INTERVIEW: ZSK

Die Berliner Punkband ZSK hat mit ihrem Song „Ich habe Besseres zu tun“ über Christian Drosten einen Internet-Hit gelandet, der sogar im Institut des Virologen gefeiert wird. Heute erscheint der Track endlich auch in den Streaming- und Download-Portalen.

ZSK

Im Interview mit bleistiftrocker.de spricht ZSK-Sänger Joshi unter anderem über den Überraschungserfolg des Songs, das Treffen mit Christian Drosten und die Tour-Pläne der Band für 2021.

bleistiftrocker.de: Wie viele Interviews hast du in den letzten Wochen gegeben, hast du noch einen Überblick?

Joshi: Nee. Irgendwann ist es einfach zu viel geworden. Ich habe heute auch noch drei weitere und gerade haben wir mit RTL gedreht. Für uns ist das alles ziemlich absurd.

Ihr habt „Ich habe Besseres zu tun“ schon vor drei Wochen auf YouTube veröffentlicht. Warum folgen Spotify und Co. erst jetzt?

Weil es nie geplant war, ihn auf Spotify zu veröffentlichen. Wir wollten nur ein lustiges Video auf YouTube raushauen. Und dann wurden wir völlig überrannt und alle haben gesagt: ‚Ich will den auf Spotify haben, wann kommt der?‘ Dann haben wir gesagt: ‚Okay, wir machen das.‘ Aber das geht halt nicht über Nacht und braucht eine Vorlaufzeit. Und unsere Plattenfirma hat das dann in die Wege geleitet.

Es sollte also nur ein nettes Video auf YouTube sein und ihr dachtet gar nicht daran, dass es so viele Leute anschauen würden?

Uns war schon klar, dass das ein paar Leute witzig finden. Man hat es ja an dem Ausgangstweet gesehen, der so viele Retweets bekommen hat. Aber was dann passiert ist, das konnte es keiner ahnen. Das war alles nur noch verrückt. Eigentlich sind wir gerade im Studio und pendeln zwischen Hannover und Berlin. Im Moment klingelt aber alle fünf Minuten das Telefon. Wir kriegen gerade pro Tag etwa 200 Mails und Nachrichten auf allen Kanälen – Hassmails, Lob, Presseanfragen. Wir kommen gar nicht mehr nach, überhaupt zu antworten. Seit dem Moment, in dem wir das Bild gepostet haben, wie wir Drosten die Platte übergeben haben, geht gar nichts mehr.

Sind es jetzt mehr Hassmails als vorher? Aus der rechten Ecke werdet ihr ja regelmäßig angefeindet.

Wir sind das ja gewohnt, mit dem ganzen Hass umzugehen, das ist kein Problem. Jetzt kommt es halt ein bisschen aus einem anderen Milieu, jetzt sind es diese ganzen Corona-Leugner und Attila-Hildmann-Fans, die schreiben fast noch lustiger als die Nazis. Die tollsten Corona-Leugner schicken einem dann zehn YouTube-Links und sagen ‚Hier seht ihr die Beweise, hier wird es gesagt‘. Spannend.

Also genau so, wie man es sich vorstellt.

Ja. Aber es ist für uns viel schöner, die ganzen Mails von den Leuten zu kriegen, die sich freuen. Da schreiben uns Leute, die drei Monate auf einer Corona-Station gearbeitet haben, wo viele Leute gestorben sind und die sich einfach über dieses Lied freuen. Oder Krankenschwestern, Ärzte oder sogar ein Professor, der uns schrieb ‚Punk-Musik ist echt nicht mein Ding, aber das fand ich richtig toll von euch, vielen Dank‘. Und auch das ganze Team von Drosten in seinem Institut fand das toll. Die kriegen seit Wochen den ganzen Dreck und die Hetze und den Hass ab und dann kommt da so ein lustiges nettes Lied, bei dem ganz viele Leute im Netz auch zeigen, dass sie das gut finden.

Wusstet ihr denn vor eurem Besuch, dass Christian Drosten eure Art von Musik und Schallplatten mag oder hat es euch überrascht?

Er hatte mal bei Böhmermann gesagt, dass er auch mal Metal gehört hat, aber wir hatten wirklich keine Ahnung. Hätte ja auch sein können, dass er sagt ‚Mir ist das alles zu blöd mit eurem Quatsch, sorry Leute‘. Wir wussten gar nicht, ob er die Platte überhaupt annimmt und eigentlich war er ja auch im Urlaub. Wir kamen im Institut an und haben dem Security-Mann vor der Tür gesagt, dass wir was abgeben wollen. Dann kam eine Assistentin und dann kam er auch direkt die Treppe runter und meinte ‚Ah, da seid ihr ja, wir haben schon auf euch gewartet‘.

Er wusste, dass ihr kommen würdet?

Ja, weil wir es im Netz angekündigt hatten. Wir haben gesagt, dass wir die Platte dort vorbeibringen, egal ob er nun im Urlaub ist oder nicht. Wir wollten ihn auch gar nicht stören, sondern ihm einfach nur die Platte hinlegen. Wir wussten ja gar nicht, dass er da sein würde. Und dann sagt er auch noch ‚Ja, das Lied könnte ich schon mit euch spielen, kein Problem!‘.

Wie kam es dazu?

Ich habe gesagt ‚Hier, Christian, du weißt schon, dass es eine Online-Petition gibt und die Leute wollen, dass du mit uns dieses Lied spielst?‘. Da hat er gelacht und gesagt ‚Kein Problem‘. Er will die Akkorde raushören und dann machen wir das.

Kannte er den Song denn schon vor eurem Besuch?

Sein ganzes Institut! Alle feiern das total und der Medienrummel ist nicht an ihm vorbeigegangen. Er hat sich sehr gefreut, diese Platte zu kriegen. Er scheint damit happy zu sein, das freut uns natürlich auch. Es wäre ziemlich blöd für uns gewesen, wenn es ihn genervt hätte. Aber das war zum Glück nicht so.

Und ihr müsst jetzt den Anfragen widerstehen, weitere Vinyl-Singles mit dem Song zu pressen.

Wir haben gesagt, dass wir das nicht machen. Das bleibt einfach die eine, die er hat, und das wars. Es gibt den Song auf Spotify. Ob wir ihn auch mit aufs Album machen, an dem wir gerade arbeiten, müssen wir noch schauen. Wir nehmen erst mal alles auf und schauen dann, was auf die Platte kommt.

Wie schreibt man denn einen Song, wenn man nur den Titel hat – wie ihr es nach eurem Tweet ja machen musstet?

Es war klar, dass „Ich habe Besseres zu tun“ der Refrain sein muss. Und dann haben wir eben mit dem Refrain angefangen. Wir wollten was Lustiges, auch wenn es natürlich einen ernsten Hintergrund gibt. Aber wir machen ja Punk, das ist keine Zauberei. Wir sehen uns nicht als irgendwelche Musikgenies, wir haben einfach das gemacht, was wir immer machen: Man schmeißt irgendwelche Ideen in den Raum und irgendwas kommt schon dabei raus. Und den Text zu schreiben ging wirklich sehr einfach. Sonst schreiben wir ja oft über komplexere Themen, bei denen es schwierig ist, Worte zu finden. Hier war das sehr dankbar und schnell gemacht.

Ihr habt gerade Tourdaten für das kommende Jahr angekündigt. Wie zuversichtlich seid ihr, die Konzerte dann auch wirklich wie geplant spielen zu können?

Man muss zuversichtlich sein, man kann nicht alles für immer auf Eis legen. Und man kann ja auch die Clubs nicht im Stich lassen, die dringend weitermachen müssen und das Geld der Ticketverkäufe brauchen. Wir hoffen einfach, dass es bis dahin geht, aber versprechen kann einem das keiner.

Gibt es Abstriche, die ihr als Band für Auftritte machen würdet – zum Beispiel Auto-Konzerte oder zumindest Sitzplätze mit Abstand?

Wir haben ohne Ende Anfragen bekommen für Streaming-Konzerte und Auto-Konzerte. Aber wir haben das alles nicht gemacht, weil wir es irgendwie komisch fanden. Jetzt gibt es ja langsam wieder Open-Air-Konzerte mit Abstand – immerhin schon ein besseres Konzert-Erlebnis. Aber bisher haben wir davon nichts zugesagt. Wir schauen mal, was passiert.

Welche Einschränkungen gab es bei euch in den letzten Monaten durch die Corona-Krise?

Wir wollten gerade zur Japan-Tour starten, als der Lockdown kam. Dann die ganzen Festivals im Sommer und im August sollte das neue Album kommen. Wir wären im März im Studio gewesen, aber das musste alles verschoben werden. Mit den Festivals hätten wir halt auch die Album-Produktion bezahlt. Für uns natürlich furchtbar und für die ganzen Clubs, bei denen wir gar nicht wissen, ob es sie noch gibt, wenn wir wieder Konzerte spielen. Aber es gibt viele Leute, bei denen gerade Verwandte an Covid-19 gestorben sind oder Schwerkranke oder Menschen mit Folgeschäden. Da will ich nicht jammern, nur weil ich irgendwelche Konzerte nicht spielen konnte, das erscheint mir respektlos.

Und jetzt seid ihr mitten in einer unverhofften Promo-Phase.

Ja. Das hätten wir auch nie gedacht, dass uns mal sowas Verrücktes passiert und plötzlich der Spiegel ein Interview will. Wir genießen es jetzt einfach und in ein paar Wochen interessiert es wahrscheinlich eh keinen mehr.

 

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Foto: Claudia Kasikhina

 

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One Comment on “INTERVIEW: ZSK”

  1. „Für uns natürlich furchtbar und für die ganzen Clubs, bei denen wir gar nicht wissen, ob es sie noch gibt, wenn wir wieder Konzerte spielen. Aber es gibt viele Leute, bei denen gerade Verwandte an Covid-19 gestorben sind oder Schwerkranke oder Menschen mit Folgeschäden. Da will ich nicht jammern, nur weil ich irgendwelche Konzerte nicht spielen konnte, das erscheint mir respektlos.“

    Dazu ein Video von Spiegel-TV:

    https://www.youtube.com/watch?v=7fwfZyTMTEU

    Ihr seid richtig klasse! Danke Yoshi das Du das sagst!!
    Ich hab außerdem ein Shirt von Euch „Alerta Antifascista“

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