Trong: „Ich habe keine Angst vor großen Bühnen“

Trong nimmt am 3. März mit seinem Song „Dare To Be Different“ am deutschen ESC-Vorentscheid „Unser Lied für Liverpool“ teil. Wir haben den Sänger online zum Interview getroffen.

Trong

Im Zoom Call mit bleistiftrocker.de hat Trong unter anderem über seinen Song „Dare To Be Different“, seine zahlreichen ESC-Bewerbungen und seinen Sieg bei „Vietnam Idol“ gesprochen.

 

bleistiftrocker.de: Worum geht es in deinem Song „Dare To Be Different“?

Trong: „Dare To Be Different“ ist ein sehr persönlicher Song. Ich bin in Deutschland aufgewachsen, wurde aber immer als Asiate gesehen. Und in Vietnam, wo ich jetzt arbeite, werde ich immer als Deutscher gesehen. Da habe ich so meine Identitätskrise gehabt. Und ich habe für mich entdeckt, dass ich ein Mix aus beiden Welten und was anderes bin. Darauf möchte ich stolz sein und mich gar nicht mehr anpassen müssen. Wenn man sich selbst liebt, dann ist man frei und man genießt das Leben. Ich möchte Leuten damit auch Mut machen: Trau dich, anders zu sein als das, was man von dir erwartet!

Der Song startet mit der Zeile darüber, dass Leute deinen Namen nicht richtig aussprechen. Nennst du dich für deinen Auftritt bei „Unser Lied für Liverpool“ deshalb nur Trong?

Ich heiße eigentlich Trong Hieu, ich habe sozusagen zwei Namen. Und in Vietnam benutzt man eigentlich den Mittelnamen, also Hieu. Aber das wäre, glaube ich, viel zu schwer. Deswegen hab ich gesagt: Okay, ich nehme den ersten Namen und sage einfach Trong. Es ist aber auch der Name, den ich in Deutschland schon ganze Zeit benutzt habe.

Was kannst du über die Entstehung deines Songs sagen? Mit Elsie Bay war ja auch eine Künstlerin beteiligt, die wir dieses Jahr beim norwegischen Melodi Grand Prix gesehen haben.

Es war so, dass ich ihn 2021 geschrieben habe mit The Companions, einem Musikproduzenten-Duo aus Holland. Und dann fand ich ihn noch nicht persönlich genug, das war zu dem Zeitpunkt einfach ein flirty song, der für mich keine Bedeutung hatte. Dann habe ich gesagt: Okay, ich möchte es wirklich persönlich machen. Elsie Bay habe ich letztes Jahr bei einem Songwriting-Camp in Österreich getroffen. Da haben wir einen sehr persönlichen Song geschrieben für meinen Papa, der 2021 verstorben ist. Ich habe gemerkt, dass sie wahnsinnig gut darin ist, persönliche Storys in einen Song zu verpacken. Deshalb habe ich sie gefragt und wir haben online den Text komplett umgeschrieben. So ist dann „Dare To Be Different“ entstanden. Und ich habe erst vor ein paar Wochen erfahren, dass sie beim norwegischen Vorentscheid dabei war und ihr die Daumen drückt.

Du hast dich schon mehrfach für den deutschen ESC-Vorentscheid beworben. Wie lief das genau ab?

Ich habe mich fünf Mal beworben, das ist jetzt meine sechste Bewerbung und es hat endlich geklappt. Die erste Bewerbung war 2015 mit meiner ersten Single „Peter Pan“. Damals habe ich einen Anruf vom ESC Deutschland bekommen, die gemeint haben, dass sie den Song interessant fänden und ob ich noch einen zweiten hätte. Ich habe gesagt: „Klar, auf jeden Fall“, hatte aber gar keinen. Ich habe bei meinen Freunden nachgefragt, ob noch jemand einen Song übrig hat, innerhalb von vier Tagen ein Video gedreht und abgeschickt. Aber leider kam kein Anruf zurück. Ich habe es dann eigentlich jedes Jahr versucht mit drei Jahren Pause dazwischen, in der Corona-Zeit. Ich habe immer dran gearbeitet, dass ich besser werde und dass ich wirklich irgendwann eine Chance bekomme, beim ESC dabei zu sein, weil es mein großer Traum ist.

Auch deine Familiengeschichte spielt dabei eine Rolle.

Genau, es hat noch einen anderen Hintergrund: Meine Familie und ich sind in einem Asylheime aufgewachsen in meinen ersten sieben Jahren. Und im Jahr 2000 sollte meine Familie nach Vietnam abgeschoben werden. Aber ich muss sagen, dass meine Familie immer mit so viel Herzlichkeit, Menschlichkeit, Liebe und Support von den deutschen Bürgern in die Arme geschlossen wurde und im Namen meiner Familie möchte ich beim ESC Deutschland etwas zurückgeben mit meiner Musik und mich bedanken.

Wie hast du erfahren, dass du dieses Mal dabei bist – per Anruf?

Ja, genau. Es war ein Zoom Call und da haben sie mir gesagt: Du bist offiziell dabei. Das war heftig, ich habe mich so wahnsinnig gefreut und auch geheult vor Freude. Es waren so viele Emotion dabei, auch, weil Papa leider nicht da ist. Aber er hätte sich mega gefreut, und er schaut von oben zu.

Dein Musikvideo zu „Dare To Be Different“ zeigt eine Tanz-Performance, die man sich auch gut auf der Bühne des Vorentscheids vorstellen kann. Ist das ein richtiger Gedanke?

Es wird auf jeden Fall Tanz geben, das ist klar. Viele fragen sich auch: Wie will er denn live singen und so tanzen? Und ganz ehrlich: Das frage ich mich irgendwie auch. (lacht)

Aber das wirst du ja nicht zum ersten Mal machen.

Genau, bei meinen ganzen Shows tanze und singe ich sehr viel. Ich habe auch schon auf den großen Bühnen stehen dürfen damit. Aber ich habe viel Support von meinen Tänzern und Background-Sängern bekommen. Dieses Mal ist es komplett live und wir dürfen ja nur sechs Personen auf der Bühne sein, deswegen kommt es viel auf mich an. Ich kann schon sagen, dass es eine sehr spannende Show wird, sehr cool und mit ein paar Überraschungen.

Kennt ihr Teilnehmer*innen von „Unser Lied für Liverpool“ euch eigentlich untereinander?

Ich kenne eine Person schon länger, sie war für mich sozusagen der Wegbereiter für die Musik in Deutschland und Europa: René Miller. Er hat mich zum Songwriting-Camp gebracht, mich vorgeschlagen und connected. Kennengelernt habe ich ihn bei den Videodays 2017. Seitdem haben wir viel miteinander gequatscht und auch The Companions wurden mir von ihm vorgeschlagen. Und ich habe ihn auch bei der Audition beim NDR getroffen. Mit ihm jetzt auf der Bühne stehen zu dürfen ist für mich eine riesige Ehre.

Du hast 2015 die Castingshow „Vietnam Idol“ gewonnen. Wie war das?

Ich habe meinen Abschluss am Music College Hannover gemacht und danach wollte ich nach Vietnam, chillen und die Familie besuchen. Wir waren da einen Monat und da wurde mir ein bisschen langweilig. Ich habe meine Cousine angerufen, weil sie im Medienbereich arbeitet und viele Kontakte hat, und gefragt, ob es die Möglichkeit gibt, in Vietnam zu performen und ein bisschen Geld zu verdienen. Und sie so: „Ja, gibt es, aber dafür musst du berühmt sein. Und der schnellste Weg ist, bei einer Castingshow mitzumachen.“ Und genau an dem Tag war der letzte Casting-Tag von „Idol“. Und ich dachte: Warum nicht? Probiere es einfach. Wenn ich verliere und ausscheide, dann kann ich ja wieder in Deutschland mein Leben als Musiker weiterführen. Und wenn ich weiterkomme, kann ich viel dazulernen und auch viel Erfahrung sammeln. Wir sind von Hanoi nach Ho Chi Minh City geflogen und ich war der allerletzte Kandidat der ganzen Staffel.

Und hast im Casting direkt überzeugt.

Ich kam immer weiter und habe gemerkt, wie Leute das interessant finden, dass ich aus Deutschland komme und so gebrochen Vietnamesisch spreche. Aber auch das Tanzen, zu der Zeit gab es noch niemanden, der wirklich gesungen und getanzt hat. Ich habe gewonnen und bin danach gar nicht mehr nach Deutschland gekommen. Mein bester Kumpel hat für mich in Hannover meine Wohnung ausgeräumt und zurückgegeben, ich bin dort geblieben und habe gearbeitet und Musik gemacht.

Und wie kommt es, dass du inzwischen zumindest teilweise wieder zurück in Deutschland bist?

Ich bin generell immer hin und her gependelt zwischen Vietnam und Deutschland. Wegen Corona musste ich zunächst in Vietnam bleiben, dann war ich 2021 auch neun Monate in Deutschland. 2022 war ich wieder fokussiert auf Vietnam. 2022 war für uns dort ein mega gutes Jahr, wir haben viel geschafft. Dann haben wir die Chance gesehen, beim ESC mitzumachen und gesagt, dass wir sie ergreifen müssen. Nach den fünf Niederlagen fühle ich mich einfach bereit, jetzt noch mal mitzumachen mit einem neuen Konzept.

Was war die größte Bühne, auf der du bislang gestanden hast?

Ich habe keine Angst vor großen Bühnen. Je mehr Leute, desto mehr Adrenalin habe ich. In Deutschland war die größte Bühne die Lanxess Arena in Köln. Ich habe schon auf dem Flug nach Köln mega geheult, weil ich in der Arena mein allererstes Konzert gesehen habe, The Dome. Das war 2007 oder 2006 und ich habe zum allerersten Mal Justin Bieber gesehen, da war er noch neu. Und ich habe mir gedacht: Er ist ein cooler Typ, aber ich kann das auch. Es waren Freunde mit dabei, denen ich gesagt habe, dass ich eines Tages hier performen werde. Und zehn Jahre später durfte ich das wirklich machen, als Opening Act für die Videodays vor 17.000 Menschen. Da ist ein großer Traum für mich in Erfüllung gegangen. Rein von der Anzahl der Zuschauer würde ich sagen, dass der größte Auftritt letztes Jahr in Hanoi war. Das war ein Outdoor-Festival, da waren ungefähr 40.000 oder 50.000 Menschen, die ganze Stadt war voll, es war ein Meer von Menschen.

 

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