ALBUM-REVIEW: AnnenMayKantereit – Schlagschatten

AnnenMayKantereit sind selbst in ihr erstes Album „Alles nix Konkretes“ mit dermaßen vielen Vorschusslorbeeren gestartet, dass der Druck des Zweitwerks für sie kein Problem mehr gewesen sein dürfte.

AnnenMayKantereit

Und dennoch hat die Kölner Band einiges anders gemacht. Im Sommer zog es den Vierer für mehrere Wochen in ein spanisches Dorf, wo er sich ein provisorisches Studio einrichtete und die Songs ausarbeitete. Im Gegensatz zum Debüt wurde dieses Mal nicht alles live eingespielt. Auch den Produzenten haben AnnenMayKantereit gewechselt und sind bei Markus Ganter gelandet.

Natürlich klingen sie trotzdem noch immer unverkennbar nach sich selbst, was vor allem an der vielfach beschriebenen Stimme von Sänger Henning May liegt: Sie ist dunkel, eindringlich und immer irgendwie an der Schwelle zur Heiserkeit. Dazu baut ihm seine Band ein solides Rock-Fundament und nimmt sich auch gerne mal zurück, um den Frontmann noch mehr in den Vordergrund zu stellen.

Die erste Single „Marie“ ist auch der erste Song von „Schlagschatten“, alles beginnt also mit dem brachialen Satz „Die Vögel scheißen vom Himmel“. Anschließend wartet der Protagonist auf Rettung, die nicht kommt. Kurz darauf wechselt die Stimmung des Albums, es geht um Verliebtheit und erst wenn AnnenMayKantereit bei „Ich geh heute nicht mehr tanzen“ wieder in den Weltschmerz-Modus schalten, hört man ihnen wieder interessiert zu.

„Weiße Wand“ ist durchaus existenziell, „Hinter klugen Sätzen“ ist wie viele Stücke des Albums voller Zweifel. Etwas kitschig wird es mit „Jenny Jenny“, einem Song über eine Flugbegleiterin. „Schon krass“ verarbeitet schließlich Drogenerfahrungen.

Der Titeltrack schließt das Album ab, das insgesamt sehr erwachsen und melancholisch geraten ist. Mit 14 Songs ist es zudem recht lang – hinzu kommt, dass die Band zu jedem der Stücke ein Video abliefert.

Und wieso heißt das Werk ausgerechnet „Schlagschatten“? Henning May erklärt es so: „Kennst du das Gefühl, wenn du in der Bahn sitzt, draußen die Bäume vorbeirauschen und die Schlagschatten durch das Abteil wandern? Ich kriege dann immer diese Zugmelancholie, die ich mit den Schatten verbinde, obwohl es mir eigentlich gut gehen sollte. Wenn der Schlagschatten also eine Emotion wäre, dann wäre es für mich der Kontrast zwischen einem kleinen Glück, das man zum Beispiel beim Zugfahren oder auch beim Teetrinken empfindet, und einem Schmerz, der im Hintergrund konstant pocht, sich aber nicht greifen lässt.“

 

Albuminfos AnnenMayKantereit – Schlagschatten

AnnenMayKantereit - SchlagschattenKünstler: AnnenMayKantereit
Albumname: Schlagschatten
VÖ: 07.12.2018
Label: Vertigo Berlin
annenmaykantereit.com

 

Fotos: Martin Lamberty

 

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