Will Church: „Meine Bühnenshow wird sehr emotional und cool“

„Hold On“ heißt der Song, mit dem Will Church beim deutschen ESC-Vorentscheid „Unser Lied für Liverpool“ an den Start geht. Wir haben uns mit dem Sänger unterhalten.

Will Church, Unser Lied für Liverpool

Im Zoom-Interview mit bleistiftrocker.de spricht Will Church unter anderem über die Bedeutung von „Hold On“, seinen „The Voice“-Auftritt mit „Arcade“ und einen ganz speziellen Moment als Straßenmusiker.

 

bleistiftrocker.de: Worum geht es in deinem Song „Hold On“?

Will Church: Mein Song ist wie eine Art Reminder, dass man mehr schafft, wenn man zusammenhält und wenn man sich gegenseitig hilft und auch Hilfe zulässt. Viele Leute fühlen sich mit ihren Struggles alleine gelassen und trauen sich teilweise nicht, Hilfe anzunehmen. Bei mir sind es Familie, Freundin und Freunde, die total viel helfen. Bei anderen kann es ein Psychologe sein oder Sport. Ich finde es halt nur gut, dass man sich darauf einlässt und sagt: Ich muss jetzt nicht alles alleine regeln.

Wie ist der Song denn entstanden?

Wir haben eine Session gemacht, das ist schon eine ganze Weile her. Und als wir die Melodie dann hatten, war irgendwie klar: Okay, das könnte was werden in Richtung ESC. Den sollten wir beiseite packen und da im November mal unser Glück versuchen.

Und wann war diese Session?

Tatsächlich schon letztes Jahr. Das finde ich auch sehr witzig, weil ab und zu bei mir so ein Sam-Ryder-Vergleich kommt, auch vom Song her. Aber er war schon fertig geschrieben und aufgenommen, als Sam Ryder noch gar nicht auf der ESC-Bühne war.

Was ist deine Verbindung zum ESC?

Ich verfolge das schon eine ganze Weile. Und spätestens nach dem Gewinn von Lena 2010 war ich natürlich auch voll hooked. Früher waren eher bekanntere Leute und richtige Stars da, bei Lena fing es an, dass jemand dafür gecastet wurde. Das bedeutete, dass es theoretisch einige Leute hinschaffen können. Aber es war damals in sehr weiter Distanz, dass man es jemals auf die große Bühne schaffen könnte. Deswegen ist es voll verrückt und wild, dass ich dieses Jahr beim Vorentscheid bin und da jetzt von der Anzahl her eine 1:9-Chance habe.

Bei deiner „The Voice“ Blind Audition hast du „Arcade“ von Duncan Laurence gesungen, den ESC-Siegersong von 2019. Wie bist du dazu gekommen?

Ich hatte den Song schon auf dem Schirm und kannte ihn vom ESC. Bei „The Voice“ bekommst du eine riesige Liste an Songs, die du singen dürftest. Und er war nicht mal auf meiner Top-Ten-Liste drauf. Da hat irgendein ganz schlauer Musikredakteur die Idee gehabt, dass der mir gut stehen könnte. Und dann haben sie ihn mir vorgeschlagen, ich habe ihn probiert und dachte: Hä? Der ist besser als alle Songs, die ich kenne! Ich war wirklich sofort verliebt. Es war ganz geil, dass ich so in den Song reingeschubst wurde.

Du warst schon vor „The Voice“ als Sänger unterwegs. Wie bist du zur Musik gekommen?

Ich mache schon lange Musik. Ich habe nach dem Abitur eine Band gegründet und versucht, von der Musik zu leben. Es war zu dem Zeitpunkt auch das einzige, von dem ich dachte, dass ich es wirklich gut könnte. Ich habe dann immer weitergemacht. Bei einem Bandcontest habe ich einen Produzenten kennengelernt, durch den Produzenten einen Verlag, durch den Verlag andere Songwriter. Jetzt release ich seit vier Jahren selbst Songs, die auch mehr oder weniger gut laufen, und bin voll happy damit.

Aber „The Voice“ war für dich wahrscheinlich trotzdem der Boost, oder?

Na ja, was heißt der Boost. Klar, ich hatte die Aufmerksamkeit, die ich vorher hatte, ungefähr verdoppelt. Jetzt hatte ich davor nicht die gigantischste Aufmerksamkeit, also muss man das auch relativ sehen. Wenn du mit dem Gedanken zu „The Voice“ gehst, jetzt der nächste Weltstar zu werden, dann liegst du halt ein bisschen daneben. Mein Ziel war, eine geile Blind Audition und damit einen guten Eindruck zu machen. Für mich hat sich das voll gelohnt. Und mitten im Lockdown hatte ich die Chance, auf einer geilen Bühne zu stehen, das hatten die meisten Musiker nicht.

Du hast im letzten Jahr den „German Songwriting Award“ gewonnen. Was bedeutet dir so eine Auszeichnung?

Das war sehr witzig. Dafür bewirbt man sich eigentlich, ich habe von mehreren tausend Bewerbern gehört. Ich war zufällig bei einem Songwriting-Camp mit Daniel Grunenberg, der zweiten Hälfte von Glasperlenspiel. Mit ihm hatte ich einen Song zusammen und irgendwer hat ihn so Wildcard-mäßig da eingereicht bei dem Award. Und dann haben wir ihn gewonnen. Es war der erste Award, den ich für Songwriting bekommen habe. Das war schon ein Meilenstein und ganz nice.

Du hast auf deinem YouTube-Kanal die anderen Acts und Songs von „Unser Lied für Liverpool“ angeschaut und bewertet. Wie bist du auf diese Idee gekommen?

Ich war selbst so ein bisschen süchtig nach Reaction-Videos von anderen YouTubern. Einfach um zu gucken, wie man selbst steht. Und ich fand es manchmal … hm, nicht unfair, aber es ist halt eine komplett subjektive Meinung, die du da hast als jemand, der auf die Songs reagiert. Und eigentlich macht es gar keinen richtigen Sinn, sich das anzugucken. Aber ich fand es irgendwie ganz witzig und unterhaltsam. Ich fand es eine witzige Idee, da meinen Senf dazuzugeben und mir die Songs auch mal bewusst anzuhören. Es kam auch ganz gut an, glaube ich.

Du hast sogar deine eigene Version von Ikke Hüftgolds „Lied mit gutem Text“ aufgenommen. Wie ist das entstanden?

Ich wollte von irgendjemand den Song covern und habe bei Instagram eine Abstimmung gemacht. Am Ende war es er gegen Lonely Spring. Und von dem Voting hatte Ikke Wind bekommen und dann die Story bei sich geteilt. Dann hatte ich am Ende seine ganzen Fans, die da abgestimmt haben, das Ergebnis war dann 1000 zu 60 oder so. Und dann habe ich eben den Song gecovert und mir auch eine besondere Version einfallen lassen.

Was kann man von deiner Bühnenshow bei „Unser Lied für Liverpool“ erwarten? Wird es wie im Video einen Wald geben?

Funfact zum Video: Das ist schon lange vor dem ESC entstanden. Ich war letztes Jahr schon mal drauf und dran, den Song einfach rauszubringen und hatte sogar schon Gespräche mit einem Label. Aber irgendwie hatte ich ein schlechtes Gefühl und wollte es lieber für den ESC aufheben. Aber weil ich schon so kurz vor einem Release stand, hatte ich halt schon ein Video fertig. Einfach so, zum Pitching. Als ich die Zusage für den ESC-Vorentscheid bekomme habe, war gar keine Zeit mehr und mitten im Januar kannst du mit keinem Menschen irgendwas drehen. Deswegen haben wir gesagt: Ach komm, das bleibt jetzt das Video. Aber die Bühnenshow ist auf jeden Fall ganz anders. Es soll ein bisschen düster anfangen und gegen Ende immer heller werden. Es wird sehr emotional und cool, glaube ich.

Ist es richtig, dass du eine besondere Verbindung zu England hast, wo der ESC in diesem Jahr stattfinden wird?

Ja. Einer meiner wichtigsten Meilensteine in meiner Karriere war Straßenmusik, ich habe immer ganz viel Straßenmusik gemacht. Angefangen hat es für mich in Brighton, im Süden Englands. Ich war ein paar Monate dort und habe den Beschluss gefasst, zum ersten Mal in meinem Leben Straßenmusik zu probieren. Ich war voll nervös und habe mich bei gefühlt zwei Grad, Wind und leichtem Regen da hingestellt. Und wollte schon fast wieder einpacken, als ein Typ aus einem Café rauskam, mir eine Blume und eine kleine Kerze hinstellte und meinte: „Good luck, mate! Have fun!“ Dann ist er wieder reingegangen. Das hat mich so motiviert, weiterzumachen und ich habe dann auch durchgezogen und meine Pfunds verdient. Und ab dem Moment noch bestimmt tausend Mal Straßenmusik gemacht. Wäre der Typ nicht rausgekommen, ich weiß nicht, ob ich jemals Straßenmusik gemacht hätte. Und ich weiß auch nicht, wie selbstbewusst ich dann heute noch wäre. Das witzige ist, dass das danach nie wieder passiert ist – dass ein Typ irgendwo rauskam und mir einfach Mut zugesprochen und mir was hingestellt hat.

Machst du auch heute noch Straßenmusik?

Ich habe vor Corona auf jeden Fall noch viel gemacht. Ich habe in Deutschland auch regelmäßig eine Straßenmusik-Tour gemacht. Immer mal eine Woche oder zwei im Sommer, das war ziemlich geil. Jetzt ist es ein bisschen eingefroren. Es ist auch nicht so einfach in Berlin. Ich musste mal 600 Euro Strafe zahlen für Straßenmusik am Alexanderplatz. Deshalb mache ich es nicht mehr in Berlin, wenn dann woanders. Vielleicht ja bald in Liverpool.

 

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Foto: NDR / Benjamin Süßkirch