INTERVIEW: Olli Schulz

An Olli Schulz kommt man derzeit kaum vorbei. Der Wahl-Berliner spielt fast unaufhörlich Konzerte in der ganzen Republik, hat zuletzt eine eigene Stand-Up-Show veranstaltet, schreibt an einem Buch und hat auch noch ein neues Album am Start.

Beim Festival „Tübingen lauscht“ am 23. Juli 2011 hatte Olli Schulz noch eine andere Aufgabe: Er moderierte. Wir fingen ihn dort ab und sprachen mit ihm über seine Projekte, Rammstein-Fans, den „Bibo“-Song und seine Liebe zum Hamburger SV.

Olli Schulz, Interview

Frage: Hallo Olli, ich habe eine Mail an deinen Pressekontakt geschrieben und um ein Interview gebeten. Die Antwort kam direkt von dir. Machst du das alles alleine?

Olli Schulz: Eine Freundin von mir, die das normalerweise beantwortet, war gerade nicht da. Aber ansonsten mache ich das Meiste alleine.

Bist du denn auch alleine unterwegs?

Ja. Gestern habe ich in Potsdam auch ein Festival moderiert und bin dann mit dem Auto nach Tübingen gefahren.

Wie kommt es denn, dass du im Moment so häufig als Moderator gebucht wirst?

Das ist Zufall, glaube ich. Nur gestern und heute, ansonsten moderiere ich gar nicht so viel.

Siehst du dich denn trotzdem noch hauptsächlich als Musiker? Oder machst du dir über die Bezeichnung keine Gedanken?

Eigentlich denke ich darüber nicht nach. Ich mache einfach eine Show, bei der ich viel rede und viel Musik spiele, einfach eine Entertainment-One-Man-Olli-Schulz-Show. Die neue Platte wird zum Beispiel wieder sehr lustig, was die letzten nicht waren.

Du spielst schon ziemlich lange neue Songs. Wie sieht es mit dem Album aus, ist es inzwischen fertig?

Das Album ist fertig und es liegt nicht an mir, dass es nicht rauskommt. Die Plattenfirma muss jetzt entscheiden, ob sie es macht oder nicht. Ich bin ja noch bei der Sony und die haben noch Optionen, ich bin dort vertraglich gebunden. Sie müssen jetzt erst mal die Songs hören. Das hat ewig lange gedauert, bis ich da jemanden zu fassen gekriegt habe, weil es Umstrukturierungen gab. Jetzt treffen wir uns im August mit ihnen, dann hören sie sich die Sachen an und dann wird entschieden, wann die Platte rauskommt. Im Moment ist es mir aber gar nicht so wichtig, eine Platte rauszubringen. Ich toure einfach viel lieber.

Wieso?

Eine Platte bringt mir finanziell nicht viel und hat sehr an Wertschätzung verloren. Ich schreibe immer noch neue Lieder, wir nehmen einfach auf und dann packen wir einfach alles zusammen. Meine neue CD wird 30 bis 40 Skip-Punkte haben, da ist mal was Gesprochenes dazwischen, dann wieder ein Lied. Es wird keine Platte mit elf Liedern sein, die man in einem durchhört. Das ist mir auch zu langweilig, das habe ich bei den letzten beiden ja schon gemacht. Es wird alles sehr live klingen. Mein Produzent meint, die Platte sei eine Mischung aus Johnny Cash, Helge Schneider und Otto.

Wenn eine CD für dich an Wertschätzung verloren hat, wäre es eine Option, deine Musik über Downloads zu veröffentlichen?

Nein, das finde ich doof. Die Hörgewohnheiten bei den Leuten sind aber eben anders geworden, man kann alles anklicken, 30 Sekunden reinhören und alles wird gleich verurteilt. Man lässt eine Platte gar nicht mehr wachsen. Ich habe meine Platte extra nicht so konzipiert. Sie wird eigentlich wie ein großer Download werden, weil da alles Mögliche drauf ist. Ich möchte aber wenigstens, dass man das gesammelt hören kann.

Ist es dir als Musikhörer denn auch noch wichtig, etwas in der Hand zu haben?

Ich finde das schon immer noch toll. Ich bin eben in den Achtzigern groß geworden, noch mit Vinyl. Da bin ich anachronistisch.

Du hast schon vor einigen Jahren ein Buch angekündigt. Wann kommt es denn nun raus?

Ich habe es immer wieder überarbeitet, ich bin wahnsinnig geworden. Irgendwann musste ich mal loslassen und das ist mir jetzt endlich gelungen. Wir überlegen gerade, wann es rauskommen soll. Wahrscheinlich irgendwann im Frühjahr.

Du fragst bei deinen Konzerten sehr oft, ob jemand einen Songwunsch hat. Wenn jemand sich „Mach den Bibo“ wünscht, spielst du es dann oder hast du den Song komplett verbannt?

Nein, ich spiele ihn noch und auch immer noch gerne. Alleine bringt er aber keinen Spaß, den muss man mit Band spielen. Ich finde es ist ein guter Song, ein Kinderlied. Ich habe da kein Problem mit und schäme mich auch nicht dafür.

Und was ist mit der Diskussion, die unter den Indie-Fans aufkam?

Dafür hatte ich gar keine Zeit. Als der Bibo-Song rauskam, wurde gerade meine Tochter geboren und ich hatte ganz andere Sachen im Kopf. Gleichzeitig kam dieser Bibo-Song und das Stefan-Raab-Ding, aber ich war gar nicht so richtig da. Wenn mir dann jemand geschrieben hat, habe ich auch mal lapidar geantwortet. Auf ‚Ich finde du hast dich verkauft‘ habe ich dann ‚Hau ab, du Spinner‘ zurückgeschrieben. Ich hatte einfach keinen Nerv dafür, was die Außenstehenden natürlich nicht gewusst haben.

Du machst auf der Bühne häufig Witze über Rammstein. Hast du die Band denn mal getroffen?

Den Sänger Till Lindemann habe ich mal Mitte der Neunziger kennengelernt. Da habe ich beim John-Lennon-Förderpreis als Security gearbeitet und er saß in der Jury. Zu der Zeit kam gerade ihre Single „Engel“ raus. Da habe ich ihn drauf angesprochen. Er fragte, wie ich sie finde. Wie man so schleimermäßig ist, habe ich geantwortet: ‚Finde ich voll super.‘ Und da meinte er: ‚Ich finds nicht so gut. Ist ein bisschen poppig, sind bessere auf der Platte.‘ Und das fand ich total sympathisch. Und er war sehr höflich, freundlich und zurückhaltend. Ich muss ja sagen, dass ich auch ein Faible für die Band habe, das meine ich ganz ehrlich. Ich mache gerne Witze über sie, weil sich das anbietet. Das liegt aber eigentlich nicht an der Band, sondern an den Fans.

Wieso?

Ich finde Rammstein haben ganz fürchterliche Fans, Leute, die denken, das auf der Bühne sei alles echt. Und die verstehen halt auch keinen Spaß. Von der Musik kann man halten was man will, aber als Produkt haben Rammstein ein Unikat geschaffen. Außerdem sind ihre Videos große Unterhaltung.

Aber deine Witze sind noch nicht zu ihnen durchgedrungen?

Ich glaube nicht, dass die sich die Gags vom kleinen Olli Schulz anhören. Ich denke aber, dass sie genug Spaß verstehen, um das witzig zu finden.

Gibt es Leute, die Musik zu ernst nehmen?

Ja. Rammstein-Fans.

Wirklich nur Rammstein-Fans?

Nein, ganz viele. Ich hatte auch Bands, die mich durchs Leben begleitet und mir neue Perspektiven eröffnet haben. Trotzdem haben die aber auch Scheiße gemacht. Eine Band wie Bad Religion habe ich geliebt, da habe ich alle Texte gelesen. Trotzdem war es irgendwann auch scheiße, da war das Feuer weg. Du kannst als Band vielleicht nur ein paar Jahre gut sein. Deswegen ist es auch gar nicht schlimm, dass bei mir jetzt zweieinhalb Jahre seit der letzten Platte vergangen sind. Wenn ich sie letztes Jahr rausgebracht hätte, wäre sie vielleicht nicht so gut wie sie jetzt ist.

Zum Schluss noch die Fußballfrage: Wie schneidet der HSV in der kommenden Saison ab?

Abstiegskampf.

Glaubst du das wirklich?

Es ist gerade fürchterlich, sie haben eine ganz schlechte Einkaufspolitik. Ich bin wirklich HSV-Fan, aber wie die diesen Verein runtergewirtschaftet haben mit alten, ausgebrannten Spielern… Jetzt versuchen sie krampfhaft, die Mannschaft auszubauen, aber nur mit Spielern, die sich alle nicht kennen und jetzt auf einmal zusammengewürfelt werden. Das hat nichts mit Jürgen-Klopp-Mentalität zu tun, der hat es wiederum genial gemacht und seine Mannschaft eingeschworen. Das sehe ich beim HSV nicht. Den Trainer Oenning halte ich für wankelmütig, ich glaube er ist einfach nur gut für den Vorstand, damit sie ihn biegen können. Ich sehe es momentan als Katastrophe.

Aber du verfolgst den HSV trotzdem weiterhin?

Klar, ich habe die Raute im Herzen. Ich habe für „11 Freunde“ mal ein langes Interview über den HSV gemacht und dafür auch Ärger bekommen, weil man ja eigentlich bedingungslos hinter dem HSV stehen sollte. Das kann ich aber nicht. Der HSV ist meine große Liebe, meine Mannschaft, wenn es um Fußball geht. Ich bin aber auch kein riesiger Fanatiker. Ich weine nicht, wenn der HSV verliert.

Und wenn er tatsächlich absteigen würde?

Selbst dann würde ich denken: Zeit für einen Neuaufbau. Ich war 82/83 mit acht Jahren schon im Stadion und habe Ernst Happel, Manni Kaltz und Felix Magath gesehen. Nicht oft, aber ich war eben als Kind schon da. Das war eine wahnsinnige Mannschaft, die sie damals hatten. Sie ist 1982 ja auch Meister geworden. Das prägt einen natürlich und man wird mit 40 nicht auf einmal Fan von einer anderen Mannschaft. Deshalb werde ich auch immer HSV-Fan sein.

Was ist mit deiner Sympathie für den Stadtrivalen St. Pauli?

Als St. Pauli vor zwanzig Jahren das erste Mal aufgestiegen ist, fand ich das toll, aber ich war vorher schon HSV-Fan. Bei St. Pauli finde ich es halt doof, dass so viele Fan sind, weil es ein cooles Logo ist. Eigentlich ist St. Pauli genauso eine kommerzielle Maschine geworden wie der HSV. Das wird jeder Verein, wenn er erfolgreich ist.

Vielen Dank für das Gespräch, Olli.

Foto: Promo

(Im Original erschienen bei triggerfish.de am 03. August 2011.)

 

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