INTERVIEW: Isolation Berlin

Isolation Berlin werden in dieser Woche ihr neues Album „Geheimnis“ veröffentlichen. Wir haben uns vorab mit Sänger Tobias Bamborschke unterhalten.

Isolation Berlin

Im Interview mit bleistiftrocker.de spricht der Frontmann unter anderem über die neuen Songs, Melancholie und das Live-Comeback seiner Band.

bleistiftrocker.de: Was ist an eurem neuen Album anders als auf den Vorgängern?

Tobias Bamborschke (Isolation Berlin): Die Figuren, die ich erschaffe, befinden sich noch mal in intimeren Momenten. Es sind Themen, die da angesprochen werden, die man mit kaum jemandem besprechen würde. Wie der Albumtitel schon sagt – „Geheimnis“. Es sind noch schonungslosere und intimere Gedanken.

Ist „Private Probleme“ dann so etwas wie das Kernstück des Albums? Du singst darin, dass du dich für deine Probleme schämst, gehst aber trotzdem mit ihnen nach draußen.

Es ist immer dieser Zwiespalt als Künstler. Einerseits will man möglichst echt sein und mit seinen eigenen Emotionen arbeiten, man will aber auch nicht zu viel preisgeben und zu intim werden. Ich finde es wichtig, dass man immer eine künstlerische Distanz wahrt. Ich probiere das immer durch eine Symbolik, die ich erschaffe. Und „Private Probleme“ war so ein Lied, das sich auch damit auseinandersetzt, dass ich von Anfang an recht offen mit meinen Depressionen umgegangen bin und darüber auch geschrieben habe – und dass da plötzlich viele intime Fragen kamen und mich das auch überfordert hat. Viele Menschen wollten alles von mir wissen, da musste ich auch irgendwie eine Grenze ziehen. Ich arbeite mit intimen Sorgen und intimen Gefühlen, aber ich will auch nicht alles in der Öffentlichkeit besprechen, was mich beschäftigt.

Wie schwer ist es für dich, diese Grenze dann auch in Interviews zu ziehen?

Das ist immer noch schwer. Aber ich kann es mittlerweile ganz gut, dass ich es dann so ein bisschen umschiffe. Es gab so Fragen, ob ich jetzt eine Freundin hätte und ob es mir besser gehen würde, darüber rede ich nicht.

Euer Opener „Am Ende zählst nur du“ ist fast ein Liebeslied, aber danach wird es deutlich trauriger – der Track führt einen also ein bisschen in die Irre. War es Absicht, ihn auf dem Album voranzustellen?

Ja, schon. Das Album ist für mich eine ganze Geschichte, verschiedene Lebensphasen, die da umschrieben werden. Der erste Song ist mein Versuch gewesen, eine Art Kinderlied zu schreiben und diese kindliche Geborgenheit einzufangen, die man in der Liebe finden kann. Es ist nicht unbedingt chronologisch, aber das ganze Album deckt mehrere Phasen eines Lebens ab. Es fängt mit dieser fast kindlichen Geborgenheit an und endet mit dem Alter und der Einsamkeit.

Ist es denn das Leben einer Person oder kommen verschiedene zusammen?

Ich sehe es nicht als Album, das die Geschichte einer Person zusammenfasst. Es sind Phasen, durch die jeder muss. Eigentlich ist es ein Album des Wachsens und der Suche nach sich selbst.

Eine Frage, die sich zum Beispiel beim Hören von „Ich hasse Fußballspielen“ stellt: Macht ihr Außenseitermusik?

(überlegt) So würde ich das nicht sagen. Aber Außenseiter spielen immer eine große Rolle in unserer Musik, das schon. Es hat mich immer interessiert, wie Menschen mit ihrem Leid umgehen. Leid und Sensibilität führen sehr schnell zum Außenseitertum – wenn man schwach und sensibel ist, ist man ein leichtes Opfer für Leute, die einen quälen wollen.

In eurem Pressetext zum neuen Album steht der Satz „Erst wenn das Publikum Bühnenfigur und Privatperson nicht mehr unterscheiden kann, wird der Performer ein Star“. Passt diese Beschreibung zu dir?

Ja, schon. Ich wollte immer ein Star sein. Bei „Enfant perdu“ geht es ja auch um einen Menschen, der ein Star war, aber nicht mehr erfolgreich ist. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man als Künstler beide Seiten reinbringt. Aber dass man aus seiner Persönlichkeit auch mehr macht, als man eigentlich ist, und damit größer wird als die Privatperson.

Siehst du dich als Star?

Nein.

Aber du spielst auf einer Bühne vor vielen Leuten deine Musik.

Aber als Star sehe ich das nicht. Lana Del Rey ist für mich ein Star oder Michael Jackson, aber ich bin kein Star.

Auf bleistiftrocker.de haben wir über euer letztes Album „Vergifte dich“ sinngemäß geschrieben, dass ihr die Melancholie auf eure eigene Weise feiert. Fühlt ihr euch da gut beschrieben – also dass ihr die Melancholie zelebriert und besonders darstellt in eurer Musik?

Melancholie ist das Glücklichsein im Traurigsein, finde ich. Das ist etwas sehr Schönes, der Grenzbereich zwischen fröhlich und traurig. Eine Glückseligkeit, kann man sagen. Ich habe eigentlich durchgängig eine Grundtraurigkeit in mir, dann ist Melancholie ganz besonders schön. Man ist traurig und in dem Traurigsein trotzdem glücklich. Das ist ein schönes Gefühl, finde ich.

Ist das dann auch der Zustand, in dem du Songs schreibst?

Das Songschreiben bringt mich eher in eine Melancholie, es holt mich raus aus der puren Traurigkeit oder der Verzweiflung. Die Kunst holt mich aus der Depression und dadurch schaffe ich es im besten Fall, in einen Zustand der Melancholie zu kommen, den ich dann als Glück empfinde.

Hat die Corona-Zeit euer Album geprägt?

Schwer zu sagen. Ich glaube schon. Wir hatten uns eh freigenommen, um am Album zu arbeiten. Und dann kam Corona. Dadurch hat sich alles verzögert und wir haben am Ende mehr Zeit in die Musik gesteckt. Wir hatten mehr Phasen, in denen wir uns zurückziehen mussten. Dadurch ist alles ein bisschen runder und durchdachter geworden. Ich glaube, dass das dem Album gutgetan hat.

Wie ist das Gefühl, jetzt wieder auf der Bühne zu stehen?

Es ist mega. Wir haben es schon vermisst. Wir schreiben für die Bühne und wollen mit den Liedern auf die Bühne gehen. Es bremst einen schon im Schreibprozess oder nimmt einem die Euphorie, wenn man nicht weiß, wann man sie jemals aufführen kann. Deshalb sind wir sehr froh, jetzt wieder spielen zu dürfen. Dafür ist man eine Band.

Du bist Texter und Frontmann von Isolation Berlin. Wie demokratisch läuft es bei euch in der Band ab?

Ich arbeite eine ganze Weile alleine an meinen Texten und meistens auch schon an Aufbau, Melodie und so. Und dann komme ich in den Proberaum und meistens spiele ich es am Mikro mit meiner Gitarre vor. Dann wird dran gearbeitet und wir probieren tausend Dinge aus. Dieses Mal haben wir wirklich sehr viel ausprobiert. Aber das war im Endeffekt auch gut. Wir haben uns teilweise ganz schön verfahren und die furchtbarsten Demos aufgenommen. Aber am Ende wird nur veröffentlicht, was alle gut finden. Da gibt es keinen Chef oder so, alle müssen zufrieden sein.

 

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Foto: Noel Richter

 

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