ALBUM-REVIEW: Mine – Hinüber

Mine wird mit ihrem neuen Album „Hinüber“ zunehmend politisch. Dazu, dass das Werk so stark geworden ist, hat auch die Corona-Pandemie beigetragen.

Mine

Denn nach ausgiebigem Touren mit dem 2019er-Album „Klebstoff“ hatte die Sängerin auf einmal viel Zeit, die sie in ihren neuen Longplayer stecken konnte. „Ich würde nie sagen, dass die Pandemie auch was Positives hat. Ich musste allerdings feststellen, dass ich mehr Luft hatte, weil eben alle Live-Sachen weggefallen sind“, sagt sie. „Es hat mir einen Kick gegeben zu merken, dass ich inzwischen komplett autark arbeiten kann, wenn ich will. Deswegen bin ich an diesen Liedern gefühlt so nah dran wie nie zuvor.“

Und auch Hörende sind bei „Hinüber“ nah dran. Denn es geht direkt auf die Zwölf los, wenn Mine gemeinsam mit Sophie Hunger, düsteren Streichern, Weltschmerz und schwerem Text das Album mit dem Titeltrack eröffnet.

Den Nachdruck lassen die folgenden Tracks etwas vermissen, auch sind nicht alle von ihnen so politisch aufgeladen. „Mein Herz“ ist ein emotionales Liebeslied voller Enttäuschungen, in „Eiscreme“ wird einfach mal die schlichte wie hübsche Liebeserklärung „Ich mag dich so wie Eiscreme“ gepackt und „Elefant“, das auch schon Vorab-Single war, arbeitet sich hörenswert mit funky Tönen an der Metapher des Elefanten im Raum ab.

Zum Schluss wird „Hinüber“ aber wieder deutlich düsterer, die schweren Songs bilden quasi die Klammer um das Album. Mit „Unfall“ ist das Lied, das uns Mine als erste Single hat hören (und ihre Kolleg*innen zuerst hat spielen) lassen den Abschluss, der einen noch mal richtig erwischt. „Was ist Arbeit? Wer beschenkt mich? Wer hat stets genug für sich? Wer starrt hungrig auf den Tisch?“ – so gesellschaftskritisch haben wir die 35-Jährige noch nie gehört. Aber es steht ihr sehr gut und macht „Hinüber“ zu einem sehr relevanten Album.

Besonders, wenn die Künstlerin selbst es wie folgt erklärt: „2020 war natürlich wie gemacht dafür, ein wenig mehr nachzudenken, weil man viel Zeit mit sich selbst verbringen musste. ‚Unfall‘ fasst sehr gut zusammen, wie ich mich gefühlt habe. Der Dezember ist genau die richtige Zeit, um Revue passieren zu lassen, was in diesem Jahr los war und wie privilegiert wir trotz allem leben können, während anderswo – zum Beispiel an den EU-Grenzen – die Situation verheerend ist. Sich diese Dinge bewusst zu machen, ist für mich jetzt die wichtigere Message als ein Weihnachts- oder ein Liebeslied.“

 

Albuminfos Mine – Hinüber

Mine - HinüberKünstler: Mine
Albumname: Hinüber
VÖ: 30.04.2021
Label: UMD/Virgin Music
minemusik.de

 

Fotos: Simon Hegenberg

 

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