Teya & Salena treten für Österreich beim Eurovision Song Contest 2023 an. Wir haben sie zum Zoom-Interview getroffen.
Im Gespräch mit bleistiftrocker.de reden Teya & Salena unter anderem über ihren Song „Who The Hell Is Edgar?“, den am Ende hilfreichen Leak des Tracks auf Twitter und ihre gemeinsamen ESC-Erinnerungen.
bleistiftrocker.de: Wie ist euer Song „Who The Hell Is Edgar?“ entstanden?
Salena: Angefangen hat es mit einem Gespräch, das Teya in einem Eurovision-Songwritingcamp mit der Songwriterin Elsie Bay hatte. Da ging es darum, wie es sich anfühlt, wenn man einen guten Song schreibt. Das fühlt sich meistens nicht an, als hätte man ihn selbst geschrieben, sondern wie eine Art Geist, der durch dich durchgeht. Und so waren die ersten Zeilen „There’s a ghost in my body“ da.
Teya: Genau, das war die Ursprungsidee. An dem Tag, an dem wir ihn geschrieben haben, haben wir eigentlich einen Solo-Song für Salena für den ESC geschrieben. Dann hatten wir vor der Listening Session noch eine Stunde Zeit und wollten einfach noch einen witzigen Song schreiben, weil wir so viel Spaß an dem Tag hatten und davon eine Momentaufnahme machen wollten. Es war ursprünglich ein witziges Thema, aber wir haben schnell gemerkt, dass wir das Bedürfnis haben, auch über unsere Erfahrungen im Musikbusiness, vor allem als Frauen, zu schreiben. In der Bridge kritisieren wir, dass Songwriter*innen davon nicht gut leben können, falls sie nicht zufällig Welthits schreiben.
Ein wichtiger Aspekt in eurem Text ist die Zahl 0,003. Könnt ihr erklären, was sie bedeutet?
Teya: 0,003 Dollar ist der Betrag, den man pro Stream auf Spotify bekommt. Man muss sich dann aber auch vorstellen, dass davon 80 Prozent in den meisten Fällen an das Label gehen, wenn man eins hat. Und der Rest wird dann auch noch aufgeteilt auf alle, die in den Song involviert waren. Es muss also eine Unmenge an Streams da sein, damit man überhaupt irgendwas davon hat. Man muss einfach unglaublich viel Glück haben.
Salena: One Hit Wonder sind die, die extrem viel verdienen. Oder die Elite, wenn es um Sänger*innen geht.
Und wie seid ihr darauf gekommen, Edgar Allan Poe für euren Song zu verwenden?
Salena: Als wir am Anfang improvisiert haben, kam einfach Edgar Allan Poe. Ich glaube, dass Teyas Songwriter-Hirn sich unterbewusst einen Namen zum Beat ausgesucht hat.
Teya: Es war absolut keine Absicht.
Salena: Aber dann kam es zum Thema Ghostwriting, also „There’s a ghost in my body“. Und wir haben herausgefunden, dass er der erste Schriftsteller war, der nur davon gelebt hat und dadurch ein finanziell schwieriges Leben hatte. Das passte perfekt in den Rest rein.
Teya: Er ist einfach der Inbegriff eines struggling artist. Das haben wir nach dem Camp erfahren und dann aus dem Grund die Bridge geschrieben.
Ein Schnipsel eures Songs wurde lange vor der Veröffentlichung auf Twitter geleakt. Wie war das für euch?
Salena: Dieser schreckliche Schnipsel. Es klang fast so, als wäre es mit einem Toaster aufgenommen worden. Es war wahrscheinlich ein Handy in der Hosentasche oder so. Damals waren wir gerade in der Schweiz, um den Song fertigzustellen.
Teya: Es war der letzte Tag, den wir an dem Song gearbeitet haben und wir waren eigentlich voll in Partystimmung. Und dann schauen wir auf unser Handy und auf einmal folgen uns so 50 ESC-Leute. Und es war noch nicht announced, dass wir es überhaupt sind. Weil wir die Eurovision-Fans gut kennen, war unser erster Stopp gleich Twitter und da haben wir es gefunden. Und wenn wir ehrlich sind, es klang absolut scheiße.
Salena: Wir hatten wirklich eine emotionale Achterbahnfahrt an dem Tag. Erst „Oh, was passiert da gerade?“, dann Akzeptanz und dann war ich kurz vor dem Heulen, weil die Kommentare darunter echt nicht nett waren.
Teya: Ich war ziemlich frustriert. Es ist unglaublich respektlos, das Werk von jemandem einfach so zu veröffentlichen. Aber es hat sich dann sehr schnell gelegt. Und dann haben wir richtig lange über die Memes gelacht, weil sie echt witzig waren. Im Endeffekt hätte nichts besseres passieren können und wir sind nicht mehr sauer.
Salena: Wir sind dankbar, weil dann eben dieser Hype da war. Und jetzt ist die Resonanz auf den Song echt großartig. Ich finde im Moment keine negativen Kommentare.
Als der Song dann veröffentlicht wurde, gab es tatsächlich einen Hype. Wie war das für euch?
Teya: Wir waren den ganzen Tag im ORF und ewig bei Interviews. Es gab also eine komplette Ungewissheit, wie es gerade ankommt. Am Abend haben wir dann für uns eine Release Party im kleinen Kreis gemacht und uns mit einer guten Freundin aus dem Management ein paar Reactions angeschaut. Denn die waren schon nach ein paar Stunden auf Youtube zu sehen. Dann haben wir erst mal eine gute Stunde geheult.
Salena: Und ich sehe diese Frau tatsächlich nie heulen.
Teya: Es hat uns einfach richtig berührt. Vor allem als Songwriterin, wenn Millionen von Menschen es hören und auch noch analysieren.
Salena: Auch für mich als Sängerin. Die Leute haben es sich tatsächlich angehört und es gefällt ihnen, was wir machen. Und dass man als Person gesehen wird. Ich arbeite ja auch schon seit Jahren daran, dass man mich hört und sieht.
Die Frage ist jetzt natürlich, wie euer Auftritt auf der Bühne in Liverpool aussehen wird. Was könnt ihr dazu verraten?
Teya: Ihr kennt auf jeden Fall einen Teil des Bühnenauftritts. Vielleicht habt ihr schon mal was gesehen, was vielleicht dann auch auf der Bühne sein wird. Und vielleicht macht es Sinn, sich vorzubereiten und den Tanz zu lernen.
Österreich muss sich natürlich erst mal über das Halbfinale qualifizieren. Aber was ist denn euer erklärtes Ziel in Liverpool?
Salena: Das Wichtigste ist, dass für uns gerade ein Kindheitstraum in Erfüllung geht. Und wenn wir es ins Finale schaffen … Naja, den bestmöglichen Platz halt. Wie kann man das sagen, ohne dass es weird klingt?
Teya: Für uns ist am wichtigsten, überhaupt mitzumachen. Und dieses ganze Ranking ist ja eigentlich nur ein Unterhaltungsfaktor. Man kann die Liebe zur Musik eh nicht ranken, das ist komplett individuell und soll es auch sein. Für uns war nie das Ziel, einen bestimmten Platz zu erreichen. Aber es ist ganz lustig, wie sich das entwickelt. Unser erstes Ziel war, dass wir ins Finale kommen müssen. Jetzt, wo es so gut angekommen ist und auch in den Wettquoten so gut ausschaut, haben wir uns unterbewusst höhere Ziele gesteckt. Man kann da schnell reinfallen. Aber wir erinnern uns immer wieder gegenseitig, dass unser größter Traum gerade wahr wird. Und es ist absolut nicht wichtig, auf welchem Platz wir sind.
Wenn der ESC für euch ein Kindheitstraum ist: Was verbindet ihr mit dem Wettbewerb?
Salena: Wir sind riesige Fans und schauen schon seit unserer Kindheit den ESC mit unseren Eltern. Teya und ich hatten anscheinend den gleichen Moment, in dem wir unsere Liebe zum ESC vertieft haben – 2007, als Serbien mit „Molitva“ gewonnen hat. Ich habe in einem Interview angefangen, das Lied zu summen und Teya hat gesagt, dass das auch ihr Moment war. Und das ist tatsächlich die frühste Erinnerung, die ich habe.
Teya: Dieser Moment, Marija Serifovic auf der Bühne zu sehen, und zu merken, dass es total egal ist, woher du kommst, welche Sprache du sprichst, wer du bist, wie du ausschaust, wen du liebst – du kannst auf so eine große Bühne kommen und es ist alles möglich. Das ist das, was den ESC ausmacht und wieso wir den ESC so sehr lieben. Deswegen sind wir so unglaublich dankbar, dass wir jetzt Teil von dieser Community sind und es hautnah miterleben dürfen.
Salena: Wir haben ja beide schon bei Castingshows mitgemacht. Und ich merke einfach den Unterschied, wie die Leute darauf reagieren. Ich habe lange Zeit mit mir, meinem Körper und meinem Aussehen gestruggelt. Das hat man bei diesen Castingshows jedes Mal abbekommen, ganz schlimm. Ich hatte irrsinnige Angst davor, dass da irgendwas kommt, wenn wir für den ESC announced werden. Dass Leute irgendwas an meiner Person stört. Und ich kann nicht sagen, wie glücklich ich bin. Ich bin das erste Mal zu 100 Prozent authentisch, ich muss mich nicht verstellen, ich muss nicht weniger verrückt sein. Ich liebe es.
Teya: Wir nehmen uns halt auch mit dem Song nicht zu ernst. Wir haben die Möglichkeit, einfach Spaß zu haben und so akzeptiert zu werden, wie wir sind. Das ist einfach das größte Privileg, das man als Künstler*in haben kann.
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Foto: ORF / Roman Zach-Kiesling