ALBUM-REVIEW: Herbert Grönemeyer – 12

So schlicht, wie der Titel es vermuten lässt, ist das neue Grönemeyer-Werk ganz sicher nicht. Benannt nach der Songanzahl “12”, finden sich auf dem Album musikalisch und textlich sehr vielseitige Stücke, die sich zumeist deutlich voneinander abgrenzen lassen.

Herbert Grönemeyer - 12Die erste Single “Stück vom Himmel” kritisiert die Ausbeutung der Religion als Schutzschild für eigene Taten. Die Musik schwingt sich gleich zu Beginn pompös auf, der Song behält jedoch eine gewisse Radiotauglichkeit.

Synthesizer und Gitarre

Mit ordentlich Pepp kommen die Stücke “Kopf hoch, tanzen”, “Spur” und “Zieh deinen Weg” daher und erinnern damit an Grönemeyers “Bleibt alles anders”-Album von 1998, wenn auch die Texte weniger Zerissenheit aufweisen. Musikalisch geht “Kopf hoch, tanzen” mit Synthesizern einen überraschenden, aber auch gelungenen Weg. Bei “Spur” überzeugen die Gitarrenklänge.

Die zweite Singleauskopplung “Du bist die” hat durchaus mehr zu bieten als nur eine Liebeserklärung. Es ist das Spiel mit der Sprache, die den Song besonders macht. “Du bist die, die mich verliebt”, lautet solch eine Zeile, die den Albumkauf fast im Alleingang rechtfertig. Zu einem Highlight wird der Song zusätzlich durch sein Arrangement, das ihn gegen Ende in die Höhe hebt.

Erfrischend überheblich

Befreiend, sarkastisch und mit einem Schuss erfrischender Überheblichkeit kommen die Songs “Leb’ in meiner Welt” und “Ohne dich” daher. “Ich versteh” wirkt dagegen leider wie ein Fülltrack, um den Albumtitel rechtfertigen zu können. Der Song kann seine Geschichte leider nicht so schön entfalten und musikalisch untermauern, wie es die anderen um ihn herum tun.

Ganz am Rand des Albums steht “Marlene”, die Geschichte über den Mangel an AIDS-Medikamenten in Afrika. Grönemeyer, der in verschiedenen Organisationen gegen Armut kämpft und im Sommer 2005 in Berlin beim “Live 8”-Konzert auftrat, schafft damit einen sozialkritischen Song, der zweifelsohne seine Daseinsberechtigung hat. Auf dem Album wirkt er leider, gerade auch durch seine Platzierung als viertes Lied, etwas Fehl am Platz.

Empfehlenswertes Album

Abschließend lässt sich sagen, dass Herbert Grönemeyer wieder ein sehr empfehlenswertes Album abgeliefert hat. Zwar wirkt es nicht ganz so homogen wie seine Vorgänger “Bleibt alles anders” und “Mensch”, aber jeder Song hat seine ganz eigene Geschichte und nimmt seine eigene Entwicklung. Man darf gespannt sein auf die Deutschlandtour, die Ende Mai beginnt und Grönemeyer am 5. und 6. Juni auch nach Frankfurt führen wird.

(Im Original erschienen im Campusmagazin der Hochschule Darmstadt am 24. April 2007.)