen repräsentieren, erklärte der Sänger später. Und teaserte noch etwas an: „Es gibt einen Moment in der Performance, in dem sie sich gegen mich richten.“ Ochman hat zudem erzählt, dass er im November 2022 ein Album veröffentlichen möchte – für die Zeit nach dem Eurovision Song Contest ist also auch schon gesorgt.

Vladana (Montenegro)

In einem wunderschönen blauen Kleid und ganz alleine war Vladana auf den Probenfotos zu sehen. Eine „warmherzige Geschichte“ soll im Staging zu sehen sein, wie die Sängerin im Anschluss bekanntgab.

Dass ihr Song „Breathe“ einen persönlichen und schmerzhaften Hintergrund hat, betonte sie einmal mehr – schließlich ist ihre Mutter an Corona verstorben. „Zwei Tage danach konnte ich kein Wort sprechen, aber ich habe diesen Song geschrieben.“ Ihre Mutter solle sie in diesen drei Minuten auf der ESC-Bühne hören. „Ich will nicht, dass die vielen Corona-Toten vergessen werden.“

Jérémie Makiese (Belgien)

Jérémie Makiese machte da weiter, wo er beim Eurovision in Concert in Amsterdam aufgehört hatte: Mit einer coolen Tanz-Performance, in die insgesamt vier Tänzer einsteigen. Der Sänger selbst war dabei in einer sehr auffälligen silbernen Jacke zu sehen.

„Das wird das erste Mal, dass ich in einer Arena vor Zehntausenden Menschen singe“, berichtete er – bei seinen Auftritten in der heimischen „The Voice“-Ausgabe seien wegen Corona nur die Coaches anwesend gewesen. Eine kleine Halsentzündung, wegen der der Belgier zuletzt einige Tage pausieren musste, sei schnell wieder abgeklungen. Und da inzwischen bekannt ist, dass Jérémie Makiese auch Fußballer ist, bekam er dann noch die Frage aller Fragen gestellt – Messi oder Ronaldo? Nach langem Zögern stand seine Antwort fest: „Messi.“

Cornelia Jakobs (Schweden)

Cornelia Jakobs ist, zumindest bei den Wettanbietern, eine Favoritin auf den Sieg beim Eurovision Song Contest 2022. Ihr Bühnenbild sah auf den Fotos aus wie das beim schwedischen Melodifestivalen, das sie im März gewonnen hatte. Nach eigener Aussage gab es aber noch durchaus Probleme, Cornelia Jakobs fiel sogar und verlor während eines Durchgangs ihren Sender.

Auch wird ihr die Nähe zum Publikum fehlen, die sie beim „Mello“ hatte, durch die Anordnung der Bühnen in Turin aber nicht hinkriegen wird. Was auf jeden Fall bleiben wird ist ihr Barfuß-Auftritt: „Es ist einfacher, die Balance zu finden. Die verliere ich manchmal, wenn ich meine Augen schließe. Deshalb ist es einfacher zu singen, wenn ich barfuß bin“, sagte die Sängerin über diese Angewohnheit.

We Are Domi (Tschechien)

Als letzter Act des zweiten Halbfinals durften sich We Are Domi auf der großen Eurovision-Stage einfinden. Wenig überraschend ist Gitarrist Casper wieder dabei zu sehen, wie er sein Instrument mit einem Bogen spielt. Außerdem sind einige Fotos eher dunkel und auf anderen sind so ziemlich alle Lampen an, die in der Halle von Turin zu finden sind.

„Wir haben seit Dezember so viel gearbeitet. Es war sehr besonders, jetzt auf der Bühne zu stehen“, berichtete Casper danach in der Presserunde. Nach den Zielen beim ESC gefragt ergänzte Dominika: „Unser Ziel ist es, dass unsere Musik gehört wird. Ohne Eurovision würden wir nicht so viele Menschen erreichen.“ Zum Schluss hielten die Macher*innen der Pressekonferenzen noch eine Überraschung für die Sängerin bereit: Diverse Geburtstagsgrüße für sie von anderen ESC-Acts wurden per Video eingespielt.

Am Mittwoch werden die akkreditierten Medien wie bleistiftrocker.de zum ersten Mal die Möglichkeit haben, per Online-Stream die Einzelproben der Acts zu verfolgen. Davon wird es von 10 Uhr an insgesamt 15 geben. Auf der Bühne stehen dann nacheinander Ronela Hajati (Albanien), Citi Zeni (Lettland), Monika Liu (Litauen), Marius Bear (Schweiz), LPS (Slowenien), Kalush Orchestra (Ukraine), Intelligent Music Project (Bulgarien), S10 (Niederlande), Zsub Si Zdob & Fratii Advahov (Moldau), Maro (Portugal), Mia Dimsic (Kroatien), REDDI (Dänemark), LUM!X & Pia Maria (Österreich) und Amanda Georgiadi Tenfjord (Griechenland). Mit allen wird es im Anschluss auch wieder Pressekonferenzen geben – das Pressezentrum in Turin ist dafür erstmals geöffnet.

Für Deutschland startet Malik Harris mit dem Song „Rockstars“ beim ESC 2022. Die deutsche Delegation macht sich am Mittwoch auf den Weg nach Turin. Zuvor war der Sänger am Dienstag noch beim NDR auf dem berühmten Roten Sofa zu sehen. In der Sendung wurde auch der Podcast ESC Greenroom kurz porträtiert, an dem bleistiftrocker.de-Chefredakteurin Sonja Riegel beteiligt ist. In der aktuellen Folge, die am heutigen Dienstag erschienen ist, spricht sie mit Sascha Gottschalk über die ersten Tage in Turin.

Das erste Halbfinale des Eurovision Song Contest 2022 steigt am 10. Mai, das zweite Halbfinale zwei Tage später. Am 14. Mai geht es dann im großen Finale um den Sieg.

Alle Songs des diesjährigen ESC kann man hier anhören. Alle Künstler*innen des Jahrgangs haben wir hier aufgelistet.