KONZERT-REVIEW: Suede – Paris (Elysee Montmartre), 28.11.2010

Als Suede im März dieses Jahres wieder gemeinsam in London auf der Bühne standen, war eines der spektakulärsten Comebacks des Jahres perfekt. Und obwohl die Britpop-Veteranen noch immer ein Geheimnis daraus machen, ob auf die Live-Rückkehr auch eine neue CD folgen wird, ist die Band gerade auf Europa-Tour. Am 28. November war Frankreichs Hauptstadt dran, als Suede im Elysee Montmartre in Paris auftraten.

Suede, Paris, 2010

Zuerst versuchen The Tatianas dem ausverkauften Club einzuheizen, werden von den Suede-Fans aber eher reserviert empfangen. Nach gut einer halben Stunde feinstem Schrammel-Indie und anschließender Umbaupause starten endlich Suede ihren umjubelten Auftritt mit „This Hollywood Life“.

Vom ersten Moment an merkt man, dass die Reunion eine gute Idee war: Frontmann Brett Anderson – in den vergangenen Jahren häufig als Solokünstler unterwegs – wirbelt voller Energie über die Bühne und singt mit absoluter Hingabe. Gitarrist Richard Oakes, Bassist Mat Osman und Drummer Simon Gilbert haben sichtlich Spaß daran, ihrem Sänger das musikalische Fundament zu bauen. Einzig Gitarrist und Keyboarder Neil Codling trübt diese Stimmung: Er bewegt sich kaum, interagiert nicht mit seinen Bandkollegen und wechselt im Laufe des Konzerts nicht einmal den Gesichtsausdruck.

Doch auch der Anblick des lieblosen Fünftels der Band ändert nichts am starken Eindruck, den Suede in Paris machen, zumal sie gleich zu Beginn viele ihrer großen Hits wie „Trash“ oder „Animal Nitrate“ spielen. Letzteres singt Brett Anderson kniend vor den Fans in der ersten Reihe zuende. Überhaupt sucht er immer wieder den Kontakt zur Menge und läuft mehrere Male händeschüttelnd durch den Bühnengraben.

Zwar ist Brett Anderson inzwischen etwas in die Jahre gekommen (und im Gegensatz zur ersten Suede-Zeit clean), auf der Bühne wirkt er aber jung wie eh und je. Auch seine Bühnenshow ist alles andere als peinlich, wenn er wie ein Roboter über die Bühne tanzt, sein Mikrofon durch die Luft wirbelt oder einfach mal eine Minute regungslos vor dem Ventilator stehen bleibt, der auf der Bühne aufgebaut ist. Lächerlich wirkt einzig und allein der Roadie, der zwischenzeitlich hinter Anderson herhechelt, um dessen Mikrokabel zu richten.

Etwas unvermittelt kommt das eigentlich sehr starke Konzert zum Ende: Als sie nach „Beautiful Ones“ bejubelt werden, kommen Suede noch einmal auf die Bühne, spielen „Saturday Night“ und sind dann nach nur 80 Minuten endgültig weg – etwas mehr hätte es dann schon sein dürfen. Der großartige Akustikteil, den Suede bei ihrem Reunion-Gig in London gespielt haben, fehlt an diesem Abend ganz. Außerdem steht „Europe Is Our Playground“ zwar auf den Tourshirts, auf den Song warten die Fans aber vergeblich.

Und so hatte ein großartiger Konzertabend zwar einige Schönheitsfehler, aber die Neugier auf mögliches neues Material von Suede hat er auf alle Fälle geschürt.

(Im Original erschienen bei triggerfish.de am 02. Dezember 2010.)

Foto: Anne-Kathrin Weber