Suede – Autofiction (Review)

Ausgerechnet Suede, die Vorreiter des Britpop, wollen ein Punk-Album gemacht haben? Ja! Und wie sie das gemacht haben.

Suede

Nachdem „The Blue Hour“ 2018 eher verkopft (aber keinesfalls schlecht) war, kommt „Autofiction“ komplett roh um die Ecke. „Es war ein Versuch, den ganzen Dreck und den Lärm und die Naivität einer Live-Band zu erzeugen und das einzufangen“, erklärt Sänger Brett Anderson. Und dieser Versuch gelingt.

„She Still Leads Me On“ ist zwar eine Art Nachruf des Bandkopfs auf seine verstorbene Mutter, aber schon hier hat alles Energie und Live-Charakter. Früher wäre dieser Song bei Suede vermutlich eine Ballade geworden, jetzt hat er Power und bleibt dennoch berührend. „Personality Disorder“ räumt danach so richtig ab – mit einem markanten Riff, Sprechgesang in den Strophen und einem Refrain, der extrem nach dreckigem Live-Abriss klingt.

Ein Song zieht den Stecker

Mit Sicherheit auch ins Album eingeflossen ist die Dringlichkeit, wieder Konzerte spielen zu können – Suede hatten beispielsweise ihren Berlin-Gig zum Geburtstag von „Coming Up“ mehrfach verschieben müssen. Umso besser, dass sie das Gefühl nun auch auf Platte gebannt haben. „15 Again“ ist die 2022er Perspektive auf „So Young“ – die Zeit ist vergangen, die Energie und der Drang sind geblieben. „That Boy On The Stage“ ist dann herrlich selbstreferenziell – denn jener Boy ist selbstverständlich Andersons Bühnen-Ich.

Nachdem einen der Beginn von „Autofiction“ wundervoll atemlos zurückgelassen hat, zieht „Drive Myself Home“ dem Album einmal komplett den Stecker. Der Track ist ruhig, orchestral und durchaus ansprechend, die zuvor aufgebaute Spannung killt er jedoch vollständig.

Die Aufregung verfliegt gegen Ende

Der Longplayer findet aber zurück in die Spur. „Life without danger is no life“, kräht Anderson im rohen „Black Ice“, während seine Band sich einmal mehr an ihren Instrumenten austobt. „Shadow Self“ hat dann Anklänge von Art Brut – Eddie Argos hätte die Sprechpassagen jedenfalls nicht besser machen können.

Zum Schluss sind Suede nicht mehr so energisch, sondern eher flehend unterwegs. Dabei verfliegt die Aufregung von „Autofiction“ dann etwas, denn auf diese Art kennt (und mag) man die Band ja längst.

Obwohl die Alben seit dem Comeback allesamt gut waren, sind die ersten fünf Tracks auf dem neuen Werk das Beste, was die Londoner seit Ewigkeiten auf Platte gebannt haben. Und auch der Nachlauf kann sich wirklich hören lassen. Britpop goes Punk – gelungen!

 

Albuminfos Suede – Autofiction

Suede - AutofictionKünstler: Suede
Albumname: Autofiction
VÖ: 16.09.2022
Label: BMG Rights Management
suede.co.uk

 

Fotos: Dean Chalkley und Promo

 

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