INTERVIEW: Vincent Bueno

Vincent Bueno tritt beim Eurovision Song Contest 2021 in Rotterdam mit „Amen“ für Österreich an. Wir haben uns vorab per Zoom mit dem Sänger unterhalten.

Vincent Bueno

Vincent Bueno spricht im Interview mit bleistiftrocker.de unter anderem über sein On-Tape-Video, die Suche nach dem richtigen Song und die Zeit nach Rotterdam.

bleistiftrocker.de: Wie sehr bestimmt der Eurovision Song Contest 2021 gerade deinen Tagesablauf?

Vincent Bueno: Teils, teils. Ich bin nebenbei ja auch damit beschäftigt, Content für andere Artists zu kreieren. Ich versuche, so kreativ wie möglich zu bleiben, weil ich nicht zu viel dran denken möchte, wie viele Leute das so mitbekommen. Es ist auf alle Fälle eine sehr coole Zeit, sehr aufregend, aber ich versuche auch, sehr beschäftigt zu bleiben.

Warum willst du aktuell nicht zu viel an die Leute denken, die deinen ESC-Auftritt sehen werden?

Als Künstler will man immer Aufmerksamkeit, dafür machen wir es ja. Auf einmal ist durch den Eurovision so eine Blase an Aufmerksamkeit da, die irgendwann natürlich auch wieder flöten geht. Aber ich finde es gerade sehr wichtig, als Künstler fokussiert zu bleiben und sich nicht zu sehr zu verlieren in dieser ganzen Bubble.

Im vergangenen Jahr hattest du mit „Alive“ einen Uptempo-Song, jetzt mit „Amen“ eine Ballade. Wie kam es dazu?

Eigentlich wollten wir keine Ballade. Für das ganze Team war es eine lange Reise, den perfekten Song zu finden. Da „Alive“ schon eine eigene Atmosphäre hatte, war die Songauswahl für 2021 richtig schwierig. Ich habe in meinem Katalog geschaut und wir haben auch in anderen Katalogen geschaut, national und international. Und dann sind wir auf einmal auf „Amen“ gestoßen und der hat uns alle so richtig angezogen. Er hatte eine eigene Mystik. Und je mehr wir uns mit dem Song beschäftigt haben, speziell ich als Sänger, habe ich gesagt: Hey, der Song passt voll gut zu mir und auch zu den Dingen, die in meinem Leben passiert sind. Man kann sagen, dass mich der Song regelrecht gefunden hat.

Passt denn der Tod als Metapher, wie du ihn in deinem Song verwendest, auf die bunte Eurovision-Bühne?

Ein Musik-Festival ist ein Ort, wo absolute Meinungsfreiheit herrschen soll und es auch tut. Ich denke mir, dass diese Message, speziell der Tod, natürlich eine Nachricht ist, über die viele nicht reden wollen. Aber es wird irgendwann mal kommen. Ich will mit dem Song keinen Menschen runterziehen oder depressiv machen, ganz im Gegenteil: Wir wollen zeigen, dass man im Struggle Sachen sagt wie „Amen, dann soll es halt so passieren“. Aber durch diese Akzeptanz wird man freier und man wird eigentlich auch wieder geerdeter. Und somit habe ich mich auch für diesen Song entschieden.

Du hast dein On-Tape-Video für den ESC bereits gedreht. Was kannst du darüber verraten?

Alles, was ich sagen kann: Wenn diese Version genommen wird, dann ist es schon sehr amtlich. Es war eine sehr coole Erfahrung. Die Bühne, auf der ich stand, ist wirklich atemberaubend gewesen.

Wann nach der ESC-Absage 2020 hast du gesagt bekommen, dass du wieder für Österreich antreten darfst?

Am Tag der Absage war ich in der Küche und habe mir was gekocht, als mein Telefon läutete. Und unser Head Of Delegation Stefan Zechner hat gesagt: „Vince, wie wir schon alle erwartet haben: Es wird nicht stattfinden. Aber mach dir keinen Kopf, du wirst nächste Woche mehr erfahren.“ Und die Woche danach kam die Nachricht: „Du wirst es wieder sein, mein Lieber. Mach dich mal langsam auf Song-Suche.“ Ich finde es wirklich nicht selbstverständlich, dass mich der ORF wieder genommen hat, deshalb ein großes Dankeschön an das ganze Team. Auch wenn man mir sagt, dass ich mich nicht immer so oft bedanken soll.

Hast du denn Kontakt zu anderen Künstlern oder Künstlerinnen des ESC 2021? Treffen waren bislang ja nicht möglich.

Der Sänger aus UK hat mich bei Instagram geadded und dann habe ich ihn auch geadded. Und wir haben uns mal mit Emoticons geschrieben, Feuer und so. Aber ich glaube schon, dass jeder Einzelne so viel zu tun hat – wir haben ja auch ein Privatleben, speziell ich, ich bin zweifacher Vater. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele super beschäftigt sind, sodass wir nicht die Zeit finden, miteinander zu kommunizieren. Was ich aber natürlich schön fände.

Hilft dir deine Erfahrung vom ESC 2017, wo du als Background-Sänger dabei warst, das aktuell alles entspannter zu sehen?

Ich glaube meine ganze Lebensgeschichte hilft mir, Dinge gelassen zu sehen. Natürlich war Kiew 2017 mit Nathan Trent eine coole Erfahrung, aber diese Ruhe bekommt man auf jeden Fall, wenn man schon viel durchgemacht hat. Und dazu kommt die Zuversicht, dass es diesmal nicht so viel Glamour gibt und man zwei Wochen im Hotel sein wird und nur drauf wartet, zur Probe zu gehen. Ich versuche das alles sehr minimalistisch zu sehen.

Die Partys, wie sie normalerweise rund um einen Eurovision Song Contest stattfinden, sind also eher nichts für dich?

Wenn es das gäbe, wäre ich voll dabei. Ich bin aber doch schon in einem Alter, in dem ich versuche, meine Kraft gut einzuteilen. Es geht ja um diese eine Performance, die drei Minuten dauert. Wenn du ein paar Bier zu viel hast in der Nacht davor und dann nicht schläfst, dann wirst du an dem Tag nicht gut sein. Das ist natürlich ein bisschen kontraproduktiv. Aber natürlich lebt der Eurovision vom Hype und von der Community und deswegen ist es ein bittersüßer Zwiespalt zwischen den Welten.

Du hast in deiner Karriere auch schon Songs auf Deutsch veröffentlicht. Wäre das für den ESC auch eine Option gewesen?

Österreich will sich beim ESC international präsentieren. Aber wir hatten bei Zoë zum Beispiel auch einen französischen Song. Es ist wichtig, die Stärken eines Künstlers zu unterstreichen. Und meine Muttersprache ist zwar Deutsch, aber ich rede jeden Tag Englisch zuhause, weil meine Frau aus Amerika kommt. Und wir bringen meinen Kindern Englisch und Deutsch gleichzeitig bei. Manchmal vergesse ich so viele Sachen auf Deutsch, ich denke mehr auf Englisch. Deswegen sind meine deutschen Sätze manchmal sehr komisch, weil sie in meinen Gedanken vom Englischen übersetzt werden.

Was passiert bei dir noch in den Wochen vor Rotterdam?

Man darf sich nicht nur auf dieses einmalige, wunderschöne Event konzentrieren. Es ist wichtig, jetzt die Community mit Content zu füttern. Aber ich bereite mich gerade sehr gut auf das vor, was danach kommt, arbeite schon wieder an Musik und kann kaum erwarten, dass die Leute von mir wieder den funky Sound bekommen.

Denkst du auch an ein neues Album oder ist das Konzept des Albums inzwischen überholt?

Die Leute, die es sich trauen, ein Album rauszuhauen, sind wirklich tapfere Menschen. Natürlich muss man es strategisch angehen. Aber wenn man schon weiß, welche Zielgruppe man ansprechen möchte, dann sind Alben eigentlich sehr gut. So wie das letzte Album, das ich rausgebracht habe, das ist wie ein Tagebuch. Wenn man den Fans ein ganzes Album schenkt, zeigt man, was das ganze Jahr der Struggle und die Gefühle waren. Ich finde, dass Alben eine Bereicherung sind. Natürlich ist es auch okay, wenn man nur Singles raushaut, aber Alben sind immer noch so old school und ich mag das sehr.

 

Ein kurzes Video zum Interview könnt ihr hier sehen, weitere ESC-Videos findet ihr auf unserem YouTube-Kanal.

 

Die Antworten von Vincent Bueno auf unsere drei Standard-Fragen gibt es hier.

 

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Foto: ORF / Roman Zach-Kiesling

 

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