ALBUM-REVIEW: Die Ärzte – Dunkel

Das zweite Album innerhalb von nicht mal einem Jahr – die Ärzte sind aktuell äußerst produktiv unterwegs. Auf „Dunkel“ ist das jedoch nicht nur Segen.

Die Ärzte

„Hell“ hatte 18 Songs zu bieten, „Dunkel“ nun sogar 19. Dadurch, das sei direkt vorab gesagt, kriegt das Album aber auch seine Längen – über eine Stunde ist es am Ende lang. Hardcore-Fans, die die Band ja reichlich hat, dürfte das auf alle Fälle freuen.

Die erste Befürchtung, die wahr wird: Die für Ärzte-Verhältnisse allenfalls durchschnittliche Single „Noise“, die als einzige vorab veröffentlicht und dazu mit einem sehr unterhaltsamen Video versehen wurde, ist im Kosmos von „Dunkel“ tatsächlich einer der besseren Songs.

Und dabei ist die Hoffnung groß, als sich der Titel „KFM“ des ersten Tracks als Abkürzung für selbsternannte „Karnickelfickmusik“ entpuppt. Derartige Kniffe, seien sie auch noch so seltsam, gehen dem Album in seiner Gesamtheit dann aber leider ab.

Natürlich hat auch „Dunkel“ wirklich gute Momente: Wie immer haben die Ärzte die Power, sich deutlich zu positionieren, dieses Mal mit „Doof“, in dem gemeinsam mit einem Kinderchor gegen Nazis gewettert wird. Der Trennungssong „Wissen“ hat auch eine besondere Energie und „Anti“ spielt sich zum Satz „Brennst du noch oder explodierst du schon?“ in einen herrlichen Rock-Rausch. Ein weiterer Lichtblick ist der Gastauftritt von Rapperin Ebow in „Kerngeschäft“.

Seinem Namen macht das Album, auch in Abgrenzung zum Vorgänger „Hell“, immer wieder alle Ehre mit durchgehend melancholischen Songs, allen voran dem Titeltrack. Ob die jedoch so gut für die Liveshows, die für 2021 nun ohnehin abgesagt werden musste, gewesen wären, ist zumindest fraglich.

Der Rest des Longplayers verschwimmt leider zu oft, was natürlich auch der Länge geschuldet ist. Bei „Tristesse“ werden etwas einfallslos französische Worte aneinander gereiht, bei „Menschen“ ist der düstere Satz „Menschen sind für Menschen nicht gemacht“ eine traurige wie gute Schlussfolgerung, musikalisch wird sie allerdings nicht allzu spannend vorgetragen. Und viele andere Songs füllen leider einfach nur das Album auf.

Ein überraschend guter Ausklang ist dann aber der Abschlusstrack mit dem herrlichen Namen „Our Bass Player Hates This Song“. In typischer „Farin singt einen Ärzte-Song“-Manier spielt er sich schmissig, rätselhaft und selbstreferenziell nach vorne, um dann gerade noch rechtzeitig eine wichtige Botschaft zu verbreiten: „Wie wärs mit wählen gehen? Dein Kreuz gegen Hakenkreuze!“ Mit Haltung sind die Ärzte immer noch am allerbesten.

 

Albuminfos Die Ärzte – Dunkel

Die Ärzte - DunkelKünstler: Die Ärzte
Albumname: Dunkel
VÖ: 24.09.2021
Label: Hot Action Records
bademeister.com

 

Fotos: Jörg Steinmetz und Promo

 

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